Das Schweigen des Glücks
aufpassen.«
Denise zögerte.
»Ich weiß nicht, ob das ginge. Er kennt sie nicht so gut.«
»Wie wär's, wenn ich dich abholen würde, nachdem er eingeschlafen ist? Du kannst ihn ins Bett bringen und wir gehen erst, wenn du meinst, dass es in Ordnung ist.«
Sie gab nach und konnte ihre Freude nicht verbergen. »Du hast wirklich an alle Einzelheiten gedacht, was?«
»Ich wollte dir nicht die Möglichkeit geben, nein zu sagen.«
Sie grinste und beugte sich ganz weit zu ihm vor. »Dann würde ich sehr gern mit dir ausgehen.«
Judy kam ein paar Minuten nachdem Denise Kyle zu Bett gebracht hatte. Sie hatte ihn den ganzen Tag draußen herumtollen lassen, in der Hoffnung, dass er gut schlafen würde, während sie weg war. Sie waren auf den Fahrrädern in die Stadt gefahren und auf den Spielplatz gegangen und sie hatten im Garten zu Hause gespielt. Nachdem Denise Kyle gebadet und ihm den Schlafanzug angezogen hatte, las sie ihm drei Bücher vor, während er seine Milch mit halb geschlossenen Augen trank. Sie zog die Vorhänge fest zu – draußen war es noch hell – und schloss die Tür. Kyle schlief schon tief und fest.
Sie duschte und rasierte sich die Beine, dann stand sie in ein Badetuch gehüllt da und überlegte, was sie anziehen sollte. Taylor hatte gesagt, sie würden ins Fontana gehen, in ein recht vornehmes Restaurant im Stadtzentrum. Als sie ihn gefragt hatte, was sie anziehen solle, hatte er geantwortet, sie brauche sich keine Sorgen zu machen. Das hatte ihr natürlich nicht weitergeholfen.
Am Schluss entschied sie sich für ein einfaches schwarzes Cocktail-Kleid, das für fast jeden Anlass richtig war. Es hing schon seit Jahren in ihrem Kleiderschrank, noch in der Plastikhülle von der Reinigung in Atlanta. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie es zum letzten Mal getragen hatte, aber als sie es überzog, stellte sie zufrieden fest, dass es noch passte. Schwarze Pumps kamen als nächstes. Dann überlegte sie, ob sie schwarze Strümpfe anziehen sollte, verwarf die Idee aber: Es war zu warm und wer trug in Edenton schon schwarze Strümpfe, außer zu einer Beerdigung?
Nachdem sie sich die Haare geföhnt und gebürstet hatte, legte sie ein wenig Makeup auf und nahm die Parfumflasche aus dem Nachttisch. Sie gab einige Tropfen auf den Hals, das Haar und auf das Handgelenk. In der obersten Schublade hatte sie ein kleines Schmuckkästchen, aus dem sie ein Paar Kreolen nahm. Sie stellte sich vor den Badezimmerspiegel und begutachtete sich: Sie war zufrieden mit dem Ergebnis. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Genau richtig. Da hörte sie, wie Judy an die Tür klopfte. Zwei Minuten später kam auch Taylor.
Fontanas Restaurant gab es schon seit gut zehn Jahren. Die Besitzer waren ein nicht mehr ganz junges, ursprünglich aus Bern in der Schweiz stammendes Ehepaar. Die beiden waren von New Orleans nach Edenton gezogen, weil sie sich ein einfacheres Leben wünschten. Gleichzeitig brachten sie einen Hauch von Eleganz in die Stadt. Mit der gedämpften Beleuchtung und der erstklassigen Bedienung war das Restaurant sehr beliebt bei Paaren, die Jahrestage und Verlobungen zu feiern hatten. Der Ruf des Lokals war endgültig gefestigt, seitdem in
Southern Living
ein Artikel darüber erschienen war.
Taylor und Denise saßen an einem kleinen Tisch in einer Ecke, Taylor hielt einen Whiskey Soda mit beiden Händen umfasst und Denise nippte an ihrem Chardonnay.
»Hast du hier schon mal gegessen?«, fragte Denise mit einem Blick auf die Speisekarte.
»Ein paar Mal, aber das ist eine Weile her.«
Sie blätterte die Seiten um; die Vielfalt der Gerichte war für sie ungewöhnlich nach all den Jahren der Eintopfmahlzeiten. »Kannst du was empfehlen?«
»Eigentlich alles. Die Lammkoteletts sind die Spezialität des Hauses, aber es ist auch für seine Steaks und die Fischgerichte bekannt.«
»Das grenzt die Auswahl nicht gerade ein.«
»Aber es stimmt. Du wirst nicht enttäuscht sein, was du auch nimmst.«
Sie las aufmerksam die Liste der Vorspeisen und kringelte dabei eine Haarsträhne um die Finger. Taylor sah ihr sowohl fasziniert als auch erheitert zu.
»Hab ich dir schon gesagt, wie hübsch du heute Abend aussiehst?«, fragte er.
»Erst zweimal«, sagte sie und tat lässig, »aber denk nicht, dass du damit aufhören sollst. Ich habe nichts dagegen.«
»Wirklich nicht? «
»Nicht, wenn es von einem Mann kommt, der so fesch angezogen ist wie du.«
»Fesch?«
Sie zwinkerte. »Es bedeutet das gleiche wie Dussel.«
Was
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