Das Schweigen des Sammlers
mit Engelsgeduld und ungeachtet seiner Kopfschmerzen und der Wallung seiner inneren Säfte, herauszufinden, welche abscheulichen Sünden diese verfluchte Kreatur mit den geweihten Hostien begangen hatte, von denen in der umfangreichen Anklage die Rede war, aber Josep Xarom wiederholte nur immer wieder das Gleiche: dass er Josep Xarom hieß, im Ghetto geboren war und zeit seines Lebens dort gewohnt hatte, dass er die Kunst der Medizin erlernt und sowohl innerhalb als auch außerhalb des Ghettos Kindern auf die Welt geholfen hatte und dass sein Leben einzig und allein in der Ausübung seines Berufs bestand.
»Und du hast an eurem Sabbat in der Synagoge gedient.«
»Das hat uns der König nicht verboten.«
»Der König ist nicht befugt, über die grundlegenden Belange der Seele zu urteilen. Du wurdest beschuldigt, mit dengeweihten Hostien abscheuliche Sünden begangen zu haben. Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«
»Wer beschuldigt mich?«
»Das geht dich nichts an.«
»O doch, das tut es. Ich wurde verleumdet, und wenn ich weiß, von wem, kann ich Euch erklären, warum derjenige …«
»Willst du etwa andeuten, ein guter Christ wäre der Lüge fähig?«, rief Fra Nicolau empört aus.
»Selbstverständlich ist er das, Exzellenz.«
»Damit verschlimmerst du deine Lage, denn indem du einen Christen beleidigst, beleidigst du unseren Herrn Jesus Christus, den du und deinesgleichen getötet haben.«
O Adonai, du einziger, gnädiger Gott.
Großinquisitor Nicolau Eimeric wandte sich verächtlich von dem Angeklagten ab, fuhr sich mit der flachen Hand über die sorgenvolle Stirn und befahl den beistehenden Schergen, ihn der Folter zu unterziehen, und bringt ihn mir in einer Stunde mit dem unterschriebenen Geständnis zurück.
»Welche Methode, Exzellenz?«, fragte Fra Miguel.
»Die Streckbank für die Dauer eines Credo in unum Deum. Und dann die Haken, so lange, wie man braucht, um zwei Paternoster zu beten.«
»Exzellenz …«
»Und wenn das seinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge hilft, fangt ihr wieder von vorne an, und das so oft wie nötig.«
Er trat dicht an Fra Miquel de Susqueda heran, der schon seit geraumer Zeit den Blick gesenkt hielt, und befahl ihm mit leiser Stimme, Jaume Malla zu verwarnen, wenn er noch einmal Hostien an Juden verkaufe oder verschenke, werde er von ihm hören.
»Wir wissen gar nicht, wer dieser Jaume Malla ist.« Fra Miguel holte Luft: »Vielleicht gibt es ihn gar nicht.«
Doch der fromme Mann hörte ihn nicht, weil er ganz auf seine grässlichen Kopfschmerzen konzentriert war, die er dem Herrgott als Buße darbrachte.
Angesichts von Streckbank und Metzgerhaken, die sein Fleisch durchbohrten und seine Sehnen zerfetzten, gestand der Arzt Josep Xarom aus Girona, ja, ja, ja, beim Allmächtigen Gott, ich habe es getan, ich habe sie von dem Mann gekauft, wie ihr sagt, ja, ja, aber hört auf, um der Liebe Gottes willen.
»Und was hast du mit ihnen gemacht?«, fragte Fra Miguel de Susqueda, der vor der Streckbank saß und tunlichst vermied, das herabtropfende Blut anzusehen.
»Ich weiß es nicht. Was immer Ihr sagt, aber habt Erbarmen und streckt mich nicht noch mehr …«
»Vorsicht, wenn er das Bewusstsein verliert, kann er nicht mehr aussagen.«
»Na und? Er hat doch schon gestanden.«
»Sehr schön. Und du gehst dann zu Fra Nicolau, ja du da, der Rote, und sagst ihm, dass der Angeklagte während der gesamten peinlichen Befragung geschlafen hat, und ich schwöre dir, er wird euch selbst wegen Behinderung der göttlichen Gerechtigkeit auf die Streckbank legen. Euch beide.« Verzweifelt: »Kennt ihr denn Seine Exzellenz nicht?«
»Aber Herr, wir haben doch …«
»Ja. Und ich werde auch bei eurer peinlichen Befragung Protokoll führen. Los, weckt ihn auf.«
»Nun gut: Du packst ihn bei den Haaren, so. Und los geht’s: Was hast du mit den geweihten Hostien gemacht? Hörst du mich? He, Xarom! Verfluchte Scheiße!«
»Ich dulde keine unflätigen Wörter innerhalb der Mauern der heiligen Inquisition«, rief Fra Miquel empört. »Betragt euch gefälligst wie gute Christen.«
Da es inzwischen völlig dunkel geworden war, wurde eine Fackel entzündet. Ihre Flamme flackerte wie die Seele Xaroms, der, nur halb bei Bewusstsein, die Beschlüsse des hohen Gerichts hörte, verlesen mit kräftiger Stimme von Nicolau Eimeric, der ihn in Anwesenheit von Zeugen zum Tode durch das reinigende Feuer verurteilte, zu vollstrecken am Vorabend des Sankt-Jakobs-Tags, da er sich
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