Das Schwert der Keltin
schenken würden, wenn du ihnen befiehlst, ihren Fluch wieder zurückzunehmen, beziehungsweise gar nicht erst auszusprechen.«
Airmid! Was immer du da auch getan hast, ich danke dir dafür. Caradoc war vollkommen machtlos, und doch war ihm plötzlich ein gewisses Maß an Einflussnahme zuteil geworden. Er hielt den Blick fest auf den Springbrunnen gerichtet, denn er war sich nicht sicher, ob man ihm diese Berechnung nicht womöglich gerade an den Augen ablesen konnte. Ohne den Blick zu heben, antwortete er: »Ihr verlangt eine Menge von jemandem, der nur noch wenig zu verlieren hat. Warum also sollte ich den Träumern einen solchen Befehl erteilen?«
»Weil dir das Leben deines Sohnes lieb ist.«
Ein klarer Handel, ganz so, als ob man ein Pferd gegen eine gewisse Menge an Eisen eintauschte. Das Leben eines Kaisers aber war mehr wert als das eines einzelnen Kindes. »Und das Leben meiner Frau und meiner Tochter«, ergänzte Caradoc.
»Nein. Sie beide haben bereits ihre Schwerter gegen Rom erhoben. Deine Frau wurde zahllose Male dabei beobachtet, wie sie Legionssoldaten im Kampf niedermetzelte. Und deine Tochter hat einen von den Soldaten der Hilfstruppe, die sie gefangen nahmen, getötet und einen zweiten so schwer verwundet, dass er sich niemals wieder ganz davon erholen wird. Es kann einfach nicht geduldet werden, dass auch Frauen in einem Krieg zur Waffe greifen.«
Caradoc wagte es, einmal laut zu lachen. »Und Ihr erwartet allen Ernstes, dass sich die Tochter von Caradoc freiwillig in Sklaverei und Vergewaltigung fügt? Würde das Eure Siegesfeier etwa noch aufwerten? Würden wir uns noch an Euren Vorfahren, den vergötterten Julius, wegen seines Sieges über Vercingetorix erinnern, wenn Letzterer gleich beim ersten Hinweis auf einen Angriff die Waffen gestreckt hätte? Verleiht nicht erst die Tapferkeit des Besiegten dem Sieger die Ehre?«
Nachdenklich erwiderte Claudius: »Wir verehren jeden Sieg, den unsere Vorfahren errungen haben, und die des vergötterten Julius natürlich am meisten.«
»Und dennoch wird Eure Eroberung Britanniens nur deshalb so hoch geschätzt, weil Julius bei ebendiesem Versuch scheiterte. Eure Taten werden an den seinen gemessen. Und wenn es denn nun Zeit ist, dem Bösen jenen Schlag zu versetzen, um welchen er geradezu bittet, dann ist es doch wohl gewiss auch an der Zeit, dem Rechten die Gnade zu gewähren, die er verlangt.«
Wortlos starrte der Kaiser Caradoc an. Die grauen, zerzausten Augenbrauen schnellten fast bis zu seinem Haaransatz hinauf. »Du zitierst Homer? Vor mir?«
» Ich würde auch Eure eigenen Worte vor Euch zitieren. Wie oft waren nicht schon genau das Eure Worte, wenn wieder einmal eine Exekution anstand und Ihr diese vor dem Prätor rechtfertigen wolltet? Selbst auf Mona seid Ihr dafür bekannt. Und wenn ein Mann derart berechenbar geworden ist, dass ihm sogar schon seine Feinde die Worte in den Mund legen können, dürfte es für ihn an der Zeit sein, sich einmal eine andere Rhetorik zu überlegen. Ihr könnt also wählen, und nach genau dieser Wahl wird Euch die Geschichte später beurteilen. Ihr könnt Eurem Vorfahren gleichkommen, oder Ihr könnt ihn sogar noch übertreffen. Gaius Julius Caesar war berühmt für seine Taten als Krieger, aber nicht für seinen Edelmut als Sieger. Scipio dagegen, der den besiegten Syphax begnadigte, wurde sowohl geliebt als auch respektiert. Beide Eigenschaften verdienen die Wertschätzung der Nachwelt, am meisten jedoch eine Kombination aus beiden.«
Die Wachen wurden allmählich unruhig. In ihrer Welt war kein Platz für Rhetorik. Der Kaiser bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, still zu sein. Schleppend entgegnete er Caradoc: »Nur damit ich dich richtig verstehe … Als Gegenleistung für deinen Befehl an die Träumer, dass sie ihren Fluch über mich zurücknehmen, erwartest du von mir, dass ich sowohl deine Frauen als auch deinen Sohn verschonen soll? Aber du bittest nicht um dein eigenes Leben?«
»Ich bitte nicht um das Unmögliche, sondern nur um das, was aus freien Stücken gewährt werden kann. Würdet Ihr an meiner Stelle denn nicht auch um das Leben Eurer Familie bitten?«
Eigenartigerweise blitzte in Claudius’ Lächeln nun so etwa wie echter Humor auf. »Vielleicht um das Leben meines Sohnes Britannicus. Aber nur um das seine. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns doch erheblich. Deine Familie, so scheint es, kämpft nur gegen den Feind.« Das Lächeln verblasste wieder. Die Augen des Kaisers
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