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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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Moment für den nächsten Schritt oder eher Vorsicht geboten war, bis Bernat sagte, leider habe ich dir nichts als Wasser angeboten.
    »Es war ausgezeichnet.«
    Ich würde gern mit dir ins Bett gehen.
    »Wollen wir für morgen etwas ausmachen?«
    »Morgen sieht es bei mir schlecht aus. Übermorgen.«
    Ins Bett und zwar sofort.
    »Gut. Treffen wir uns wieder hier, wenn es dir recht ist.«
    »Einverstanden.«
    »Und wir bereden, was immer es zu bereden gibt.«
    »Was immer es zu bereden gibt.«
    Sie schwiegen. Sie lächelte, er auch.
    »Warte, ich rufe dir ein Taxi.«
    Sie waren kurz davor. Sie sahen sich an, wortlos, in Xènias Blick die klare Nacht, in Bernats Augen das unbestimmbare Grau unaussprechlicher Geheimnisse. Trotzdem fuhr sie mit dem vermaledeiten Taxi davon, das alles zunichte machen musste. Zuvor hatte sie ihn auf die Wange geküsst, knapp neben den Mund. Sie hatte sich dafür auf die Zehenspitzen stellen müssen. Wie süß, auf Zehenspitzen. Er stand auf der Straße und sah zu, wie das Taxi Xènia aus seinem Leben entführte, zumindest für die nächsten beiden Tage. Er berührte die Stelle neben seinem Mund und lächelte. Es war bestimmt zwei Jahre her, dass er zum letzten Mal gelächelt hatte.
    Die zweite Begegnung war leichter. Xènia zog ohne Umstände ihren Mantel aus, stellte das Aufnahmegerät auf den Tisch und wartete geduldig, bis Bernat, der sich mit dem Handy ans andere Ende der Wohnung zurückgezogen hatte, eine endlose Diskussion beendete, vermutlich mit seinem Anwalt. Er sprach mit gedämpfter Stimme und verhaltenem Zorn.
    Xènia besah sich die Bücherrücken im Regal. In einer Ecke standen alle fünf Erzählbände beisammen, die Bernat Plensa veröffentlicht hatte; die beiden ersten kannte sie nicht. Sie nahm den ältesten in die Hand. Auf der ersten Seite war eine Widmung: Für meine Muse, meine geliebte Tecla, die mir bei der Arbeit an diesen Geschichten eine so große Hilfe war, Barcelona, 12. Februar 1977. Xènia konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie stellte das Buch wieder an seinen Platz in Bernat Plensas Gesamtwerk. Auf dem Schreibtisch der Rechner im Stand-by-Modus mit dunklem Bildschirm. Sie bewegte die Maus, und der Bildschirm wurde hell. Ein Text erschien. Ein Dokument von siebzig Seiten. Bernat Plensa schrieb an einem Roman und hatte ihr nichts davon gesagt; im Gegenteil, er hatte es sogar ausdrücklich von sich gewiesen. Sie spähte in den Flur. Weithinten hörte sie Bernat immer noch leise telefonieren. Sie setzte sich vor den Bildschirm und las: Nachdem Bernat die Eintrittskarten gekauft hatte, steckte er sie in die Tasche. Sie betrachteten das Plakat, auf dem das Konzert angekündigt war. Ein junger Mann neben ihnen, der die Mütze tief ins Gesicht gezogen hatte und einen Schal um den Hals trug, stampfte frierend mit den Füßen und schien sich sehr für das Programm dieses Abends zu interessieren. Ein anderer Mann, ein Dicker in einem zu engen Mantel, verlangte wegen irgendeines Problems die Rücknahme seiner Eintrittskarten. Sie bummelten den Carrer de Sant Pere Més Alt entlang, und so verpassten sie es. Als sie wieder vor dem Palau de la Música ankamen, war es bereits geschehen. Quer über das Plakat mit der Ankündigung des Konzerts für Violine und Orchester Nr. 2 in G-Moll von Prokofjew mit Jascha Heifetz und dem Orquestra Municipal von Barcelona unter der Leitung von Eduard Toldrà stand, mit Teerfarbe geschrieben, JUDEN RAUS, und daneben war ein Hakenkreuz gemalt, das an allen vier Flügeln tropfte; die Atmosphäre hatte sich verfinstert, die Leute vermieden es, einander in die Augen zu sehen, und die Erdkugel war wieder etwas flacher geworden. Später hörte er, es sei ein Falangistentrupp gewesen, und die beiden Streifenpolizisten, die vom Revier auf der benachbarten Via Laietana zum Palau de la Música abgeordnet waren, hätten zufällig gerade in einer Bar Kaffee getrunken; und da überkam Adrià der unbändige Wunsch, in Europa zu leben, im Norden, wo die Menschen sauber und gebildet und frei und offen und glücklich waren und Eltern hatten, die dich liebten und nicht deinetwegen starben. Wir leben in einem Scheißland, sagte er und schaute auf das hasstriefende Geschmier. Dann kamen die Polizisten zurück und sagten, los, weitergehen, keine Grüppchen bilden, los, auseinander, und Adrià und Bernat verdrückten sich, wie die übrigen auch, denn man konnte nie wissen.
    Der Konzertsaal des Palau de la Música war ausverkauft, doch die Stille war

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