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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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hilf ihr hoch. Schau dir doch an, was sie dir anbietet. Wie kannst du da noch widerstehen?«
    Einige Jugendliche, die direkt neben der alten Frau standen, begannen nun, diese auf jene derbe Art zu beschimpfen, wie sie es auch bei den Prostituierten taten, die sich zu später Stunde immer noch allein auf der Straße befanden.
    »Bán, um Himmels willen...«
    Ich bin nicht Bán. Ich bin Julius Valerius. Deine Götter sind nicht meine Götter.
    In dem gleichen Augenblick aber, als Julius dies dachte, es innerlich wiederholte, verzweifelt nach der vermeintlichen Sicherheit in diesen Worten rief, verlor er die Kontrolle über die Massen. Wie eine Peitsche war Caradocs Stimme über den Tumult hinweggeschnalzt und hatte damit das wenige Wohlwollen, das ihm vielleicht noch vergönnt gewesen war, vollends verspielt. Die Menschen riefen ihm laute Buhrufe entgegen, und irgendwo in den hinteren Rängen imitierte jemand ein Horn, bedeutete damit den Truppen der Legionssoldaten, dass sie endlich weitermarschieren sollten.
    Der Kutscher des Gefangenenkarrens war augenscheinlich aber eher aufgrund seiner Jugend und Schönheit als wegen seiner Fähigkeit, in den besonderen Gepflogenheiten des kaiserlichen Protokolls zu bestehen, ausgewählt worden, denn eines nach dem anderen gestattete er es seinen Pferden, nach einigen letzten Schritten einfach stehen zu bleiben. Abgelenkt vom Lärm der Menge taten die Fuhrmänner des Ochsenkarrens es ihm nach, denn ihr Auftrag hatte lediglich gelautet, die Prozession nicht auseinander reißen zu lassen. Die Beschimpfungen, menschlichen Fanfarenstöße und Pfiffe verschmolzen zu einem allgemeinen Lärmen, das rhythmisch immer lauter anschwoll.
    Valerius fluchte und blickte hektisch um sich, auf der verzweifelten Suche nach Hilfe. Er kannte die Handlungsmuster einer aufgebrachten Menschenmasse nur allzu gut, denn schon oft genug hatte er mit ihnen zu tun gehabt. Schon bald würden sie mit ihrem langsamen, quälenden Händeklatschen beginnen, wie es normalerweise erst in der Arena erschallte - und dann würde es nicht mehr lange dauern, bis das Blutvergießen begann. Dagegen war selbst die Hundertschaft der Stadtwache, die die Prozession eskortierte, machtlos. Dann aber lenkte eine Bewegung auf dem Gefangenenwagen wieder Valerius’ Aufmerksamkeit auf sich. Er fluchte abermals leidenschaftlich und riss seine Stute herum.
    Caradoc befand sich zwar noch auf seinem Karren, war aber knapp davor, hinunterzuspringen. Einzig ein Soldat der Prätorianer stand noch neben dem Wagen, und nur sein gezogenes Schwert hielt Caradoc von seiner Flucht ab.
    In seiner grotesken, mit Blei geschmückten Weste und den Lehmkreisen, die ihm auf die Wangen gezeichnet worden waren, war Caradoc die Verkörperung des Zorns persönlich. Sein Blick verschmolz mit dem von Valerius. Sollte der Eine Gott jemals in die Gestalt eines Menschen geschlüpft sein, so war dies jetzt der Augenblick. Caradocs goldenes Haar strahlte so hell wie die Sonne, sein Zorn war scheinbar das Ergebnis einer Jahrhunderte dauernden Götzenverehrung. Atemberaubende Würde und Schönheit vereinten sich in ihm zur Perfektion - es war eine unvergleichliche Entweihung, ein Sakrileg geradezu. Valerius spürte, wie sich sein Zwerchfell zusammenzog, und nur mit Mühe beherrschte er sich, sich nun nicht zu übergeben.
    Der Blick aus Caradocs grauen Augen war unbezwingbar; dann aber ließ diese gottähnliche Gestalt auch noch seine unnachahmliche Stimme erschallen: » Kümmere dich um sie. Jetzt.«
    Valerius konnte sich später nicht mehr mit Gewissheit daran erinnern, wie er von seiner Stute abgestiegen war und sich neben die alte Frau gekniet hatte. Als er das Wort an sie richtete, redete er zunächst in einer Sprache, die er seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gehört oder gesprochen hatte. Es kostete ihn einige Anstrengung, die Laute seiner Vorfahren wieder zu verbannen und seine Frage noch einmal auf Eceni, Gallisch und schließlich in Latein zu wiederholen; er kämpfte sich damit quasi den ganzen Weg von seiner längst vergangenen Jugend zurück und wieder bis in sein jetziges Erwachsenenleben hinein. Erst ganz zuletzt verstand ihn die alte Frau endlich. »Großmutter, wo hast du dich verletzt?«
    Die alte Bettlerin neigte leicht den Kopf und suchte mit ihren blinden Augen den lärmenden Horizont nach seiner Stimme ab. »Mein Arm«, antwortete sie mit quengeliger Stimme. »Mein Arm tut weh.«
    Valerius packte mit festem Griff und oberhalb des Bruches ihren

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