Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
versucht, sie alle an den Galgen zu liefern. In Todesangst blickte Cunomar nun in die Augen seines Vaters, und da wusste er plötzlich, dass er doch nicht träumte: Der Schmerz und der Hass, die sich in das Gesicht seines Vaters eingegraben hatten, waren zu real, um bloß ein Traum zu sein.
    Mit scharfer Stimme fragte Dubornos: »Warum bist du hier?«
    »Um euch in die Freiheit zu geleiten.« Der Offizier lächelte wie eine Schlange auf der Jagd. »Ich hatte in Unwissenheit, vielleicht aber auch aus bloßer Arroganz, einen Schwur geleistet, und das ist jetzt meine Strafe dafür. Ich vermute mal, Xenophon ist für das Ganze hier verantwortlich, doch der befindet sich ohnehin nicht mehr in unserer Reichweite. Aber wer auch immer das verbrochen hat - auf jeden Fall bin ich jetzt so lange für eure Sicherheit verantwortlich, bis ihr an der Nordküste endlich an Bord eines Schiffes geht. Und bis dahin, das habe ich bei meiner eigenen Ehre und der meines Gottes geschworen, muss ich euch beschützen oder aber selbst bei dem Versuch umkommen.« Sein Ton aber ließ keinen Hauch von Ehrbarkeit erkennen. »Und da ich es vorziehe, am Leben zu bleiben, werden wir alles nur Erdenkliche tun, um sicherzugehen, dass keiner von denen, die euch vielleicht folgen möchten, eurer Flucht auf die Schliche kommt.« Dann wandte er sich wieder zur Tür um. Auf Latein und in einem ganz anderen Ton befahl er: »Hierher. Schnell.«
    Ein halbes Dutzend schwer beladener Männer eilte herein. Ihre Last, das konnte man erkennen, als sie sie auf den Boden fallen ließen und ihr die sackleinenen Tücher abzogen, war eindeutig menschlich und tot, obwohl offenbar nicht erst kürzlich verstorben. Die Haarfarbe der Leichname aber war am erstaunlichsten, denn sie war so ganz unrömisch. Die beiden größten der Erwachsenen waren blond, ebenso wie auch die beiden Kinder. Ein einzelner, etwas kleinerer Mann war rothaarig und wies eine beginnende Glatze auf. Auf seiner Brust, unter dem zerrissenen Stoff seiner Tunika, verlief eine Messerwunde über die leichengraue Haut.
    Cunomar spürte, wie Wellen der Übelkeit über ihn hereinbrachen. Fest packte ihn die Hand seines Vaters an der Schulter und stützte ihn. Caradoc war so nahe dran, die Beherrschung zu verlieren, wie Cunomar es noch nie gesehen hatte. Seine Stimme schnitt förmlich durch den Rauch. »Hast du die getötet?«, fragte er. »Diese Menschen sind an unserer statt gestorben, nur weil du einen Eid geleistet hast?«
    »Natürlich.« Starr erwiderte der Verräter Caradocs Blick. Manchmal, in seinen schlimmsten Nächten, wenn der Lärm der Straße, die Kälte und der Gestank des schimmeligen Verputzes an den Wänden sich alle miteinander verbündet zu haben schienen, nur um ihn wach zu halten, erinnerte Cunomar sich an diese Augen. Jetzt lachten ihn die schwarzen Falkenaugen aus dem Gesicht dieses Mannes sogar direkt an. Cunomar hatte nicht geglaubt, diese Augen jemals in seinem Leben wiederzusehen. Ihr Blick schweifte über ihn hinweg, nahm seine Anwesenheit kaum wahr. Voller Zorn sprach der Mann nun wieder: »Das hier ist der Krieg, Caratacus. Wenn du leben willst, müssen andere sterben. Und wenn du nach Britannien zurückkehrst, wirst du feststellen, dass es dort auch nicht anders ist. Außer natürlich, du möchtest jetzt unbedingt sterben und die Kinder mit dir? Dann solltest du dich aber schnell entscheiden. Das Feuer ist nämlich noch ungeduldiger als ich, und meine Geduld ist schon verdammt knapp bemessen.«
    Schon jetzt riskierten sie ihr Leben. Vor dem südlich gelegenen Fenster wüteten orangerote Flammen. Kleine Rußpartikel stoben durch die Hitze empor. Cunomar sah, wie Caradoc einmal kurz zu der Stelle hinüberblickte, dann stand seine Entscheidung fest. »Wir haben bereits gepackt. Wir können also gleich aufbrechen, aber auf keinen Fall schneller, als Cwmfen und das Kind es schaffen.«
    »Ganz offensichtlich nicht. Auch daran hatte Xenophon gedacht, nachdem er seinen Lehrling losgeschickt hatte. Bis zur Stadtmauer wird sie auf einer Sänfte transportiert und dann weiter auf einem Wagen, bis sie schließlich wieder kräftig genug ist, um selbst zu reiten. Wenn wir Glück haben, schaffen wir es noch bis zur Küste bei Gesoriacum, bevor das Schiff ausläuft. Wenn nicht...«
    »Dann sollen wir noch weitere sechs Monate als Flüchtlinge auf römischem Grund und Boden verbringen?«
    Der Dekurio schüttelte den Kopf. Sein Lächeln war geradezu tödlich. »Nicht auf römischem, nein. Ich

Weitere Kostenlose Bücher