Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
Mannes getragen zu werden.
Am Ende der Ausgrabungsarbeit hockte sich Kitty hin und sprach erstmals wieder, seit sie Aaron angewiesen hatte, mit den Händen anstelle des Spatens zu graben. »Das ist Declan Tovey«, sagte sie. »Ich erkenne ihn an der Kappe, am Anzug, an den Schuhen und der Krawatte. Den Knopf da habe ich selber angenäht.« Sie beugte sich vor und berührte den zweiten Knopf am Jackett. Der löste sich und rollte zur Seite. »Nichts hält ewig, so ist das nun mal.« Sie zog die Hand zurück und legte sie in den Schoß. »Wir alle dachten, der sei wieder einmal abgehauen, wie schon so oft, und keiner weiß wohin. Und dabei hat er die ganze Zeit hier gelegen.« Wieder streckte sie den Arm aus und nahm von seinem Ärmel einen Klumpen Erde weg. Sie tat ihn auf den Haufen an ihrer Seite, entfernte dann einen Klumpen von seinem Hosenbein und einen weiteren von seiner Brust. Sie machte das beiläufig, als ob sie Baumwolle zupfte, und redete dabei ununterbrochen. »Alles, was er brauchte, um ein Haus zu bauen, waren vier Bretter und ein paar Steine für den Schornstein, und das Dach hat er aus Schilf gemacht, vom Moor hat er das geholt, gar nicht weit von hier. Keiner machte ihm das nach. Der reinste Troubadour war er, singen konnte er nicht, aber starke Hände hatte er. Ein Wanderbursche, den es nirgends lange hielt und der immer zurückkam. Und zugepackt hat er da, wo’s keinen Mann gab, der sich hätte kümmern können. Den Schuppen da hat er gebaut, den Lolly McKeevers Schwein jetzt in Trümmer gelegt hat. Und Lolly McKeever war es, die den armen Mannhierher geschafft hat, und deshalb ist es ganz in Ordnung, dass Lolly McKeevers Schwein ihn ausgebuddelt hat. Hier hat sie ihn verscharrt, damit man mir die Schuld zuschiebt, ich wäre diejenige, die ihn ermordet hat. Und wie sie ihn beerdigt hat! Einfach da hingelegt und Erde auf ihn geworfen, keinen Meter tief; kein Wunder, dass ein Schwein ihn finden konnte.«
Aaron hatte auf eine Pause gelauert, in der er vielleicht irgendwie seiner Verwunderung Ausdruck geben oder eine Frage stellen konnte, die sich ihm aufdrängte, doch er begriff schnell, das war vergebliches Hoffen. Der Monolog, das Selbstgespräch, die ausufernde, von wilder Leidenschaft angefeuerte Rede war, wie er wusste, eine irische Erfindung, eine von den bemerkenswerteren Beiträgen des Landes, um die gebildete Welt zu foppen. Die Griechen hatten diese Art des Redeflusses zwar schon mal »angedacht«, zur höchsten Blüte jedoch kam sie letzten Endes bei Shakespeare, der, wie allgemein bekannt, irischer Abstammung war. Seine Verwendung von Selbstgesprächen ist der eindeutige Beweis dafür – wenn man denn beweisen muss, was offen zutage liegt.
»Natürlich wollte er nicht bei ihr bleiben«, redete seine Tante weiter. »Diese Schreckschraube, mit all den Schweinen, die sein Leben ausfüllten und ihn in Trab hielten. Und auf Trab hat sie ihn ständig gehalten. Musste ihn immer um sich und auf sich haben, zu jeder Stunde, Tag und Nacht. Konnte nicht genug davon bekommen, wie er sie zärtlich rief, jeden Zoll ihres Fleisches mit seinem herrlichen Mund aufsaugte, gleich wo immer das Fleisch gerade war. Er suchte sich die Stellen und machte sich drüber her. Mal wie ein wildes Tier, mal zart wie ein Lamm. Und warum musste er gehen? Warum konnte er nicht bleiben? Gehörte nicht alles und jedes, was sie hatte, auch ihm? Er hätte doch zurückkommen können, sie mit seinem Leib bedecken, mit seinen Händen, seinem Mund und dem Gewicht seinerBrust, die Arme um sie schlingen, mit den Zehen ihre Haut kitzeln und mit seinem großen Aufbäumen nach dem schürfen, was weit kostbarer ist als Gold. Aber bleiben wollte er nicht, er nicht. Er musste fort. Ihre Zeit war abgelaufen. Er schwang sich das schwarze Felleisen mit den Werkzeugen auf den Rücken, über die Schulter, und dazu die Socken und den warmen Sweater und die Kappe, die er jetzt aufhat, und wollte los. Nichts blieb ihr als ihr Verlangen nach ihm. Sie konnte nicht anders, musste ihn mit einem Hieb auf den Kopf niederstrecken, die habgierige Schlampe, die mit ihrem Abgeknutsche und Gestöhne Tag und Nacht.«
Aaron wollte seiner Tante Einhalt gebieten, sich noch weiter auszulassen, doch sie war nicht zu bremsen. Jetzt wischte sie die Erde von den Wangen und der Stirn, drehte dabei den Schädel von einer Seite zur anderen. »Nicht mal bis zur Tür hat sie ihn gehen lassen, hat ihm gleich eins übergebraten. Und dann lag er mausetot da. Was hat
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