Das Schwert der Keltin
besaß.
Nur mit Mühe wandte sich Cunomar von dem Hund ab und sah seine Mutter an. Breaca war herbeigekommen, um sich nun vor ihn hinzukauern, so wie sie gerade eben noch vor Hail gehockt hatte, ihr Gesicht dicht vor dem seinen, ihr Mund zu einem zärtlichen Lächeln verzogen. Cunomar streckte die Arme aus und schlang sie fest um seine Mutter, vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge und sog ihren Geruch tief in seine Lungen ein. Er hatte gedacht, heute würde sie anders riechen als sonst, nach Kampf und Entschlossenheit, doch sie roch genauso wie immer, nach Schafwolle und Pferdeschweiß und außerdem ein wenig nach Hundespucke an der Stelle, wo Hail ihr das Gesicht geleckt und sie den Sabber nicht abgewischt hatte. Aber vorherrschend vor all diesen anderen Gerüchen war ihr ureigener warmer, vertrauter Geruch; der würde sich niemals ändern.
Cunomars Haar war weizenblond wie das seines Vaters. Seine Mutter strich es liebevoll glatt und schob ihm ein paar Strähnen hinter die Ohren. Ihre Lippen drückten sich auf seinen Scheitel, und er hörte sie sprechen, konnte aber nicht verstehen, was sie sagte; ihre Worte waren auf Eceni und zu schwierig für einen Jungen, der auf Mona, unter den Mundarten des Westens, aufgewachsen war. Er schob sich ein Stückchen von seiner Mutter fort, damit er sie richtig sehen konnte. Es tat ihm in der Seele weh, dass sie in die Schlacht ziehen musste, wo er sich doch verzweifelt wünschte, dass sie bei ihm bleiben und seine Bodicea sein würde, dass jenes wilde Feuer in ihrem Inneren nur für ihn brannte. Stattdessen blickte sie ihn mit diesem sanften Lächeln an, das sie für ihren Sohn und seinen Vater aufsparte, und sagte: »Mein zukünftiger Krieger, es tut mir sehr Leid, aber ich muss dich jetzt verlassen. Das Signalfeuer sagt, dass der feindliche Statthalter abgereist ist, und wir müssen seine Legionen vernichten, ehe ein anderer kommt und seinen Platz einnimmt. Ich habe Hail gebeten, gut auf dich aufzupassen, während ich fort bin, aber in Wirklichkeit ist es so, dass er schon ziemlich alt ist und dass er dich braucht, damit du auf ihn aufpasst. Wirst du das für mich tun?«
Er würde alles für seine Mutter tun, das wusste sie. Cunomar streckte die Hand aus und berührte die silberne Feder, die in ihrem Haar baumelte. Sie war wunderschön, jeder Teil von ihr so perfekt, dass Cunomar sich genau vorstellen konnte, wie der Schmied die Schwungfeder einer Krähe genommen, in Silber getaucht und dann Gold in schmalen Streifen um den Federkiel geschlungen hatte, Symbol für die vielen Feinde, die Breaca getötet hatte. Cunomar wollte, dass seine Mutter noch weitere tausend Römer tötete, damit sie noch mehr solcher Federn tragen konnte, aber er fand nicht die richtigen Worte, deshalb lächelte er und sagte: »Ich werde gut auf Hail aufpassen, das schwöre ich, sein Blut für mein Blut, sein Leben für meines«, so wie er es die Krieger hatte geloben hören.
Er hatte das Richtige gesagt. Seine Mutter umfasste seinen Kopf mit beiden Händen und drückte einen Kuss auf seine Stirn, dann erhob sie sich rasch und sprach abermals auf Eceni. Dann fiel vor ihm ein Schatten auf den Boden, und Cunomar wandte sich um und sah, dass Dubornos neben ihm stand. Dubornos gehörte ebenfalls zum engsten Kreis seiner Mutter, ein hoch gewachsener, hagerer Sänger, schlicht und schmucklos gekleidet und mit schütterem rotem Haar, der einer der ältesten Freunde seiner Mutter war.
Cunomar hatte keine Angst vor Dubornos, aber er verstand ihn nicht. In einer Welt, in der das Tragen von Preziosen Ausdruck der Ehrfurcht vor den Göttern war, trug der Sänger keinerlei goldenen oder silbernen Schmuck, sondern lediglich einen schmalen Streifen aus Fuchsfell um seinen Oberarm, als Kennzeichen seiner Vision. Überdies trug er einen Gram mit sich herum, der ihn jeden Humors beraubte, und er sprach nur selten und wenn, dann immer mit einem tiefen Ernst, so wie jetzt, als er hinuntergriff und Cunomar bei der Hand nahm, als ob dieser ein kleines Kind wäre: »Krieger in spe, ich habe versprochen, dass ich hier bleiben und auf die kleineren Kinder aufpassen werde. Würdest du mir dabei helfen?« Man konnte ihm anmerken, wie unangenehm es ihm war, dies sagen zu müssen, und dass er es vorgezogen hätte, allein auf die Kinder aufzupassen.
Und trotzdem, es gehörte sich für einen Krieger nicht, eine Bitte um Hilfe auszuschlagen, schon gar nicht vor einer Schlacht. So höflich, wie er konnte, zog Cunomar seine Hand
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