Das Schwert der Keltin
hatten und zugleich sicherstellten, dass sie ihm auch erhalten blieb. Die Römer hielten sie für ein wenig stumpfsinnig und beschränkt, dennoch aber fürchteten sie sie als nur schwer unter Kontrolle zu haltende Wilde. Dubornos, der diese Männer am vergangenen Abend eine Weile hatte beobachten können, war zu der Ansicht gelangt, dass beide Einschätzungen sowohl begründet als auch zutreffend waren.
Dubornos wollte sich gerade auf die Seite drehen, als er das langsame, leise Atmen eines dritten Mannes vernahm. Dieser saß hellwach und aufmerksam auf der anderen Seite des Raums. Zwei Atemzüge später wusste Dubornos auch, wer der Mann war.
»Caradoc?«
»Ich bin hier.«
»Gütige Götter...« Mit der gleichen Intensität, mit der zuvor die Angst über Dubornos hereingebrochen war, schlugen nun die Wogen der Erleichterung über ihm zusammen. »Ich dachte, sie würden uns weiterhin getrennt halten. Hast du gesehen, ob...« Die Wachen hatten leicht ihre Haltung verändert. Dubornos brach mitten im Satz ab. Ohne den Kopf zu drehen, fügte er etwas langsamer, aber immer noch auf Eceni hinzu: »Der größere der beiden treibt Unzucht mit Schweinen. Der Kleinere, sein Sohn, wurde ihm von einer Hängeohrsau geboren.«
In der daraufhin einsetzenden Stille richteten die Bataver sich auf, schienen etwas aufmerksamer zu werden, machten aber keinerlei Anstalten, gewalttätig zu werden.
Caradoc lachte leise. Ebenfalls auf Eceni antwortete er: »Gut gemacht! Sie sprechen also Lateinisch und Batavisch und, ich glaube, auch noch ein wenig Griechisch, aber kein Eceni - andernfalls müssten sie besser schauspielern können als jeder herumziehende Künstler, aber dafür sind sie einfach nicht schlau genug. Aber wie auch immer, selbst wenn sie verstanden hätten, was du gerade eben gesagt hast, haben sie den Befehl erhalten, dass sie uns nicht töten dürfen. Denn wenn wir sterben sollten, dann wird das Schicksal, das eigentlich unseres hätte sein sollen, das ihre. Und ich denke, man kann davon ausgehen, dass sich davor selbst die berittene Garde fürchtet.«
Dubornos öffnete die Augen. Die Zelle war kleiner, als er zunächst erwartet hatte. Allein seine Pritsche nahm bereits die halbe Breite und zwei Drittel der Länge des Raums ein. Die Tür bestand aus mit Eisen beschlagenen Eichenbohlen. Die Wände waren nur schlecht verputzt, und deutlich schimmerte das Muster der darunter liegenden Backsteine hindurch. Die Ausstattung des Zimmers rangierte also zwischen dem des Krankenzimmers und dem des unterirdischen Verlieses. Die Decke war niedrig und sah beunruhigenderweise ganz danach aus, als ob sich über ihr nicht das Dach, sondern noch ein weiteres Stockwerk befände. Erst an Bord des Schiffes hatte Dubornos zum ersten Mal erfahren, was für ein Gefühl es war, wenn über seinen Kopf andere Menschen hinwegmarschierten. Und bereits da hatte ihm diese Erfahrung ganz und gar nicht behagt.
An eisernen Haken an der gegenüberliegenden Wand hingen drei tropfende Lampen. Caradoc saß in den flackernden Schatten unterhalb der mittleren Lampe auf einer Pritsche, die identisch war mit jener, auf der Dubornos lag. Er war in eine Tunika aus ungefärbter Wolle gekleidet, hatte die Knie bis unter das Kinn hinaufgezogen und seine Arme locker drumherum geschlungen.
Um seine Handgelenke waren Verbände aus ungebleichtem Leinen gewickelt, der rechte davon ein wenig mit getrocknetem Blut verkrustet. Die Blutergüsse in seinem Gesicht, die man ihm bei seiner Gefangennahme zugefügt hatte, verblassten allmählich wieder, und sein Haar leuchtete in einem so hellen Gold wie seit der Schlacht an der Lahmen Hirschkuh nicht mehr. Nur an der rechten Seite seines Kopfes fehlte eine Strähne, dort waren die Haare bis auf die Kopfhaut geschoren. Cartimandua war es gewesen, die Caradocs Kriegerzopf abgeschnitten hatte - als ein »Erinnerungsstück«, wie sie sagte. Irgendwann nach seiner Gefangennahme hatten sie ihm aber wenigstens die Brosche in der Form des Schlangenspeeres wieder zurückgegeben; das einzige Schmuckstück, das Caradoc jemals getragen hatte. Die Brosche hätte dringend poliert werden müssen, doch wenigstens klebte an ihr kein Blut, und auch die Nadel war noch ganz. Zwei Zöpfe aus rot gefärbter Wolle hingen von der unteren der silbernen Schlaufen herab, ihre Enden schon ein wenig ausgefranst. Einer der Zöpfe war während der Überfahrt schmutzig geworden und war nun ganz dunkel und steif.
Ebenso wie Dubornos war auch Caradoc nicht
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