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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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verstand Kieran durchaus. Von Zeit zu Zeit hatte Kitty nostalgische Anwandlungen, die zum Teil ein Tribut an ihre Tage in Fordham waren, wo durch das Heimweh nach den Klippen und Felsen von Kerry ihr mitunter heftiger Nationalstolz genährt, wenn nicht gar geboren wurde. Vor ihrem Aufenthalt in Amerika hatte sie sich wenig oder gar nicht um die Geschichte ihrer Heimat gekümmert, abgesehen von dem flüchtig aufflackernden Gefühl, ein Opfer zu sein, und das auch nur, wenn sie eines Vorwands bedurfte für einen unspezifischen Zorn, der unter der Oberfläche ihrer Psyche lauerte. Während ihrer Kindheit hatte sie diesen Zorn gegen ihre Brüder oder ihren Vater richten können, gegen ihren unansehnlichen Körper, ein qualmendes Feuer im Kamin, ihr Haar, ihre Lehrer oder die Jungen allgemein. Richtig ausleben aber konnte sie ihren Zorn an Kieran Sweeney, der Ausgeburt des Teufels, dieser Geißel der Menschheit – und der völligen Verkörperung all dessen, wie sie sich einen Mann erträumte.
    Wie so viele Iren, die es an die Küsten Amerikas verschlug, sei es auch nur zeitweilig, hatte sie rasch ein irisches Nationalgefühl entwickelt, das sich aus den längstvergangenen Gemeinheiten der Engländer speiste. Es war immer abrufbar, doch, bis damals in der Bronx, nicht wirklich zu einem moralisch vertretbaren Zorn aufgeschaukelt worden. Jedenfalls hatte sie es zusammen mit ihrem Bachelor-Abschluss (ihr Hauptfach war Moraltheologie gewesen) zurück nach Kerry gebracht, wo die früheren Gründe für ihre Wutausbrüche durchaus noch vorhanden waren. Mit einer Ausnahme allerdings: Ihr unansehnlicher Körper hatte sich zu einer Vollkommenheit entwickelt, die, wie selbst Kitty eingestehen musste, überwältigend war. Doch ihr Gespür für die vor Zeiten begangenen Ungerechtigkeiten blieb erhalten. Dass die meisten davon in den mittlerweileverflossenen Jahren behoben waren, hätte sie eigentlich veranlassen müssen, diese stets lauernden Dämone aus ihrer wohlgeordneten Psyche zu verbannen. Doch sie besaß immer noch ein resolutes Rechtsempfinden. War sie – oder war sie etwa nicht – Caitlin Kitty McCloud?
    Eine Burg in der Grafschaft Kerry zu besitzen, trug wenig dazu bei, ihren Zorn zu besänftigen, und minderte auch nicht ihr Gefühl, allen überlegen zu sein. Eine Burg in der Grafschaft Kerry zu verlieren, trieb dagegen ihren Zorn und ihre Empörung erst recht auf die Spitze. Und das umso mehr, als sich die Vergangenheit in Gestalt von Geistern nicht nur in ihrem Heim eingenistet hatte, sondern, soweit es Taddy betraf, auch in ihrem Herzen. Dass sie gegenwärtig sogar zu Chaos und Mord neigte, war dem unverschämten Eindringen von Lord Shaftoe zuzuschreiben.
    Der bei ihrem amerikanischen Abenteuer erwachte Patriotismus war sowohl daraus entstanden, dass sie die Heimat vermisste, als auch aus den hundertfach bewiesenen Tatsachen, die aus jedem Buch quollen, das sich mit der Geschichte des ausgeplünderten Landes befasste, in dem sie geboren war. Lange schon hatte sie sich nach einem Vorwand gesehnt, ein Chaos anzurichten, das man als Wiederherstellung alten Rechts bezeichnen konnte. Lange hatte sie auf eine Rechtfertigung gewartet, einen Mord zu begehen. Jetzt war beides zum Greifen nahe.
     
    Die Zwiebel hatte Kitty Tränen in die Augen getrieben. Sie hatte sie ignoriert, wollte sich nicht unterbrechen in ihrer Rede zugunsten des hauseigenen Schweins. Da Kieran den Ausführungen seiner Frau nichts entgegensetzte, ging sie zum nächsten Argument über. »Hat es nicht auch das Schießpulver für uns gefunden? Als die Kuh mit ihren Hufen darauf schlug, hat es da nicht so gequiekt, dass dudie Kiste ans Tageslicht befördern konntest? Und wer hat das Loch angefangen zu graben, in dem sie steckte?«
    »Ich bin mir nicht so sicher«, sagte Kieran und hätte dabei dem Berg grüner Paprikawürfel beinahe seine Daumenkuppe hinzugefügt. »Ich bin mir nicht so sicher, ob es uns damit einen Gefallen getan hat. Abgesehen davon, dass wir jetzt Mr. Shaftoe warnen können, bevor er Kamine in die Große Halle einbauen lässt und mit einem einzigen Funken den ganzen Haushalt hinüberbefördert in die Grafschaft Cavan.«
    »Mr. Shaftoe werden wir überhaupt nichts sagen. Soll er doch das Risiko genauso auf sich nehmen wie wir. Nur wird es keine Burg mehr geben, in der er sich auf ein Risiko einlassen kann.«
    »Wir werden die Burg nicht in die Luft sprengen.«
    »
Ich
werde die Burg hochgehen lassen.«
    »Du wirst überhaupt nichts hochgehen

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