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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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dem Altar. Deshalb trat Valerius einen Schritt zur Seite und schnitt dem jagenden Hund mit einem raschen Schwerthieb die Kehle durch.
    Der Bulle war nur einen Bruchteil langsamer als der Rüde und unterschied nicht zwischen dem einen Feind und dem anderen. In dem Augenblick, als der Hund starb, erkannte Valerius gerade noch, wie der Himmel sich von Violett in das Rot des Bullen verfärbte und schließlich schwarz wurde. Nun übernahm sein Gott die Herrschaft über Valerius. Ohne dass dies auch nur im Geringsten seinem eigenen Willen entsprungen wäre, presste Valerius sich flach und der Länge nach auf den Boden und rollte sich seitlich um seine eigene Achse, ganz so, wie ein Kind aus purer Freude sich im Winter einen verschneiten Hügel hinabrollen ließ.
    Doch Valerius’ Gott füllte ihn nicht mit Freude aus, sondern lediglich mit einem brechenden Lichtstrahl und einem ganz eigenen, unbeschreiblichen Schmerz, der seinen Rücken auf der Höhe seines Brandmals von innen her auszubrennen schien. Ein letztes Mal angespornt durch die Kraft des Schmerzes, stemmte sich Valerius hoch, sprang auf und lief los. Dort wo gerade eben noch Gras und Bäume und das Schreien der Krähen gewesen waren, war nun eine Steinmauer, über die ein von seinem Gott erfüllter Mann ebenso leicht springen konnte, wie er sich etwa vor einer Schlacht auf sein Pferd schwang. Hinter ihm krachte der Bulle jetzt mit aller Gewalt gegen die Mauer und ließ ihr oberes Drittel einbrechen. Doch Valerius’ Gott bewahrte ihn davor, von den herabfallenden Steinen erschlagen zu werden. Er lag flach auf dem Rücken und spürte, wie ebenjener Gott ihn wieder verließ und seinen, Valerius’, Atem mit sich nahm. Vollkommen reglos lag er da und kämpfte angestrengt darum, einen klaren Blick zu behalten, als die Welt um ihn herum sich plötzlich zu einem Tunnel formte und dunkel wurde.
    Longinus erreichte ihn als Erster, und grobe Hände packten ihn bei den Schultern. »Atme, verdammt noch mal!«, befahl eine raue Stimme, »Julius, atme!«
    Eine andere, nun ganz und gar nicht mehr liebevoll klingende Stimme, widersprach. »Er kann nicht. Der Bulle hat ihn im Rücken getroffen. Wenn er Glück hat, hat es ihm nur die Luft verschlagen. Wenn nicht, hat er jetzt einen Rücken voller zerbrochener Rippen und wird nie wieder atmen. Lass mich ihn einmal untersuchen.«
    Unter Corvus’ Obhut fiel Valerius in Ohnmacht.

XIII
    Fünf Tage lang ließen sie ihn in einem kühlen, dunklen Raum ruhen. Die ersten drei Tage davon verbrachte Valerius im Fieberwahn damit, den Tod eines blauschwarzen Hundes zu betrauern; jenes Hundes, dem es nicht mehr vergönnt gewesen war, das Blut des Bullen zu trinken. Sogar im Schlaf noch suchte Valerius nach dem Wortlaut der Riten für die im Kampf Gefallenen. Er hatte diese Riten zuletzt in seiner Kindheit gehört, doch seitdem längst wieder vergessen. Valerius wandelte auf den Pfaden des Traums und rief nach der Göttin, der diese rituellen Todesanrufungen gewidmet waren. Doch sie schien verschwunden, und er fühlte sich zurückgewiesen und lehnte sich wütend gegen sie auf, vergaß dabei allerdings, dass es sich bei ihr doch um die Göttin seiner Kindertage handelte und er sein Leben und seinen Tod später einem ganz anderen Gott geweiht hatte. Dann, als Valerius endlich wieder voll bewusst wurde, wem er Treue geschworen hatte, jagte er sogleich erneut durch die Tiefen seiner Seele - immer auf der Suche nach dem verlorenen Gott des Lichts, der ihn im Angesicht des Bullen so geblendet hatte. Aber auch dieser Gott hielt sich vor Valerius verborgen.
    Wir reiten aus, um Caratacus zu töten. Endlich, gegen Abend des dritten Tages, konnte Valerius sich wieder daran erinnern, und dieser Gedanke baute ihn etwas auf. Er wäre sogar aufgestanden, wenn nicht ein langer Arm ihn zurück auf sein Lager gedrückt hätte.
    »Besser noch nicht, denke ich. Außer Ihr möchtet, dass Longinus dann sowohl seinen Sold als auch den Euren verliert.«
    »Longinus? Was hat er denn - Theophilus? Was, im Namen des Gottes, macht Ihr denn hier?«
    Theophilus war doch in Camulodunum zurückgeblieben. Die Welt war offenbar eine andere als jene, die Valerius noch in Erinnerung gehabt hatte. Er fiel zurück auf sein Bett, und sogleich breitete sich in seinem Rücken wieder der hämmernde Schmerz aus. Mühsam rang Valerius nach Luft. Sein Herz schien ihm gegen die Rippen gepresst zu werden, und gleich einem Wasserfall, der hoch von einem Berg hinabstürzte, rauschte lärmend

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