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Das Schweigen meiner Mutter

Das Schweigen meiner Mutter

Titel: Das Schweigen meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lizzie Doron
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ohne innezuhalten oder etwas zu erklären. »Außerdem wollte ich auch selbst nicht, dass du etwas vom Tod deines Vaters erfährst. Ich habe deine Geschichten geliebt, schon damals, noch bevor du angefangen hast, einen Beruf daraus zu machen. Ich hatte Angst, du könntest aufhören, Geschichten zu erzählen, wenn du es erfährst. Es hat mir so gefallen, wenn du erzählt hast, wie deine Eltern sich im Kibbuz getroffen haben und dass dein Vater Partisan war und dass er in Amerika ist. Ich habe immer gewusst, dass du Schriftstellerin wirst. Oft war ich neidisch auf dich wegen der Geschichten, die du dir ausdenken konntest, ich war auch neidisch auf dich, weil nur du Hunde und Katzen und Papageien hattest. Nur du hattest Platten von Elvis und Cliff Richard, und bei dir zu Hause gab es ein Schlafzimmer mit nur einem Bett.« Wieder stieß sie ein Lachen aus, bevor sie mein Weinglas endgültig leerte.
    Nur ich wusste nichts von meinem ach so großen Glück, dachte ich. Doch mein Mund und mein Blick blieben stumm.
    »Was hast du? War es etwa nicht so?«, fragte sie.
    »Was meinst du mit ›so‹?«, fragte ich, noch bevor es mir gelungen war, die Reichtümer meiner Kindheit zu verdauen.
    »Dass es dir von allen Kindern des Viertels am besten ging«, brachte sie es auf den Punkt.
    »Mir ging es am besten?« Sie brachte mich zum Lachen.
    »Schau, ich bin nicht blöd. Ich verstehe sehr gut, dass du aus sauren Zitronen süße Limonade gemacht hast, aber glaub mir, auch heute denke ich, trotz allem, dass es nichts Besseres gibt als einen verschwundenen Vater und eine schweigende Mutter. Dann bleibt alles offen, alles ist möglich.«
    In mir krampfte sich alles zusammen. Verstand sie mich auch heute noch nicht? Wie konnte es sein, dass sie es nicht gewusst hatte? Wie konnte es sein, dass sie es nicht gesehen hatte? Oder war ich es, die sich geirrt hatte? War vielleicht alles nur gut gewesen? Ich war verwirrt. Da war sie wieder, die Welt des Zwielichts, die Welt, in der Realität und Phantasie durcheinanderwirbelten, Vorhandenes und Ersehntes, Traum und Erdichtetes.
    Ich wollte nicht aufgeben. »Aber vielleicht gibt es doch etwas, was du über meinen Vater weißt.«
    »Ich weiß, dass meine Mutter deine Mutter sehr gern hatte«, antwortete sie.
    »Danke«, unterbrach ich sie verzweifelt. »Danke, das ist genau die Art Antwort, die mir immer alle gegeben haben, wenn ich Fragen nach meinem Vater gestellt habe.«
    »Aber ich weiß, dass du einen Onkel hattest«, präsentierte mir Chajale einen Alternativtrost. »Ich erinnere mich sogar noch an seinen Namen und den Namen seiner Frau   – Aaronund Berta Hochdorf. Und ihre Adresse war Huberman, Huberman 6, Wohnung Nr.   1«, teilte sie mir mit.
    »Woher weißt du das?«, fragte ich erstaunt.
    »Woher? Meine Mutter hat bei ihm gearbeitet. Hast du das nicht gewusst? Habe ich etwas Falsches gesagt? Was ist denn?«
    »Doch«, sagte ich. »Ich erinnere mich an die Adresse und an das Schild an der Tür und an einen Mann mit silbergrauen Haaren, der auf dem Balkon stand.«
    »So hat ihn meine Mutter auch beschrieben, ein Mann mit silbergrauen Haaren und einer Pfeife, mit einer Frau aus Eis, einem tollen Auto und einem reinrassigen Schäferhund«, erzählte Chajale. »Er war Ingenieur und sie Bridgemeisterin.«
    »Ich habe ihn nie getroffen.« Die Kränkung brach aus mir heraus. »Ich bin nur einmal im Jahr mit meiner Mutter hingefahren und sie hat mir das Haus von außen gezeigt.«
    »Also, war er nun dein Onkel oder nicht?«
    »Das ist es ja, ich weiß es nicht!«
    Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Warte, es gab da so ein Gerücht, er habe deine Mutter verdächtigt, eine Lügnerin zu sein, es hieß, sie sei gar nicht wirklich seine Schwester.« Sie schwieg kurz, suchte in den Tiefen ihres Gedächtnisses. »Aber ich erinnere mich auch, dass deine Mutter, als er alt war, ihn besucht und ihm irgendetwas gesagt hat   … Nein, nicht gesagt, sie hat ihm offenbar etwas von euch zu Hause gebracht, einen Gegenstand von früher, vielleicht ein Foto, etwas, was seine Zweifel beseitigt hat. Hat sie dir nie davon erzählt?« Chajale schüttelte ungläubig den Kopf. »Gut, du warst damals im Kibbuz, ihr wart ja ein paar Jahre zerstritten, wenn ich mich nicht irre. Ich glaube, es war damals, dass sie und er in enger Verbindung standen. Sie hatten eine schöne Zeit, sie hat nurleider nicht lange gedauert   – er ist bald darauf krank geworden. Meine Mutter und deine Mutter sind jeden Morgen zusammen in

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