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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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vergangenen fünfzehn Tagen wohl die stechenden Schmerzen seines gebrochenen Schlüsselbeins und seiner zertrümmerten linken Hand gedämpft - beide Verletzungen waren ihm von Narcissus’ Folterknechten zugefügt worden -, zu keinem Zeitpunkt aber hatte es ihm die Angst nehmen können, geschweige denn ihm innere Ruhe geschenkt.
    Die heraufziehende Dämmerung hatte vermocht, was nichts anderes zuvor hatte bewirken können. Je näher der heutige Tag gekommen war, für den die Prozession des Kaisers und der Tod seiner beiden berühmtesten Gefangenen geplant waren, umso größer war Dubornos’ Furcht geworden. Bis sie schließlich ihren Höhepunkt erreicht hatte, so unermesslich riesig geworden war, dass Dubornos bereits glaubte, allein die Angst vor der Hinrichtung würde ihn schon töten - ähnlich wie die kleine Spitzmaus, die zum Spielzeug eines jungen Welpen geworden war und noch während des Spiels dem Herztod erlag. Dann aber hatte er sich plötzlich über alle Angst erhoben, hatte sie einfach hinter sich gelassen.
    Entsetzlich träge kroch nun die Zeit voran. Das Fenster war so hoch oben in das Mauerwerk eingelassen worden, dass Caradoc und Dubornos den Horizont ohnehin nicht richtig erkennen konnten, geschweige denn die ersten Strahlen des Sonnenaufgangs. Das kleine schwarze Quadrat hingegen, das für sie zuvor noch die Nacht symbolisiert hatte, verblasste langsam zu Grau und ging dann in ein kühles Blau über, überzogen mit zarten, fleischfarbenen Wölkchen. Ganz in der Nähe weckte der heraufziehende Tag einen Taubenschlag, und gurrend erhoben sich sowohl die Jungvögel als auch deren Eltern.
    Morgen um diese Zeit, oder vielleicht auch erst übermorgen, wird alles vorbei sein. Die Tauben werden dann noch immer gurren, so wie sie es jeden Morgen tun. Wir aber werden bereits Vergangenheit sein.
    Ganz nüchtern breitete sich dieser Gedanke in Dubornos’ Kopf aus. Es war nurmehr eine simple Tatsache, wie viele andere auch, und fiel verglichen mit dem Verlust seiner Seele ohnehin kaum noch ins Gewicht. Müde ließ Dubornos seinen Kopf gegen die Wand zurücksinken, schloss die Augen und suchte in seinem Herzen noch einmal nach Briga, der Mutter des Lebens und des Todes; rief nach ihrer Tochter Nemain, der Mondgöttin, die in der Nacht ihr Licht durch das Fenster sickern ließ und die eisernen Gitterstäbe gnädig in satiniertes Silber verwandelt hatte. Aber Dubornos erhielt keine Antwort. Also schrie er im Geiste ein letztes Mal die Namen Belins, des Sonnengottes, und Manannans, des Herrschers über die Wellen der Meere - schließlich waren diese beiden männlichen Geschlechts und mochten sich darum vielleicht etwas leichter auf römischem Grund und Boden einfinden als die beiden Göttinnen. Aber auch Belin und Manannan blieben ihm fern.
    Dubornos erinnerte sich wieder an die Geister der niedergemetzelten römischen Legionssoldaten und wie diese einsam und verlassen über das Schlachtfeld bei der Lahmen Hirschkuh gewandert waren; erinnerte sich daran, wie diese in einem fremden Land nach fremden Göttern gesucht hatten und schließlich hatten erkennen müssen, dass sie auf immer verloren waren. Damals hatte Dubornos noch gedacht, dass diese Männer in ihrem Leben einfach nur zu nachlässig und nicht ernsthaft genug gebetet hatten, so dass ihnen die wahre Verbundenheit gefehlt hatte, die sich nun einmal erst aus einem Leben im Angesicht der Götter ergab. Nun aber urteilte Dubornos anders - und fügte der im Geiste verfassten Liste seiner Verfehlungen noch den Hochmut hinzu.
    Auf dem Fenstersims ließ sich eine Taube mit grauen Schwingen nieder, pickte ein wenig an dem rissigen Mörtel, der die Eisenstangen umschloss, und flatterte anschließend wieder davon. Dubornos spürte, wie Caradoc sich leicht bewegte, und wagte es, nun das Schweigen zu brechen.
    »Spürst du die Gegenwart der Götter?«, fragte er.
    Für einen Augenblick dachte Dubornos schon, dass Caradoc ihn nicht gehört hätte, denn dieser verharrte regungslos in der derselben Haltung wie schon die ganze Nacht über: mit angezogenen Beinen, den Ellenbogen seines unversehrten Armes auf die Knie gestützt, während das Kinn auf dem Handrücken ruhte. Dubornos spürte, wie sich Caradocs Brustkorb in ruhigen Atemzügen hob und senkte, seine Gemütsverfassung jedoch konnte er nicht erraten.
    Der kleine helle Lichtfleck an der Wand wurde immer strahlender. Draußen vor den Haupttoren des Palasts fand gerade der Wachwechsel statt. Waffengeklirr war zu

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