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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Bärenkrieger sich zurückzogen, um den Großteil der Legionssoldaten aus den Festungstoren herausstürmen zu lassen, und dann das Aufeinanderprallen, als sie, einer gewaltigen Woge gleich, wieder geschlossen vorwärtsdrängten, um den Feind zu vernichten. Und die ganze Zeit über kämpften seine Mutter und sein Vater an vorderster Front, ein kupferroter und ein weizenblonder Haarschopf, die weithin sichtbar in dem wilden Kampfgetümmel leuchteten und zwei Leitsterne bildeten, die den Kriegern den Weg wiesen. Nicht ein einziges Mal während des ganzen Geschehens kam Cunomar der Gedanke, dass seine Mutter in der Schlacht verletzt werden oder womöglich sogar getötet werden könnte. Sie war die Bodicea - Sie, die den Sieg bringt -, sie lebte, um den Feind zu vernichten; und Cunomar - ihr einziges Kind - würde das Gleiche tun, wenn seine Zeit gekommen war.

IV
    Im Osten des Landes, weit vom Lärm der Schlacht entfernt, wurde Julius Valerius, Oberstallmeister und stellvertretender Kommandeur der dritten Truppe, der Fünften Gallischen Kavallerie, die dauerhaft in Camulodunum stationiert war, von lähmender Kälte geweckt. Sie fraß sich in seine ohnehin schon bösen Träume hinein und machte sie noch schlimmer, bis er schließlich davon aufwachte. Frierend hüllte er sich fester in seinen Umhang und rollte sich auf seiner Pritsche auf die Seite. Es war noch zu dunkel, um irgendetwas sehen zu können. Als er eine Hand nach der Wand ausstreckte, fühlte er eine dünne Schicht von Eis auf dem rauen Verputz, wo der kondensierte Atem und Schweiß von vier Männern gefroren war. Seine Finger waren steif vor Kälte. Er hauchte sie an und vergrub sie in seiner Achselhöhle. Dann fluchte er laut, als das Blut schmerzhaft in seine erstarrten Fingerspitzen zurückströmte. Der einzige warme Teil von ihm war das Brandzeichen: die Silhouette eines Raben in der Mitte seiner Brust, die selbst jetzt, einen vollen Monat, nachdem das Brandeisen seine Seele versengt hatte, noch immer wie Feuer brannte.
    Er drückte seinen Daumen auf die Narbe und zeichnete die Umrisse des Symbols in der dünnen, allmählich abheilenden Haut nach. Das Fleisch darunter fühlte sich nicht heiß an, aber in seiner Brusthöhle brannte eine immer währende Flamme als Erinnerung an die Nacht in dem Weinkeller. Zwar mochte der Gott ihm in jener Nacht nicht erschienen sein, doch es war das Zeichen des Gottes, das die bösen Träume daran hinderte, sich zu verheerenden Albträumen auszuwachsen. Zumindest wollte Julius Valerius dies glauben. Als er jetzt hellwach in der Dunkelheit lag, zwang er sich, die Nächte vor der Initiation nochmals im Geist zu durchleben, und verglich sie dann mit der jetzigen, noch nicht ganz vergangenen Nacht, bis er überzeugt war, dass sein Schlaf jetzt ruhiger und friedvoller war als vorher. Nur zu gerne hätte er auch fest daran geglaubt, so wie seine Mitbrüder es ganz offensichtlich taten, dass das Brandzeichen ihm besonderen Mut verlieh, dass es ihn eins mit Sol Invictus machte, dass es ihn mit einer Elite verband, die bei Außenstehenden Neid hervorrief und für Uneingeweihte nur schwer zu ergründen war. Der letzte Teil dessen mochte vielleicht sogar wahr sein; es war durchaus möglich, dass diejenigen, die sich Mithras hingaben, dem verzehrenden Neid derer ausgesetzt waren, die von der Gnade des Gottes ausgeschlossen waren, aber an den Rest konnte Julius Valerius einfach nicht glauben.
    An einem guten Tag konnte Julius Valerius sich ohne weiteres einreden, dass er überhaupt niemals das Verlangen gehegt hatte, mit dem Sonnengott eins zu werden, und dass seine offenkundige Unfähigkeit, diese Einswerdung in der Zeremonie zu Ehren des Gottes zu erlangen, ohne jede Bedeutung war. An diesem Morgen jedoch, angesichts der Tatsache, dass der neue Statthalter in sein Amt eingeführt worden war und die Gefahr eines Krieges im Osten immer größer wurde, hätte er liebend gerne ein gewisses Maß an blindem, unkompliziertem Mut empfunden oder wenigstens einfach nur etwas Wärme in seinen Gliedern verspürt.
    Valerius erhob sich, stampfte ein paarmal mit den Füßen, um das Taubheitsgefühl in seinen Zehen zu vertreiben, und stieg dann in seine Stiefel. Das Wasser in der Waschschüssel war von einer Eisschicht überkrustet. Er durchbrach die Eisschicht mit vor Kälte steifen Fingern und spritzte sich den Schlaf aus den Augen. Er teilte den Raum mit drei anderen, rangniederen Offizieren seiner Truppe: mit Sabinius, dem Standartenträger,

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