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Das Schweigen des Lemming

Das Schweigen des Lemming

Titel: Das Schweigen des Lemming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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dann   …»
    Langsam setzt sich der Elektrowagen wieder in Bewegung.
    «Was dann?», fragt Pokorny leise.
    «Dann ist er selbst hintergangen worden, der Floh. Vom Herrn Kommerzialrat. Vom eigenen Vater   … Der hat nichts unversucht lassen, um seine ganz persönlichen Schäfchen ins Trockene zu bringen, der hat sich sofort an den Spieltisch gesetzt, um den goldenen Joker, das Faustpfand, das ihm sein Sohn da so unvermutet beschert hat, möglichst gewinnbringend einzusetzen. Zwei Fliegen auf einen Schlag, so lautet die Devise, die Devisen bringt   … Aber nicht, dass du glaubst, der Hörtnagl wollt die Saliera in seinen Besitz bringen, um sie zweimal pro Woche anzuschauen oder um sie auf dem Schwarzmarkt zu verscherbeln – je weißer die Weste mancher Leute ist, desto trüber sind die Kanäle, in denen sie zu fischen pflegen. Verwinkelte Kloaken, stinkende Jauchegruben, gefüllt mit dem Klärschlamm der Unschuld, in dem sie tagein, tagaus ihre Hände waschen, die sauberen Herren   …»
    «Das hast du schön gesagt, Poldi.»
    «Danke   …»
    Gut nur, dass die Nacht bereits hereingebrochen ist: Der Lemming errötet, aber Pokorny kann es nicht sehen. Pokorny grinst, aber der Lemming bemerkt es nicht.
    «Wie gesagt   … Verwinkelt, aber plausibel, der Schachzug vom alten Hörtnagl. Er hat nicht nur versucht, seinen kostbaren Namen aus der Sache rauszuhalten, er wollt sich gleichzeitig an dem Diebstahl sanieren, er wollt unter der Hand Kapital daraus schlagen. Der Alte hat nämlich verschiedene krumme Geschäfte laufen, drüben im zweiten Bezirk. Soweit ich das verstanden hab, plant er, denkmalgeschützte Gebäude zu schleifen und öffentliche Parks zu Bauland erklären zu lassen, um den einen oder anderen Betonklotz hinzustellen   … Na, du kannst dir schon vorstellen, die üblichen Sauereien eben. Aber ganz so einfach ist das selbst für einen Hörtnagl nicht, solange es in Österreich noch so was Lästiges gibt wie eine politische Opposition. Und genau darum geht’s: Einer seiner größten Gegenspieler bei dieser geschobenen Partie heißt nämlich   … Otto Plessel   – Herrgott, Pepi! Gib Acht!»
    Wieder bremst Pokorny ruckartig ab, nur wenige Zentimeter vor der eisernen Voliere der Bartgeier.
    «Der   … Plessel? Dieses miese   … Dieser impertinente Kackpfropfen?»
    «Ja. Aber nicht, weil der Plessel so furchtbar an Jugendstilhäusern und Spielplätzen hängt. Sondern weil er ganz hinauf will in der Politik. Und um ganz hinaufzukommen, muss man bekanntlich zuerst einmal die herunterholen, die schon ganz oben sitzen. Die Bonzen also, mit denen der Herr Kommerzialrat seine undurchsichtigen Geschäfte durchziehen wollt. Das war der einzige Grund für den Plessel. Und deshalb hat er auch mir nix, dir nix die Seiten gewechselt, sobald ihm der Hörtnagl sein kleines unmoralisches Angebot gemacht hat   …»
    «Angebot?»
    «Eines, das er nicht ablehnen konnte   … Der Alte hat den Plessel angerufen, am Samstagvormittag, und hat ihm Informationen versprochen. Informationen, die angeblich Gold für ihn wert seien. Die ihn zum Volkshelden machen würden   … Verstehst du, Pepi?»
    «Scheiße   …»
    «Allerdings.»
    «Der hat ihm   … die Saliera angeboten   …»
    «Nicht direkt, jedenfalls zu dem Zeitpunkt noch nicht. Nein, dich, Pepi, dich hat er dem Plessel offeriert. Er hat ihm nicht gesagt, warum, aber er hat ihn auf dich angesetzt. Wenn dich der Plessel allerdings erwischt hätt, dann kann man sich ausmalen, was weiter passiert wär:
Otto Plessel: Retter der Nation! Otto Plessel gibt uns unseren größten Schatz zurück! Otto Plessel stellt den Saliera-Dieb!
Und Otto Plessel bewahrt natürlich völliges Stillschweigen, was den Namen seines Gönners anbelangt. Mehr noch: Er gewinnt die nächsten Wahlen und hat schon wenig später das Vergnügen, die unsauberen Bauprojekte vom Hörtnagl höchstpersönlich zu genehmigen   …»
    «Während ich   …»
    «Während du ein paar Jahr lang auf Staatskosten nächtigst. So ist es. Aber so war’s ja nicht, glücklicherweise   … Der Plessel hat jedenfalls angebissen; er hat die zwei freundlichen Herren engagiert, die dir am Samstagnachmittag ins Vorzimmer geschissen haben   …»
    Pokorny nimmt langsam die Hände vom Steuer und wendet sich dem Lemming zu.
    «I will ja net ungeduldig sein, Poldi. Wirklich nicht. Aber hättest du vielleicht die Freundlichkeit, mir jetzt endlich zu sagen, woher du das alles weißt?»
    «Ganz einfach. Weil’s

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