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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sie es in den ganzen vergangenen zwei Jahren nicht mehr getan hatte, und erleichtert nahm der Sänger dieses Lächeln an. Wenn er die Zeit dazu gehabt hätte, hätte Cunomar sicherlich bedauert, dass erst die Gewissheit des lauernden Todes es vermocht hatte, diesen Riss wieder zu kitten.
    Dann flog krachend die Wohnungstür auf. Cunomar beobachtete, wie Caradocs und Dubornos’ Blicke sich trafen und wie sie zu ihm traten und sich Schulter an Schulter vor das Bett stellten. Keiner von ihnen war bewaffnet, denn ihre Begnadigung hatte ihnen ausdrücklich das Tragen von Waffen untersagt. Sie besaßen nur Kochmesser, und auch von denen war keines in greifbarer Nähe. Schweigend begann Dubornos, das Lied vom Abschied der Seelen zu singen.
    »Nun haben wir uns ganz umsonst gestritten«, sagte Caradoc. »Die Götter, so scheint es, wollen offenbar, dass wir bleiben.« Caradocs Worte klangen trocken, ließen auch endlich wieder einen Funken Humor erkennen.
    Ein dunkelhaariger, helmloser und von Rauchschwaden umkränzter Kopf spähte zur Tür herein. Rasch musterte der Mann das Zimmer, die Bewohner, zog seinen Kopf anschließend wieder zurück und sprach in jenem hartem Latein, wie es häufig auf den Prozessionen zu hören war: »Hier. Drei Erwachsene, zwei Kinder und der Bursche des Doktors.« Dann wandte er sich wieder zu ihnen um. »Und ein Säugling.« Der Mann schien verwirrt. »Einen Säugling haben wir aber nicht.«
    »Einen Säugling brauchen wir auch nicht«, verkündete eine Stimme, bei deren Klang die Welt stehen zu bleiben schien. »Das Feuer wird ziemlich stark werden. Nach einem Säugling wird keiner suchen.«
    Es war ein Albtraum, ein Traum ohne Sinn und Verstand. Die Erleichterung presste Cunomar förmlich die Luft aus der Lunge; denn wie schlimm auch immer die Dinge gerade erscheinen mochten, es gab einen Ausweg. Auf Mona nämlich hatte jeder der Schüler die Fähigkeiten erlernen müssen, wie man aus einem gefährlichen Traum wieder erwachte. Für die Träumer war das zuweilen lebensrettend, für die Kinder ein sicherer Fluchtweg vor den Angstbildern der Nacht. Schon vor langer Zeit, als Cunomar dreimal hintereinander geträumt hatte, dass Ardacos die Schutzkreise falsch errichtet und der Feind sie gefunden hätte, hatte Airmid ihm beigebracht, wie man diesen Träumen wieder entkam. Alles, was er nun zu tun hatte, war, etwas zu finden, das ganz fest sein musste, es aber doch nicht war. Dann würde er wissen, dass er träumte und dass sein Verstand ihn schon bald wieder aufwecken würde.
    Cunomar konzentrierte sich auf den Stützbalken in jener Ecke, wo zwei Wände aufeinander trafen, und machte alles genauso, wie Airmid es ihm geraten hatte. Dann aber stellte er erstaunt fest, dass Dubornos genau das Gleiche tat. Er hatte nicht erwartet, dass Dubornos den gleichen Albtraum hätte wie er. Das alles wäre vielleicht sogar noch lustig gewesen, wenn die Situation nicht so dramatisch gewesen wäre. In dem verzweifelten Versuch, sich selbst zu beweisen, dass nichts von alledem wirklich war, gab Dubornos gerade sein Bestes, um seine Hand ganz mühelos durch die Wand zu seiner Linken gleiten zu lassen. Doch seine Knöchel schlugen gegen den rauen Verputz, und als er es andersherum versuchte, schabte er sich bloß die Haut von der Handfläche. Cunomar, der all das mit Erstaunen beobachtete, versuchte es daraufhin selbst noch einmal, verletzte sich dabei aber bloß auf ähnliche Art und Weise.
    »Gegen die Wände zu hauen, hält das Feuer auch nicht auf, Sänger«, erklang spöttisch wieder jene unsagbare Stimme von der Tür her. »Wenn du möchtest, kannst du dich ja hier rösten lassen, aber ich persönlich würde das als grob unhöflich empfinden. Und nicht nur ich, sondern auch der Schatten, der von unserem Kaiser noch übrig ist, davon bin ich fest überzeugt. Zumal dann diejenigen, die hier zurückbleiben, eine Erklärung dafür finden müssten, warum man hier in der Asche des Feuers die Leichen zweier identischer rothaariger Sänger gefunden hat. Und das wäre doch verdammt lästig.«
    Langsam, noch immer gefangen in seinem Albtraum, hob Cunomar den Blick. Vor ihm, gekleidet in die Uniform der Stadtwache, stand grinsend jener Mann, von dem man ihm erzählt hatte, er sei der Bruder seiner Mutter und der am höchsten verehrte unter allen Ecenikriegern. Das war schon einmal so gewesen, auf dem nüchternen Vorplatz, als Caradoc dem Kaiser gegenübergetreten war. Damals hatte dieser Mann als Übersetzer gedient und

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