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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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stehen bleiben.«
    Der Mann nickte, sein Gesicht eine Maske von höchster Konzentration. In diesem Augenblick schwebte der Tod dicht hinter ihm, wie Fliegen an einem windstillen Tag. Ein Fehler in der Prozession des Kaisers würde zwangsläufig nur eine einzige Konsequenz nach sich ziehen; lediglich die Frage nach der Art und Weise des Todes war in diesen Fällen noch nicht entschieden.
    Der Trommelrhythmus glich sich dem Tempo der Pferde an, während diese langsam in einen Schritt fielen. Die Wagenräder begannen sich zu drehen, flüsterten gut geölt in ihren Radnaben. Die weiße Stute war für Paraden ausgebildet und schritt nun aus wie ein Schlachtross - und geradewegs durch den Schatten eines Mannes hindurch, den sie nie gekannt hatte. Bán spürte, wie das nüchterne Urteil seines Vaters förmlich durch ihn hindurchfloss; das Urteil jenes Mannes, den er noch höher geachtet hatte als jeden anderen. Eisiger Raureif ummantelte sein Herz. Einzig die lebendige Wärme seines Pferdes bewahrte ihn jetzt noch davor, aus dem Sattel zu stürzen. Im Stillen fluchte er - und als Valerius natürlich in Gallisch, Thrakisch und Lateinisch gleichzeitig. Doch nichts davon half.
    »Er liebte dich«, sagte Dubornos. Doch gerade in diesem Augenblick war keine Wache in seiner Nähe, um ihm die Zunge herauszureißen.
    Die Menge hielt den Atem an, denn deutlich langsamer, als die Wagen vor ihm, fuhr nun der Karren des besiegten Rebellen herein. Neben ihm ritt Julius Valerius, Dekurio der Ersten Thrakischen Kavallerie; er ertrank geradezu in der erwartungsvollen, drückenden Stille, ritt blind und ließ sich nur noch von seinem Instinkt leiten.
    »Auf diesen Augenblick hast du doch so lange hingearbeitet. Du solltest ihn mehr genießen.« Dubornos’ Stimme war voller Leidenschaft. Man hätte nicht glauben mögen, dass dies ein Mann war, dessen Todeskampf nur noch einige formelle Phrasen entfernt war und erst mit dem nächsten Sonnenaufgang wieder enden sollte.
    In Eceni entgegnete Valerius: »Daran werde ich dich bei Sonnenuntergang noch einmal erinnern.«
    Weiter vorn hatte der Wagen mit der Familie des Rebellenkönigs inzwischen seinen vorgesehenen Punkt erreicht und machte gerade wieder kehrt. Cunomar hob den Kopf und stellte Cygfa eine Frage; Valerius, der dies beobachtete, verfluchte den Umstand, dass man dem Jungen kein Opium gegeben hatte, um ihn stumm und gefügig zu machen. Caradocs Wagen rollte nun über die imaginäre Mittellinie des Prozessionsweges, beschrieb gleich darauf einen Bogen und kehrte schließlich wieder zurück zum Podest des Kaisers. Der goldene Sonnenglanz war geradezu blendend hell und Claudius nurmehr eine von Dunst umhüllte Silhouette in seiner Mitte. Agrippina dagegen war leichter auszumachen; schließlich befand sie sich auch nicht im Mittelpunkt des Lichterkranzes. Die Kaiserin war ganz in Weiß gekleidet, schimmerte so perfekt wie eine Perle, ihr Haar sittsam zurückgestrichen und bar jedes Schmuckes - abgesehen von den kleinen Zuchtperlenbündeln an ihrem Hals und an ihren Ohren.
    Schwitzend zählte Valerius die noch verbleibenden Schritte bis zu den Podesten.
    Zwanzig. Zehn. Was hättest du getan, wenn... Das gedämpfte Murmeln der Menge verhallte zu einem leisen Flüstern und versiegte schließlich ganz. Noch fünf Schritte. Ein einzelnes Horn ertönte mit geradezu verheerender Lautstärke. Glücklicherweise ignorierten die Pferde dieses Geräusch völlig. Noch zwei Schritte. Langsam anhalten... du gewusst hättest, dass Breaca …
    Mithras. Vater des Lichts. Ich brauche dich.
    Die Präzision ihrer Ankunft vor dem kaiserlichen Tribunal versetzte Valerius einen solchen Schrecken, dass er augenblicklich wieder einen klaren Kopf bekam. Wer auch immer dies organisiert hatte, wusste genau, was er tat, denn die Schatten der wartenden Kreuze trafen nun in einem dreiteiligen Gebilde aus geraden Linien und schweren, schwarzen Balken genau aufeinander. Der Scheitelpunkt dieser Schattenzeichnung fiel mit mathematischer Genauigkeit exakt zwischen die Pferde, die Caradocs Wagen langsam seinem Ziel entgegenzogen. Caradoc, zuvor noch in golden-gleißendes Sonnenlicht gehüllt, verschwand jetzt im Schatten.
    Rechts neben dem kaiserlichen Podest und auf dem Platz des kaiserlichen Herolds stand Narcissus. Er besaß genau die richtige Stimme für eine solche Aufgabe, denn wenn er wollte, konnte er sie gleich einem ausgebildeten Schauspieler bis in die hinterste Reihe des erwartungsvollen Schweigens ertönen

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