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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Valerius, Sohn des unsterblichen Sonnengottes. Mit meinem Körper diene ich meinem Kaiser, mit meinem Herzen und meiner Seele meinem Gott ...
    Wenn Valerius sich dies immer wieder laut vorsagte, dann würde er vielleicht doch nicht den Verstand verlieren. Jetzt auch noch die Augen zu schließen, wagte er aber doch nicht. Der befehlshabende Offizier in dieser Prozession war Marullus, Zenturio der Zweiten Kohorte der Prätorianischen Garde, und zugleich jener Mann, der damals, in einem anderen Leben, Valerius sein Brandzeichen eingeprägt hatte und sein einziger Vater war - sein Vater im Angesichte Mithras’. Seine Gegenwart leuchtete Valerius wie die Sonne, hielt ihm erneut seinen wahren Gott vor Augen - und zerstreute dennoch nicht die Stimmen oder die Erinnerungen an jenen Mann, der schon lange zuvor den göttlichen Status erlangt hatte, ohne dies auch nur zu ahnen.
    Caradoc ist nicht Gott. Ist es nie gewesen. Und wenn mir das jemals anders erschien, dann war das lediglich das Trugbild der Geister.
    In Reih und Glied hatten sich nun draußen auf dem Vorplatz sowohl die neun Kohorten der Prätorianer als auch die drei Abteilungen der Stadtwache eingefunden - abzüglich der einen Zenturie, die abkommandiert worden war, um in kleinen Gruppen die Prozession der Gefangenen zu begleiten; insgesamt also rund sechstausend Mann, allesamt bewaffnet und die besttrainierten Männer des gesamten Kaiserreichs. Aus der Entfernung war lediglich das gleißende Leuchten ihrer polierten Helme zu sehen.
    Trat man näher an sie heran, so wippten die Federhelme der Offiziere so stolz und aufrecht wie Schilfrohr über einem silbernen See. Báns Mutter - Valerius’ Mutter - schritt zwischen ihnen hindurch, als ob sie Bäume wären, und hoch über ihrem Kopf flatterte ein kleiner Zaunkönig. Damals, nach der Eroberungsschlacht, hatte Bán ihre verkohlte Leiche auf einem Scheiterhaufen entdeckt, hatte beobachtet, wie ihre Seele langsam ihre Reise in die andere Welt antrat. Seitdem war sie ihm nicht wieder erschienen. Auch sein Vater hatte sich ihm seit dem letzten Tag der Eroberungskämpfe nicht mehr gezeigt. Nun aber hatte er sich vierschrötig vor ihm aufgebaut, seinen Schild hoch erhoben und auch den Speer zum Wurf bereit, so dass Valerius, wenn er nicht anhalten wollte, gezwungen war, unmittelbar durch ihn hindurchzureiten. Am besten aber dachte er gar nicht drüber nach.
    Zu seiner Linken hatten sich die Geister etwas weniger zahlreich eingefunden, denn dort lauerte bereits die wartende Menge. Valerius warf einen raschen Blick über die Schulter und musterte die zusammengedrängten Massen, die sich direkt gegenüber der Miliz von Rom aufgebaut hatten. Die verbliebene Gasse zwischen diesen beiden Lagern war kaum mehr fünfundzwanzig Meter breit. Zwar hatte sich die römische Stadtwache nicht ganz so akkurat aufgereiht wie ihre Soldaten; ihre Insignien des Ruhms und der Macht hingegen blitzten nicht weniger eindrucksvoll. Genau in der Mitte befand sich das Podest des Kaisers Claudius und der Kaiserin Agrippina, beide waren von allen Seiten aus klar zu erkennen und ihre würdevolle Haltung kaum zu übertreffen. Auf den nicht weit vom Podest aufgereihten Bänken hatte man die fünfzig aufgrund ihres Dienstalters ausgewählten Senatoren platziert. Ihre Stellung im Senat und ihre zuweilen uneinheitliche Position gegenüber der Person des Kaisers hatte aus ihnen mit der Zeit eine eingeschworene Gemeinschaft gebildet. In dem kleinen Zwischenraum zwischen den Senatorenbänken schwebte der Schatten des belgischen Sklavenjungen Iccius, der Zeuge der letzten Tage von Bán geworden war und dessen Tod die Geburt des Julius Valerius eingeläutet hatte - die Geburt des heutigen Offiziers der kaiserlichen Hilfstruppe.
    Ich habe ausgeharrt im Angesicht des Stieres. Gütiger Gott, ich habe den Stier sogar berührt. Warum also lässt du diesen Spuk nicht einfach verschwinden?
    Der Zeitplan der Prozession erlaubte den dabei führenden Verantwortlichen keinerlei persönliche Unzulänglichkeiten. In exakt dem vorausbestimmten Augenblick und begleitet vom ohrenbetäubenden Dröhnen der Fanfaren der Kohorten zogen achtundvierzig schwitzende und keuchende Esel ihre voll beladenen Karren in das Blickfeld. Neben ihnen her marschierten Sklaven in armseliger Kleidung und präsentierten einige ausgewählte Schmuckstücke: Schilde aus sorgfältig ausgehämmerter Bronze, die Schönsten der Spiegel, Halsketten aus purem Gold, verziert mit Bernstein, Jett und blauen

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