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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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vernommen hätte. Doch Cygfa hatte dies Angebot mit derselben kühlen Ablehnung ausgeschlagen, mit der sie auch dem Legionsschreiber geantwortet hatte, und Dubornos hatte sein Angebot kein zweites Mal an sie herangetragen. Stattdessen hatte er ihren Rückzug in sich selbst beobachtet, hatte gesehen, wie sie langsam eine schützende Schale gegen die Außenwelt aufbaute. Das schien sie sogar recht erfolgreich geschafft zu haben, und in gewissem Sinne bewunderte er damals Cygfas Willensstärke. Ihre unbeugsame Zartheit jedoch beunruhigte ihn mehr, als wenn sie geweint hätte.
    Die härteste Probe aber hatte sich ihnen erst später in einem schlecht beleuchteten Krankenzimmer des kaiserlichen Palastes gestellt. Dort war Cygfa abermals die Frage gestellt worden, ob sie noch ihre Jungfräulichkeit besäße. Der Fragende war diesmal jedoch keiner der Legionsschreiber gewesen, sondern Polybius, der geistliche Sekretär und einer der sechs mächtigsten Männer im Lande. Seine Befehle konnten nur durch den Kaiser persönlich aufgehoben werden - und dieser befand sich noch in seinem Bett. Als auch Polybius’ Frage unbeantwortet verhallte, hatte dieser lediglich mit den Fingern geschnippt und dem Arzt befohlen, Cygfa zu untersuchen.
    Offensichtlich widerstrebend hatte Xenophon Cygfa auf einem hölzernen Tisch und in Gegenwart von Cygfas Mutter und den bewaffneten Wachen dann schließlich untersucht. Cygfa hatte sich weder dagegen gewehrt, noch hatte sie geweint, als der Arzt vor den versammelten Wachen, den Legionsschreibern und den befreiten Sklaven Cygfas Jungfräulichkeit verkündete. Dubornos jedoch, der sich daraufhin wieder aus der Betrachtung der bildlichen Darstellung des Ios auf der gegenüberliegenden Wand löste, glaubte, beobachtet zu haben, wie in diesem Augenblick die Flamme in Cygfas Seele ein wenig von ihrer Helligkeit verlor, und er fürchtete, dass sie fortan nie wieder so hell leuchten würde wie zuvor. Kurze Zeit später war ihnen der Wein angeboten worden, den er dann in der verzweifelten Hoffnung auf seliges Vergessen getrunken hatte.
     
    Ein Sänger orientiert sich in seinem Leben in erster Linie anhand von Klängen, alle anderen Sinne sind bei ihm nur von zweitrangiger Bedeutung. Und obwohl sich Dubornos’ Magen bei der Erinnerung an Cygfas aschfahles Gesicht prompt wieder zusammenkrampfte, lauschte er zugleich aufmerksam und sondierte im Geiste bereits schon wieder die gedämpften Geräusche des heraufziehenden Morgens von dem um ihn herum herrschenden Gemurmel. Ohne die Augen zu öffnen stellte er fest, dass er sich in einem kleinen, überfüllten Zimmer befand, das weder jenes Krankenzimmer war, in welchem Cunomar behandelt und Cygfa durch den Arzt entehrt worden war, noch das unterirdische Gefangenenverlies, in das sie zuerst hineingeführt worden waren. Das Krankenzimmer hatte sich in der Nähe der Hauptgebäude des Palasts befunden, und die Böden waren blank poliert gewesen, so dass die Geräusche wie Tageslicht von ihnen reflektiert wurden. Der zweite Raum war eng und stickig gewesen, und die einzelne Lampe hatte geradezu hörbar vor sich hingeflackert, wie offenbar bereits seit etlichen Jahren, denn die Wände waren ganz grau gewesen vor lauter Ruß, und die Luft hatte nach ranzigem Schafsfett gerochen.
    An diesem neuen Ort waren die Steine der Mauer so dicht aneinander gefügt worden, dass der Luftzug seines Atems wieder von ihnen abprallte und leicht durch sein Haar streifte. Das leise Knacken und Knistern brennender Kohlen zu seiner Rechten und zu seiner Linken erzählte Dubornos von mindestens zwei Kohlebecken, die in den Ecken des Raums glühten. Die Lampen darüber waren mit besserem Öl als Schafsfett gefüllt und auch erst kürzlich mit Feuerstein und Zunder entflammt worden - ihr scharfer Geruch schwebte noch immer in der Luft.
    Die einzige Tür in diesem Raum befand sich rechts hinter Dubornos. Neben der Tür standen zwei Wachen. Der Mann auf der Linken litt an einer fest sitzenden Nasennebenhöhlenentzündung, und sein Atem ging pfeifend, während der andere so gleichmäßig und flach atmete wie jemand, der sich in dem Dämmerzustand kurz vor dem Einschlafen befindet. Beide gehörten zur berittenen Garde, also zu den zahlreichen germanischen Stammesangehörigen, die ihr Haar über dem linken Ohr zu einem so genannten Kriegerknoten zusammengeschlungen trugen. Ihrem Ruf nach, das hatte sich sogar bis nach Mona herumgesprochen, waren dies die Männer, die Claudius zur Macht verholfen

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