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Das Schweigen

Das Schweigen

Titel: Das Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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geworden, dafür rieselte jetzt wieder,
    ganz leicht, aber stetig, Sand durch seinen Körper. Arvi
    schaltete den Fernseher aus. Marjatta griff nach der ge-
    leerten Kaffeekanne.
    »Lass mich das machen«, sagte Korvensuo. Er hatte
    sich schnell aufgerichtet und rang mit ein wenig Übel-
    keit, während er ins Haus ging. In der Küche schaltete er
    die Maschine ein und sah, wie der Kaffee in die Kanne
    tropfte. Später musste er nachdenken. Wenn die Gäste
    gegangen waren. Wenn Marjatta und die Kinder schlie-
    fen. In aller Ruhe würde er über ein paar Dinge nach-
    denken.
    Durch die Fenster sah er Arvi den Abhang hinunter-
    gehen. Wahrscheinlich wollte er noch in die Sauna.
    Johanna und Marjatta unterhielten sich angeregt und
    entspannt. Sicher nicht mehr über das, was sie in den
    Nachrichten gesehen hatten. Pekka saß ein wenig zu-
    rückgelehnt und hielt den Kopf in den Himmel. Korven-
    suo nahm die Kanne und trat ins Freie.
    »Sonst noch was? Wir haben auch kühle Getränke.
    Limonade?« fragte er, als er am Tisch stand.
    »Gerne«, sagte Pekka.
    Er ging zurück ins Haus, in die Küche und nahm eine
    Flasche Limonade aus dem Kühlschrank. Sie ruhte kalt
    in seiner Hand, und in seinem Kopf platzte eine Ader.
    Zumindest hatte er das Gefühl. Ein heißes Gefühl brei-
    tete sich aus, von der Stirn über die Wangen in den
    Körper.
    Er ging wieder nach draußen und reichte Pekka die
    Flasche. Pekka bedankte sich. Korvensuo nickte. Er hatte
    auch Durst. Er ging wieder ins Haus und nahm sich eine
    Limonade aus dem Kühlschrank. Er trank gierig. Alles in
    einem Zug, und dann spürte er, dass er weit ausholte
    und die Flasche mit aller Kraft, die er hatte, gegen das
    Spülbecken schlug. Die Flasche explodierte in seiner
    Hand. Durch das Fenster sah er, dass draußen alle auf-
    sprangen.
    »Nichts passiert! Ich kehre das auf. Mir ist eine Fla-
    sche runtergefallen«, rief er.
    Marjatta lief auf das Haus zu.
    »Nichts passiert«, sagte er, als sie in der Tür stand. Er
    kehrte ihr den Rücken zu und tastete im Schrank nach
    Besen und Schaufel. »Ich kehre das schnell auf. Nichts
    passiert.«
    »Sei vorsichtig mit den Scherben«, sagte Marjatta.
    Korvensuo nickte. »Kein Problem«, sagte er.
    Die meisten Scherben lagen im Spülbecken. Einige
    hingen an seinem T-Shirt und seinen Armen. Am
    Finger floss ein wenig Blut, aber es war nur ein Kratzer.
    Er stillte die Wunde mit einem Taschentuch und füllte
    die Scherben in eine Mülltüte.
    Er sah durch das Fenster. Draußen rannte Arvi von
    der Sauna zum See hinunter und sprang zur
    Belustigung der Kinder splitternackt ins Wasser.

    3

    Der See lag ruhig in taghellem Licht, obwohl es auf 23
    Uhr zuging.
    Die nachtlosen Nächte, hatte Sanna immer gesagt
    und dass diese langen Nächte nirgends so schön seien
    wie in Finnland, und als sie damals nach einem der
    Mittsommerfeste durch Turku gestolpert waren, war sie
    restlos betrunken in den Fluss gefallen. Kimmo war ihr
    in Panik hinterher gesprungen, und Sanna hatte gelacht
    über seine unbeholfenen Rettungsversuche.
    »Nichts!« rief einer der Taucher. »Wir finden nichts.«
    »Weiter!« rief Sundström, der schwungvoll wippend
    neben dem reglosen Petri Grönholm am Ufer stand.
    Sundström wendete sich um und kam auf Kimmo zu.
    »Wir finden sie nicht«, sagte er. »Ich glaube, dass wir
    die Gute in diesem See nicht finden werden.«
    Kimmo nickte. Dann würden wohl an diesem Punkt
    die merkwürdigen Parallelen enden. Als am Mittag der
    Fund des Fahrrads gemeldet wurde, hatte zunächst
    niemand den Zusammenhang erahnen können. Eine
    Streife hatte sich die Sache näher angesehen und Be-
    scheid gegeben, dass das Fahrrad neben einem Kreuz
    liege, das an ein 1974 getötetes Mädchen erinnere. Und
    dass sie Spuren von Blut gefunden hätten. Und eine
    Sporttasche mit Kleidung, die vermutlich einem weib-
    lichen Teenager gehörte.
    Während Niemi mit seinem Team zum Fundort ge-
    fahren war, hatte Kimmo sich auf die Suche nach den
    Akten begeben. Er hatte sofort an den Tag von Ketolas
    Verabschiedung gedacht, an den Fall, den Ketola geschil-
    dert hatte, an das Modell, das sie, im Schneeregen ste-
    hend, in Ketolas Wagen verstaut hatten.
    Er war mit Päivi Holmquist, der Leiterin des Archivs,
    ein zweites Mal in den großen Kellerraum gegangen, in
    dem lange Vergessenes lagerte. Päivi hatte zielstrebig die richtigen Ordner herausgegriffen und, vermutlich, weil
    sie sein Staunen wahrgenommen hatte, betont, dass sie
    sehr wohl wisse,

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