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Das Schweigen des Lemming

Das Schweigen des Lemming

Titel: Das Schweigen des Lemming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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bittschön!» Der Kellner tritt an den Tisch und stellt die Biergläser ab.
    «Danke», brummt Pekarek. Dass er so etwas wie Manieren besitzt, ist dem Lemming völlig neu. Er muss in der Tat sehr verwirrt sein, der Arme   …
    «Wir haben überhaupt net   … Wir haben net ang’fangen!»Walla ringt die Hände und deutet auf Pekareks Platzwunde, dann auf den eigenen Mund. «Glaubst, i verschluck meine Zähndt, weil mir fad is? Oder weil i an Hunger hab? Der Riedmüller war’s, der rabiate Pinselakrobat!»
    «Wir haben ihm nur a paar Fragen stellen wollen   …», wirft Schurl Pekarek ein.
    «Und quasi als höfliche Einleitung habts ihr ihm ein bisserl die Hände bearbeitet?»
    «Blödsinn!», fährt Walla auf. «Die Finger hat er sich schon selber ’brochen! Weil er gleich hin’droschen hat, der Bluträuschler, der grantige! Na ja, kann schon sein», fügt er etwas leiser hinzu, «dass wir net grad   … die reinen Gentlemen waren   … Aber zum Hinhauen hat trotzdem der Riedmüller ang’fangen   …»
    Der schnelle Finger verstummt und starrt auf die köstlich beschlagenen, immer noch unangetasteten Gläser. Es scheint, dass ihm der Durst vergangen ist.
    «Gut, meinetwegen. Ein winziges Schluckerl habts ihr euch schon verdient», sagt der Lemming ungerührt. «Und weiter? Was wolltets ihr wissen vom Riedmüller? Warum verfolgts ihr mich?»
    «Scheiße   … Scheiß drauf   … Es is eh schon wurscht. Der ganze Dreck wird sowieso nix mehr   …» Walla dreht sich mit hilflosem Ausdruck zu Pekarek, doch der zuckt nur mit den Schultern.
    «Wenns d’ meinst   …» Der Schmierer greift zu seinem Glas und leert es zur Hälfte.
    «Pass auf, Wallisch, es is nämlich so. Wir haben einen Auftrag, verstehst? Und zwar von höchster Stelle, streng politisch, streng geheim. Und wenn i dir jetzt einen Zund geb, dann bleibt die G’schicht unter uns, oder   …»
    «Oder was?» Der Lemming verbeißt sich ein Lächeln. Wie lange hat er dieses Wort nicht mehr gehört? Zund: Das ist einer der sprachlichen Klassiker, die von der Wiener Unterweltgenauso verwendet werden wie von den Wiener Kriminalbeamten. Der Zund ist schlichtweg ein geheimer Hinweis. Oder auch der Informant, der diesen Hinweis gibt. Spitzel und Verräter gehören nun einmal zu den unverzichtbaren Stützen der täglichen polizeilichen Ermittlungsarbeit, denn: Ohne Zund wird auch der vifste Bulle zum Kamel   …
    «Oder nix   …», meint Walla nun kleinlaut. «I hab eh nix g’sagt   … Es is   … Es hat alles am Samstag ang’fangen. Samstagmittag. Da haben wir den Auftrag gekriegt   … Dass wir wen besuchen sollen, kurz gesagt. Und höflich einladen   …»
    «Zu wem einladen?»
    «Ins Auto einladen. Und dann zu unserem Auftraggeber bringen, zu unserem großkopferten. Du weißt ja eh, wen wir uns schnappen hätten sollen   …»
    «Natürlich weiß ich’s. Aber sag mir’s trotzdem   …»
    «Na, den Wappler halt, hinter dem du ja selber her bist. Diesen Pokorny   …»
    Der Lemming schweigt. Nickt leise vor sich hin und wartet, dass Walla weitererzählt.
    «Wir sind also zum Pokorny g’fahren und haben an die Tür geklopft. Aber der Depperte hat net aufg’macht   …»
    «Also habts ihr die Tür eingeschlagen   …»
    «Eing’schlagen, eing’schlagen   … Der Schurli hat halt a bisserl fester geklopft   … Wie wir dann drin waren, haben wir grad noch g’sehen, dass der Kerl durch die Wohnung lauft wie a aufg’schrecktes Hendel und dann um die Ecken verschwind’t. Wurscht, haben wir g’sagt, wurscht, der kommt uns net aus   …»
    Walla seufzt und senkt den Kopf.
    «Alles hat einmal a End, nur die Wurscht hat zwa.
Und
die Wohnung vom Pokorny, blöderweis   … Er is uns halt doch durch die Lappen ’gangen, hat sich über die Dachterrassen und so a g’schissene Feuerleiter verdrückt   …»
    «Und dann?»
    «Nix dann. Geärgert haben wir uns   …»
    «Geärgert?», fragt der Lemming noch einmal nach und blickt zwischen Walla und Pekarek hin und her. Sie weichen seinen Blicken aus.
    «Ihr habts also ein bisserl seine Wohnung verwüstet. Weil er euch entkommen ist   …»
    «Meiner Seel! Wenn man alles in sich hineinfressen tät, tät man vor lauter Magenkrebs bald nimmer in die Hosen passen. Das weiß doch jeder, dass so was ung’sund is   … Wir haben ihm halt einen kleinen Denkzettel verpasst   …»
    «Weißt du, Wallisch», mischt sich jetzt auch Pekarek wieder ins Gespräch, «weißt du, dass i von allen

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