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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Emailleeinlegearbeiten. Durch das Gebrabbel der Geister in seinem Kopf hörte Valerius gerade noch, wie sich langsam eine Decke des Schweigens über die murmelnde römische Bevölkerung breitete. Zumindest diese Reaktion war vorhersehbar gewesen. Egal, wie viel Pomp die römische Bevölkerung schon erlebt haben mochte, beim Anblick von Wagenladungen voller Gold hatte sich bislang noch jedes Volk auf der ganzen Welt zu einigen kurzen, von Habgier verätzten Fantasien hinreißen lassen.
    Bald darauf erhob sich das Gemurmel der Menge wieder zu einem gleichmäßigen Dröhnen, lauter noch als zuvor. Goldschmiede und Juweliere drängten nach vorn, um sich die feinen Muster einzelner ausgewählter Stücke einmal aus der Nähe anzusehen. Andere, die vielleicht eine Kopie dieser Preziosen planten, schätzten prüfend das Gewicht und musterten die kleinen Besonderheiten der Schmuckstücke. In der Nebenwelt, die in genau diesem Augenblick auf die diesseitige Welt prallte, hüpfte neben einem der Karren ein kleines, einst dreijähriges Mädchen aus dem Stamm der Eceni, das die Römer erhängt hatten, auf und ab und versuchte, mit dem zerfransten Seil, das man um seinen Hals geschlungen hatte, einen Torques herunterzuangeln, der früher einmal seiner Mutter gehört hatte. Valerius schloss die Augen. Als er sie einige Zeit später wieder öffnete, war zumindest das Mädchen verschwunden.
    Die Wagenkolonne hatte sich in zwei Gruppen unterteilt, so dass die erste den Paradeplatz schon halb überquert hatte und sich der aufgewirbelte Staub wieder setzen konnte, ehe die zweite Gruppe ihren Aufmarsch begann. Sie fuhren einen Halbkreis, begannen bei den Prätorianern, beschrieben dann einen Bogen in Richtung der Menge, kehrten schließlich um und rumpelten auf den Platz unmittelbar hinter dem kaiserlichen Podest zu, wo sie für kurze Zeit mit Laken abgedeckt wurden. Als alle acht Wagen ihre Runde beendet hatten und wieder in einer Reihe nebeneinander standen, wurden die Decken wie mit einer einzigen Bewegung zurückgerissen. Erneut ergoss sich das Sonnenlicht über das Gold. Das plötzliche Aufblitzen des zurückgeworfenen Lichts ließ um die Silhouette des Kaisers herum einen strahlenden Heiligenschein aufflammen, schien ihn damit geradezu zu segnen. Ein kollektiver Seufzer stieg von der Menschenmenge auf. In der Welt zwischen den Welten verbeugten sich in diesem Augenblick die Geister ebenfalls - sie trugen allerdings eine Ehrfurcht zur Schau, die sie, die doch bereits unter den Göttern lebten, unmöglich wirklich empfinden konnten.
    Allein die Gefangenen verharrten geradezu unberührt. Von dem neben Valerius stehenden Karren ertönte erneut Dubornos’ Stimme: »Luain mac Calmas Prozession für Cunobelin war aber besser.« Weder aus seinen Worten noch aus seinem Benehmen war ersichtlich, ob auch er die Geister sah. Valerius jedoch hoffte inständig, dass Dubornos sie nicht erblickt hatte.
    Ein wenig gedankenverloren ergänzte Caradoc: »Die Trinovanter sagen, dass dein Kaiser sich für einen Gott hält. Ich hatte das nicht für möglich gehalten - bis jetzt.«
    Valerius starrte so lange in das funkelnde Licht, bis ihm die Augen schmerzten. Am Rande seines Bewusstseins schwebten sowohl die Götter seiner Vergangenheit als auch die seines gegenwärtigen Lebens. Claudius befand sich nicht unter ihnen. Doch wenn schon nicht Claudius sich in die göttliche Gesellschaft aufschwingen konnte, dann sollte auch Caradoc dies nicht gelingen - denn das, so hatte Valerius sich fest vorgenommen, würde er mit allen Mitteln verhindern. Was hättest du getan, wenn du gewusst hättest ...
    » Warte ab, bis auch du dich in deinem Todeskampf windest. Dann wirst du es schon glauben«, entgegnete Valerius. »Es haben schon tapferere Männer, als du es bist, Claudius angefleht, sie endlich aus dem Leben zu entlassen, und haben ihn den Ersten unter ihren Göttern genannt. Dir wird es da nicht anders ergehen.«
    Valerius wollte Caradoc und Dubornos zu einer Widerrede provozieren. Caradoc dagegen nickte nur. »Und dennoch können unsere Worte eine Lüge nicht zur Wahrheit erheben.« Bedauernd nickte auch Eburovic, Báns Vater.
    Die Wache, die das Banner mit dem Zeichen des Skorpions vor sich hertrug, ließ plötzlich einen schrillen Pfiff erschallen. Auf diesen Befehl hin rollten nun auch die Karren mit den Frauen und Kindern auf den Vorplatz. Die schwatzende Menge verstummte erneut. Allerdings nicht vor Bewunderung, sondern eher in gekünstelter Langeweile.

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