Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
noch zu erkundigen: »Was für einen Freund?«
»Na der Mann. Der, mit dem Sie gestern Abend im Dockery’s Pub waren. Fettiges Haar. Ein Fiesling, wenn Sie mich fragen.«
»Wer soll im Dockery’s gewesen sein?«
»Na Sie. Mit ihm. Dem Fiesling.«
»Ich? Im Dockery’s?«
»Gestern Abend. Ich war auch dort. Ich habe Darts gespielt. Hab gewonnen.«
»Schön für Sie. Ich hab’s nicht miterlebt. Schade.«
»Aber ich habe Sie gesehen.«
»Mich haben Sie nicht gesehen. Und ich habe keine Fieslinge zu Freunden. Unerhört. Ich? Mit einem Mann von der Sorte? Ich?«
»Na ja, eigentlich war er, wie soll ich sagen, für einen, der … na ja, vielleicht sah er wirklich nicht so übel aus. Und … und nur, weil er kleiner ist als ich …«
Lolly schaute zu Kitty, den Faden hatte sie immer noch nicht abgebissen. »Der ist verrückt, dein Neffe. Er sieht Dinge, die es gar nicht gibt.«
»Und bildet sich auch Dinge ein. Will von einem Sweeney gerettet worden sein. Hast du so was schon mal gehört?«
»Ich
bin
aber gerettet worden. Und ich habe auch wirklich versucht … ich meine … den Mann im Dockery’s Pub zu … Ich habe das Dartspiel gewonnen. Ihr könnt jeden fragen. Sie waren auch dort, sind aber gegangen. Dann habe ich ihn beim Dartspiel geschlagen, ertrunken ist er jedenfalls nicht. Fragen Sie mich nicht, wie er das geschafft hat. Er war in einem Kanu. Aber ohne Paddel. Und Sweeney liebt dich. Und … und …«
Aaron verstummte, nicht, weil er mit seinem Protest am Ende war, sondern weil er mit einer plötzlichen Wahrheitkonfrontiert wurde: Lolly hatte nicht ihr Haar kurz geschnitten. Es war lang, genauso lang, wie es gestern gewesen war. Auch wirkte die Frisur nicht so streng, wie er sie von gestern Abend in Erinnerung hatte. Er hatte sich geirrt. Das gedämpfte Licht im Pub hatte ihn verführt – besser ermutigt –, Lolly zu sehen. Aber es war nicht Lolly gewesen. Und sie war auch nicht mit dem Mann im Kanu dort gewesen, mit dem Mann, dem er auf die Nase gedroschen hatte. Aus welchem Grund auch immer, er war erleichtert.
»Ja, ja, ja«, hörte er seine Tante sagen. »Ist ja gut, ist ja gut, ist ja gut. Niemand widerspricht dir. Stimmt’s, Lolly?«
»Niemand. Es ist die reinste Wahrheit, die ich zu hören bekommen habe.«
»Schön, dann lassen wir es dabei«, sagte Aaron, zufrieden, dass das Thema erledigt war. »Aber eins muss ich euch noch sagen. Es war Sweeney, der den Mord verübt hat.«
Lolly zupfte am Knopf, vergewisserte sich, dass er fest saß. Sie hielt inne. Kitty ließ die Hand von der Brust sinken, wo sie sie die ganze Zeit gehabt hatte, nachdem sie sich an die Kehle gefasst hatte. Sie landete auf dem Bett neben Declans Oberschenkelknochen.
»Er war es«, sagte Aaron. »Ich weiß es. Und jetzt erfahrt ihr es von mir.«
»Und er – Sweeney –, hat er es selbst gesagt?« Lolly ließ den Knopf fahren, ihre Hand glitt auf das Becken des Toten.
»Nein. Aber ich hab ihn durchschaut. Wie konnte er sonst so genau den Hergang wissen. Die Art und Weise, wie es geschah. Natürlich hat er dich beschuldigt, als er das Ganze schilderte.«
»Mich?«, fragte Lolly.
»Nein. Dich, Kitty.«
Kitty strich in aller Ruhe Declans Krawatte glatt. »Ist ja klar, dass er so was gesagt hat. Besonders, da er mich Gott weiß wie liebt.«
»Er hat sogar die Mordwaffe genannt. Ein Werkzeug aus dem Beutel. Ein – wie heißt doch gleich so ein Ding?«
»Klopfbrett.« Wieder antworteten Kitty und Lolly wie aus einem Mund.
»Ja. Ein Klopfbrett.« Aaron stutzte kurz und fragte dann: »Wie konntet ihr das beide wissen?«
Kitty zuckte mit den Achseln. Lolly schob die ohnehin geschürzten Lippen noch weiter vor, stülpte sie nach außen und zog sie wieder zurück. Keine der beiden Frauen sagte etwas. Jetzt machte sich Lolly an der Krawatte zu schaffen und Kitty zupfte am Knopf.
»Na, gut«, meinte Aaron. »Ihr müsst mir ja nicht glauben. Es hat sowieso bald ein Ende. Sweeney hat gesagt, er kommt vorbei und schafft den … den …er kommt vorbei und holt Declan Tovey. Will ihn fortschaffen. Ihn anständig begraben, hat er gesagt.«
»Das wird er hübsch sein lassen!«, sagte Lolly.
»Das kann er nicht machen!«, sagte Kitty.
Beide begannen, die Decke zu glätten, als gelte es zu beweisen, dass sie kompetente Fürsorgerinnen waren, denen das Wohlbefinden des Patienten über alles ging. Lolly zog die Decke bis zu Declans Brust. Kitty schlug sie sorgsam zurück.
»Er schien entschlossen dazu«, sagte
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