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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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immer zu beschützen, übergeben hatte; die Schlangenspeerbrosche, die Breaca selbst geschmiedet und deren Gegenstück sie Caradoc geschenkt hatte; die Pfote des ersten Hasen, den Hail für sie erlegt hatte; eine Locke von Cunomars Haar, die ihr Sohn eigenhändig mit einer Strähne aus der Mähne der grauen Stute verflochten hatte, um damit jenen denkwürdigen Tag zu markieren, an dem er sein erstes Schlachtross geritten hatte. Doch alle diese Andenken stammten bereits aus Breacas Erwachsenenleben. Aus ihrer Kindheit hatte sie bloß die steinerne Speerspitze aufbewahrt, die noch von den Ahnen stammte und die Bán wie durch Zufall gefunden und ihr dann als Geschenk für ihre langen Nächte in der Einsamkeit überreicht hatte.
    Breaca trennte den Stein von den restlichen Andenken und hielt ihn hoch. Und wie immer schien der blasse, milchige Feuerstein sich das Licht des Feuers regelrecht zu unterwerfen. Um ihn herum sammelte sich in dicken Wolken der Rauch und ließ Breaca husten.
    Leise, doch unnachgiebig ertönte Airmids Stimme. »Sieh dir den Stein an, Breaca. Woran erinnert dich sein Aussehen?«
    Er sah aus wie eine einfache Pfeilspitze aus Flintstein, gefertigt in der Art der Vorfahren. Ihre behauenen Kanten waren noch genauso scharf wie an jenem Tag, als sie gefertigt worden war. Und noch immer war jener Stoffstreifen um das schmal zulaufende Heft der Pfeilspitze gewickelt, wo Breaca sie am Stock der Großmutter befestigt hatte, um sie als Waffe gegen den Anführer der Kampfadler benutzen zu können. Die braunen, lange getrockneten Blutflecken aber, welche den Feuerstein überzogen, verfärbten sich ganz plötzlich wieder rötlich, wurden wieder zu frischem Blut, das sich über den blaugeäderten Stein ergoss. Willkommen zu Hause , Kriegerin , sprach lachend die ältere Großmutter.
    »Geh zu ihr, Breaca, finde du sie für mich«, sagte Airmid leise, und von irgendwoher hallte nun auch mac Calmas und Efnís’ Echo, doch ihre Stimmen erklangen versetzt zu der von Airmid, erschienen bloß noch als ein entferntes Flüstern aus längst vergangener Zeit; der Traum hatte Breaca bereits umfangen.
    Die alte Frau sah tatsächlich verändert aus, genau wie Airmid es vorausgesagt hatte. In jenen lange zurückliegenden Jahren, als das Kind Breaca die Augen und Glieder der älteren Großmutter gewesen war, war Letztere bereits blind gewesen. Nun jedoch hatte die Großmutter Augen, so hell und so scharf wie die eines Falken. Aufrecht stand sie da, nicht mehr krumm und vornübergebeugt, und auch der Schmerz in ihren Knochen, durch den sie früher nur noch mit fremder Hilfe hatte gehen können, war verschwunden. Ihr Haar schimmerte noch immer silbrig weiß, war jedoch nicht mehr so ausgedünnt am Scheitel wie einst. Nur ihr Gesicht war das alte geblieben, die Haut ebenso verschrumpelt wie die Rotdornbeeren, die Airmid in die Flammen geworfen hatte. Ihre Augen waren erstaunlicherweise braun; in Breacas Vorstellung waren sie immer grau gewesen wie die ihres Vaters.
    Die Großmutter lachte - ein Geräusch, das einem Kind unwillkürlich unter die Haut kroch und es sofort schuldbewusst sein Gewissen durchforschen ließ. »Du solltest mehr essen«, sagte sie. »Und aufhören, dich zu grämen. Noch ist er ja nicht tot, der, für den du zwar tötest, um den du aber noch nicht eine einzige Träne vergossen hast.«
    Das war unfair. Schließlich hatte Breaca versucht zu weinen. Nächtelang hatte sie an langsam herunterbrennenden Feuern gesessen und auf den Ausbruch jenes schier unerträglichen Kummers gewartet, der doch einfach kommen musste, so wie er auch für Macha und für ihren Vater gekommen war. Doch alles, was Breaca gefunden hatte, war ein kalter und grenzenloser Zorn gewesen, dem eine nagende Verzweiflung gefolgt war, Empfindungen, die sie schließlich dazu trieben, zu töten und immer weiter zu töten. Doch keiner der Tode, die Breaca vollstreckte, hatte ihr bisher die so verzweifelt ersehnte Erleichterung verschafft.
    »Es ist richtig, wenn du um die Toten trauerst«, sagte die Großmutter. »Das bist du ihnen schuldig, damit ehrst du sie auch noch im Tode. Doch es besteht kein Grund, um die Lebenden zu trauern.«
    Ich wusste doch nicht mit Sicherheit, ob er noch lebt, erwiderte Breaca in Gedanken - doch das stimmte nicht, denn wenn Breaca von einer Sache überzeugt war, dann davon, dass sie es genau spüren würde, wenn Caradoc starb. Laut sagte sie: »Geht es ihm gut, und ist er in Sicherheit?«
    »Wer?«
    »Caradoc. Wer

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