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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Theophilus, und dann auch eher auf Lateinisch oder Thrakisch als in der Sprache seiner Jugend. Wenn Valerius wach war, trank und aß er alles, was man ihm anbot, ansonsten lag er einfach nur still da. Er fühlte sich wie ausgesaugt, hohl und leer, und nichts war mehr zurückgeblieben von dem hellen Sirren in seinen Ohren oder dem funkelnden Licht, das ihn im Angesicht des Bullen doch so geblendet hatte. Einzig ein dumpfer, alter Schmerz war noch zu spüren, der sich gemeinsam mit der sich langsam schwärzlich verfärbenden Quetschung über seinen Rücken ausbreitete.
    Valerius dachte an Corvus; folglich wanderten seine Gedanken bald auch zu Caratacus, und nur allzu leicht gerieten Liebe und Hass durcheinander. Die Zeit schien in einzelne Stücke zu zerfallen, und als sich diese anschließend wieder neu zusammenfügten, befand sich Valerius auf einer Landspitze mitten in einem Sturm, und das Meer spülte zwei Männer an Land. In seinem Traum war es Valerius unmöglich zu sagen, welchen von den beiden Männern er hasste und welchen er liebte. Aber ein jeder von ihnen hatte ihn betrogen, und Valerius wollte sie töten - und konnte es doch nicht. Im Traum ersann er dann einen Kampf, in dem der eine getötet wurde und der andere überleben sollte, gerettet durch das Eingreifen eines Dekurio auf einem gescheckten Pferd. Zumindest der eine Teil dieses Traums, daran konnte sich Valerius noch erinnern, hatte sich bereits ereignet, und doch war die Welt dadurch keine andere geworden. Er versuchte, an etwas anderes zu denken.
    Später trat Theophilus ein, um ihm sein Essen zu bringen, und Valerius erkundigte sich: »Haben sie den Bullen getötet?«
    »Nein. Wenn Ihr gestorben wärt, hätten sie das vielleicht getan, aber der Legat hier legt großen Wert darauf, die Einheimischen bei Laune zu halten, und außerdem habt Ihr bereits ihren Hund getötet. In jedem Fall aber - seht mich doch nicht so an, ich weiß ja, warum Ihr das getan habt! -, in jedem Fall aber trägt auch der Erste Zenturio der Zwanzigsten das Brandmal deines Gottes, und die Anhänger von Mithras unter den Männern möchten natürlich nicht sehen, wie ausgerechnet ihr Sinnbild abgeschlachtet wird. Nicht, nachdem Ihr im Angesicht des Bullen Mithras’ Namen gerufen, die Hand auf die Stirn des Tieres gelegt und erst dann mit dem Stiersprung, wie sie ihn nennen, vor ihm geflüchtet seid.«
    »Das habe ich getan?«
    »Longinus sagt zwar nein, aber die Legende, die nun Euer Leben umgibt, will es so. Und besonders jene unter uns, denen etwas an Euch liegt, werden dies wohl kaum öffentlich anzweifeln. Der Seniortribun der Zwanzigsten wünscht sich übrigens noch einmal mit Euch über die Geschehnisse, die den Bullen und die unsterbliche Sonne betreffen, zu unterhalten. Ich habe ihm gesagt, dass Euer Geist noch immer in der Obhut des Gottes weilt. Wenn Ihr Euch jedoch kräftig genug fühlt, sage ich ihm gerne, dass Ihr nun wieder erwacht seid.«
     
    Der Tribun der Zwanzigsten war Valerius’ derzeitiger religiöser Vater. Allein Scapula hätte noch über dem Tribun stehen können; allerdings wollte sich dieser nicht zu Valerius’ Gott bekennen. Der Tribun hatte graues Haar und war von recht nüchterner Art, er lebte einfach schon zu lange in der Gesellschaft von Männern ohne jeglichen Humor, so dass die Vitalität schließlich langsam aus ihm entwichen war. Als öffentliche Demonstration des rituellen Ranges, welchen er vor seinem Gott innehatte, hatte er sich an den Handgelenken jeweils den Krummstab und die Sichel eintätowieren lassen.
    »Ich fühle mich geehrt«, sagte Valerius förmlich.
    Der Tribun hatte schmale, nahezu gräuliche Lippen. Nun presste er sie zu einer noch schmaleren Linie aufeinander. »Nein. Du wurdest vor drei Tagen durch die Berührung des Gottes geehrt; wir geben dir hiermit nur zu verstehen, dass wir dies zur Kenntnis genommen haben. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass du in den Rang des Löwen Unter Der Sonne erhoben worden bist und dass die dafür vorgeschriebenen Riten bereits in deinem Namen für dich abgehalten wurden. Aber vielleicht möchtest du, wenn du weit genug genesen bist, Mithras an seinem Altar auch noch einmal dein eigenes Gebet sprechen. Bis dahin solltest du jedoch wissen, dass der Gott sehr zufrieden ist mit seinem Sohn.«
    Valerius allerdings war sich dessen nicht ganz so sicher, denn genau jener Gott, der ihn zunächst nahezu geblendet hatte, hatte sich nun wieder gänzlich von ihm zurückgezogen und ließ auch

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