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Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Aaron.
    »Ha!« Aaron hätte nie gedacht, dass man mit einer einzigen Silbe dermaßen viel Verachtung zum Ausdruck bringen könnte. Lolly schaffte es. Kittys Beitrag beschränkte sich auf ein dünnes Lächeln und einen verschlagenen Ausdruck in den Augen, die merklich schmaler wurden, weil sie die Augenlider halb schloss. »Ich mag nicht lange warten«, warnte sie.
    Musste sie auch nicht. Auf dem Kies draußen hörte man das Geräusch von Rädern, dann ein scharfes Halten.
    »Da ist er«, sagte Aaron.
    »Oh, mein Gott«, entfuhr es Lolly.
    Kitty trennte sich von der Bettstatt. »Der kriegt ihn nicht zu sehen«, sagte sie.
    »Aber er wird reinkommen«, entgegnete Lolly. »Respekt hat der keinen. Auch nicht vor der Priesterstube.« Sie betrachtete Declan. Es schien, als wäre sie drauf und dran, sich aufopfernd auf den Leichnam zu werfen, wenn sie ihn auf diese Weise verbergen und schützen konnte.
    »Was habt ihr dagegen, dass er ihn fortschafft«, fragte Aaron, »wenn ihr ihn doch nicht der
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übergeben wollt?«
    Lolly fuhr sich mit der Hand an die Kehle, vollends schockiert. Kitty schüttelte nur müde den Kopf, ihre bevorzugte Geste, jemand mit Verachtung zu strafen.
    »Es würde uns allen den ganzen Ärger ersparen und …«
    »Erst sagst du«, unterbrach ihn Kitty, »er hat den Mann ermordet. Das Nächste, was du sagst, ist, wir sollen ihn Sweeney übergeben, ihm praktisch das Beweismaterial ausliefern, das gegen ihn spricht. Worin besteht da die Logik?«
    »Dann soll er doch wenigstens sehen, dass wir wissen, was er getan hat, dass wir diejenigen mit dem Beweismaterial sind. Soll er doch reinkommen. Soll er doch sehen.«
    »Aaron«, sagte Kitty streng. »Misch dich nicht in Dinge ein, von denen du nichts verstehst. Wir lassen aus Prinzip nicht einen Sweeney tun, was ein Sweeney tun möchte.« Sie war zu dem wackligen Tisch mit dem Kruzifix gegangen. »Und jetzt schwört«, forderte sie die zwei auf, »schwört beide, schwört, dass ihr nie das gesehen habt, was ihr jetzt sehen werdet.«
    Aaron reckte sich. »Schwören?«
    »Schwören, ja. Und zwar beide. Muss nicht laut sein, wenn ihr es nicht wollt, aber schwört. Ihr habt nie gesehen, was ihr jetzt sehen werdet.«
    Mit Hilfe ihrer Fingernägel löste sie aus der linken Hand des Gekreuzigten den Nagel. Die Hand hielt trotzdem. Kitty ging zurück zum Bett und streckte den Arm zu derStelle an der Wand hoch, wo das ovale Bild gehangen hatte. Langsam passte sie den Nagel in das winzige Loch, in dem einst der ursprüngliche Nagel gesteckt hatte. Sie ließ ihn los und hämmerte unmittelbar links von dem Kopfstück des Bettes mit der Faust an die Wand. Sie horchte einen Moment, zog den Nagel wieder raus und steckte ihn erneut hinein. Wieder horchte sie. Wieder schien es keine Reaktion auf ihr Tun zu geben. Sie überlegte kurz und zog rasch den Nagel heraus. »War natürlich die falsche Hand.«
    Die Fensterläden vibrierten, als draußen die Tür vom Transporter zugeschlagen wurde. »Oh«, sagte Lolly, und es klang leicht warnend. Kitty war erneut zum Kruzifix gegangen, hatte den Nagel in dessen linke Hand zurückgesteckt und den aus der rechten herausmanövriert. Diesmal verrutschte die Hand ein wenig, blieb aber dennoch an dem Querholz haften. Kitty ging zur Wand, warf einen Blick auf Declan Tovey, als wollte sie sich vergewissern, dass mit ihm alles in Ordnung war, und steckte dann den Nagel in die Wand. Sofort ertönte ein Klicken. Kitty pochte energisch an die Wand. Nichts. Sie pochte ein zweites Mal, weiter unten. Man hörte ein scharrendes Geräusch. Kitty trat einen Schritt zurück.
    Aaron erkannte das Geräusch. Es war die Schuppenhaut des Monsters, die sich an den Tunnelwänden rieb, wenn mit jedem Rascheln das Scheusal immer näher kam. Das in der Einbildung heraufbeschworene Geräusch aus seinen Kindheitstagen war Wirklichkeit geworden und wurde wie damals sogar lauter, je mehr sich das Ungeheuer näherte. Aaron sah, wie sich links vom Bett langsam und knarrend die Wandtäfelung – eine Fläche von ein mal einem Meter – öffnete. Mit dem kalten Luftzug strömte übler Geruch in den Raum. Es war, als wäre das Meer erstorben und am Verrotten. Fauliger Seetang und Algenzeug hatten ein Ventil für ihre Ausdünstungen gefunden. Aaron hatte das Gefühl, der ganze Raum wäre auf den tiefen Grund des sich zersetzendenMeeresbodens gesunken und läge dort schon jahrelang reglos und unberührt, hätte die Tiefe und Vergänglichkeit der längst begrabenen

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