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Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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des Buchs vorgesehen war. Die Abfolge der Ereignisse, wie er sie sich vorgenommen hatte, durfte nicht gestört werden. Das Schwein durfte nicht über die Klippe gejagt werden, noch durfte man zulassen, dass es sich aus eigenem Antrieb in die Tiefe stürzte.
    »Suuii! Suuii!« Der Tau vom Gras drang durch das Leder seiner wasserdichten Stiefel, aber er blieb unbeirrt bei seinem »Suuii! Suuii!«
    Das Schwein, als wäre es dieser ewigen Wiederholung müde, hörte auf zu wühlen, schaute zur See, schnüffelte mit erhobener Schnauze die Luft, wandte sich um und trottete zu dem zurück, was einmal Gemüsebeete waren.
    Aaron hatte nicht die geringste Ahnung, wohin er das Schwein trieb. Vielleicht war sein Versuch, das Weideland zu retten, auch dazu angetan, das Schwein von der lockenden Klippe und dem Ruf des Meeres abzubringen. »Suuii! Suuii!« Sein Rufen war jetzt mehr ein Mahnen, weniger ein Befehlen, klang etwa wie »Du böses Schwein« oder »Schämdich, schäm dich«, so als würde man mit einem fügsamen Hund reden und nicht mit einem widerborstigen Geschöpf.
    Das Schwein trollte sich in den Garten. Aaron dachte zuerst, alles daransetzen zu müssen, es zu vertreiben, aber es waren kaum noch Früchte der Erde da, die zu retten es sich lohnte, und so ließ er den Dickwanst gewähren. Vielleicht würde der sich damit zufriedengeben, einen kleinen, noch nicht verwüsteten Flecken umzuwühlen und ein paar sich krümmende Engerlinge zu finden. Das wollte er ihm ruhig gönnen. Sollte das Schwein doch zusehen, wo es noch was fand, bis seine Tante auf war, dann würde es schon merken, was es bei der Morgenfütterung gab – falls seine Tante überhaupt bereit war, es nach dem Schaden, den es angerichtet hatte, zu füttern. Sie hatte aufgehoben, was von der Gerstensuppe übrig war, hatte eine halbleere Packung Weetabix gefunden und eine Handvoll Cornflakes in der Speisekammer. Sie hatte auch erwähnt, dass im Keller seit über einem Jahr Hühnerfutter stand; sie hatte damals frische Eier haben wollen und hatte sich eine kleine Schar Hühner angeschafft; doch ein Fuchs hatte sie erledigt, ehe die armen Hennen noch den ersten der drei Säcke hatten leeren können, die sie ziemlich teuer gekauft hatte.
    Aaron jedenfalls wollte mit dem Schwein nichts mehr zu tun haben. Er wies jegliche Verantwortung für das Tier von sich. Den Garten würde er wieder herrichten und auch den Schuppen reparieren. Aber damit wäre es dann auch getan. Um deutlich zu machen, dass er sich nun mit der Sache abgefunden hatte, wollte er sich auf die Stufen zur Küchentür setzen und das Schwein unbeachtet lassen, egal was es anstellte. Noch ehe er sich umdrehen und auf die Fliegentür zugehen konnte, bemerkte er, dass etwa da, wo die Sonnenblumen lagen, ein riesiges Loch klaffte. Und schon stapfte er über die Strünke, die zerfetzten Pflanzen und hochgeworfenen Wurzeln. Er wollte sehen, was diese Bestie zu so extremem Kräfteaufwand getrieben hatte. Das Lochwar gut und gerne einen Meter tief, und auf dem Grund lagen Reste einer alten Vogelscheuche, der untere Teil von Hosenbeinen lugte aus einem Erdhaufen hervor, der vermutlich auch den Kopf verbarg. Purpurfarbene Socken hatte das Schreckgespenst an und klobige Schuhe, für eine Vogelscheuche war das ein ziemlicher Aufwand.
    Aaron fühlte sich getrieben, alles wieder zuzudecken, dann begriff er, woher dieses Bestreben rührte. Es war gar keine Vogelscheuche. Warum sollte sie Schuhe und Socken anhaben? Außerdem war da ein Fußknöchel zu sehen, und die Ausbeulung im Hosenbein deutete auf ein Knie hin. Er scharrte mehr Erde weg. Es war ein menschliches Skelett, das da zum Vorschein kam. Vergraben im Garten seiner Tante.

Kapitel 3
     
    Gemessenen Schrittes spazierte Aaron am Ufer entlang, die Hände auf dem Rücken, einen Knöchel der rechten Hand gegen das Steißbein gepresst. Er hatte die Schuhe anbehalten, und die Kiesel unter seinen Füßen raschelten mehr, als dass sie knirschten. Sechs oder sieben Meter vom Ufer entfernt fielen die Wellenkämme mit einer Behäbigkeit zusammen, die an Selbstgefälligkeit grenzte. Im Westen waren Wolken aufgekommen, ihren Umrissen und ihrer Massigkeit nach erinnerten sie an Kontinente. Sie hingen tief am Horizont, als fragten sie sich, ob es klug wäre, sich auf die offene See vorzuwagen. Möwen glitten lautlos hin und her, vertrauten darauf, dass die Luft sie trug, genossen ihre Geschicklichkeit, mit der sie den Himmel beherrschten und ihnen gefällige Winde

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