Das Schweigen des Glücks
so beschäftigt war, aber anscheinend hatte er seinen Spaß.
»Kann ich dich was fragen?«, sagte sie.
»Klar.«
»Gestern Abend… nachdem wir… na ja… «
Sie sprach nicht weiter.
»Nachdem wir den horizontalen Tango getanzt haben? «, schlug Taylor vor.
Sie stieß ihn in die Rippen. »Bloß keine romantischen Gefühle aufkommen lassen«, sagte sie und Taylor lachte.
Sie schüttelte den Kopf, musste aber trotzdem grinsen. »Jedenfalls… «, fuhr sie fort und sammelte sich.
»Danach warst du so still, als ob du irgendwie… traurig wärst.«
Taylor nickte und blickte zum Horizont. Denise wartete, dass er sprach, aber er sagte nichts.
Denise sah auf die Wellen, die an den Strand rollten, und nahm ihren Mut zusammen.
»Hast du bedauert, was passiert ist?«
»Nein«, sagte er still, seine Hände wieder auf ihrer Haut.
»Das war es überhaupt nicht.«
»Was war es dann?«
Er antwortete nicht direkt und folgte ihrem Blick über die Wellen. »Weißt du noch, wie es war, als du klein warst? In der Weihnachtszeit? Und wie die Vorfreude manchmal aufregender war, als die Geschenke aufzumachen?«
»Ja.«
»Daran erinnert es mich. Ich hatte davon geträumt, wie es sein würde… «
Er brach ab und überlegte, wie er ihr seine Gedanken am besten vermitteln konnte.
»Dann war also die Vorfreude aufregender als gestern Nacht?«, fragte sie.
»Nein«, sagte er schnell. »Du hast es ganz falsch verstanden. Es war genau das Gegenteil. Gestern Nacht war wunderbar – du warst wunderbar. Das
Ganze
war so vollkommen… Wahrscheinlich hat es mich einfach traurig gemacht, dass es mit dir kein erstes Mal mehr geben wird.«
Darauf schwieg er wieder. Denise dachte über seine Worte nach und ließ es dabei bewenden. Stattdessen lehnte sie sich an ihn und war von der Sicherheit und Wärme in seinen Armen getröstet.
Später, als die Sonne ihren Nachmittagsgang über den Himmel antrat, packten sie ihre Sachen, um nach Hause zu fahren. Taylor trug die Decke und die Handtücher und den Picknickkorb, den sie mitgebracht hatten. Kyle ging vor ihnen, er war von oben bis unten sandig und trug seinen Eimer und seine Schaufel durch die Dünen. Entlang des Fußwegs erstreckte sich ein Meer orangefarbener und gelber Blüten, ein prachtvolles Farbenspiel. Denise bückte sich, pflückte eine Blume ab und hielt sie sich unter die Nase.
»Hier bei uns heißen sie Jobellblumen«, sagte Taylor, der ihr zusah. Sie reichte ihm die Blüte, worauf er ihr spielerisch mit dem Finger drohte.
»Du weißt, es ist gegen das Gesetz, Blumen in den Dünen zu pflücken. Sie bieten uns Schutz vor Orkanen.« »Zeigst du mich jetzt an?«
Taylor schüttelte den Kopf.
»Nein, aber dafür musst du dir jetzt die Geschichte anhören, wie sie ihren Namen bekommen haben.« Sie strich eine Haarsträhne beiseite, die der Wind ihr ins Auge geweht hatte.
»Ist das so eine Geschichte wie die mit dem Rumbaum?« »So ähnlich. Aber sie ist ein bisschen romantischer.« Denise kam etwas näher an ihn heran.
»Erzähl mir von den Blumen.«
Er drehte die Blüte so schnell zwischen den Fingern, dass die Blütenblätter wie ein Kreis erschienen.
»Die Jobellblume ist nach Joe Bell benannt, der vor langer Zeit auf dieser Insel lebte. Angeblich war Joe in eine Frau verliebt gewesen, aber sie heiratete einen anderen. In seinem Liebeskummer zog er zu den Outer Banks, in der Absicht, den Rest seines Lebens dort als Einsiedler zu verbringen. Doch am ersten Morgen sah er eine Frau, die am Strand vor seinem Haus vorüberging und sehr traurig und einsam aussah. Er sah sie jeden Tag zur gleichen Zeit und irgendwann ging er hinaus, um mit ihr zu sprechen, aber als sie ihn sah, drehte sie sich um und rannte weg. Er dachte schon, er habe sie vertrieben, doch am nächsten Morgen ging sie wieder am Strand entlang. Als er diesmal hinausging, lief sie nicht weg und Joe war von ihrer Schönheit berührt. Sie sprachen den ganzen Tag miteinander und am nächsten Tag wieder und bald darauf verliebten sie sich ineinander. Erstaunlicherweise begann zu der Zeit, da er sich verliebte, hinter seinem Haus ein Büschel Blumen zu wachsen, die in dieser Gegend noch nie zuvor gesehen worden waren. In dem Maße, wie seine Liebe wuchs, breiteten sich auch die Blumen aus und am Ende des Sommers waren sie zu einem prachtvollen Farbenmeer geworden. Bei diesen Blumen kniete Joe nieder und bat sie, ihn zu heiraten. Als sie einwilligte, pflückte Joe eine Hand voll Blüten und gab sie ihr, aber
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