Das Schwert der Keltin
waren.
Das Gehöft selbst thronte auf einer kleinen Anhöhe. Ein breiter Pfad führte den Hang hinauf zu einer Lücke in dem grasbewachsenen Damm. Innerhalb der Umfriedung gab es vier Rundhäuser und eine Anzahl kleinerer Hütten, von deren Dächern Rauch aufstieg. Zwischen diesen Gebäuden drängten sich diverse Werkstätten, Feuerholzschuppen und Getreidespeicher. Ein irgendwo außer Sichtweite angebundener Hund begann urplötzlich laut und hektisch zu kläffen; andere Hunde stimmten prompt in sein Gebell ein, alle in unterschiedlichen Tonhöhen, und sie machten einen solchen Lärm, dass die Pferde scheuten und die bis dahin noch durchaus heitere Stimmung der Männer zerstört wurde.
»Die Pest über die ganze verdammte Bande! Das machen die doch absichtlich!« Regulus drehte sich im Sattel herum. »Wo sind eigentlich ihre Krieger? Wir hätten sie doch inzwischen sehen müssen.«
Das war die Frage, die Valerius sich selbst und dem Gott auch gerade eben schon gestellt hatte. »Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Aber sie wissen, dass wir kommen und aus welchem Grund. Vielleicht gibt es ja selbst auf dem Land eines Kollaborateurs noch Krieger, die lieber sterben würden, als ihre Waffen dem Feind auszuhändigen. Wir sollten also vielleicht besser davon ausgehen, dass die Aktion nicht kampflos über die Bühne gehen wird. In diesem Fall sollten wir schnell reingehen und dann oben auf dem Hügel Gefechtsaufstellung nehmen. Das wird ihnen zeigen, dass wir angriffsbereit sind, falls es zu einer Auseinandersetzung kommt.«
»Gut.« Regulus signalisierte Sabinius, dem Standartenträger, der auf seiner Linken ritt. »Gib uns einen vollen Galopp vorwärts und halte dann oben auf dem Hügel an. Bring uns so nahe an die Tore heran, wie du kannst.«
Es war genau die Art von Einsatz, für den die Kavallerie trainiert hatte. In beiden Kolonnen bereiteten sich Pferde und Männer, die einen langen Sommer mit Gefechtsübungen und Manövern verbracht hatten, bis sie jede einzelne Bewegung im Schlaf beherrschten, auf einen kurzen, tausendfach eingeübten Spurt vor. Regulus rief: » Jetzt!«, die Standarten stachen in den Himmel, und vierundsechzig Pferde wechselten vom Schritt in den gestreckten Galopp und stürmten jeweils paarweise vorwärts. Ihre Reiter hielten dabei ihren Blick fest auf die Standarten geheftet, während sie darauf warteten, dass sich der Befehl änderte. Valerius, der sich innerlich gespalten und hin und her gerissen fühlte, fand nun endlich heraus, dass das lahmende Pferd der kastanienbraune Wallach mit dem weißen Stirnfleck war, geritten von dem Dekurio von Longinus’ Truppe. Das war bedauerlich, denn der Mann war ein vorgesetzter Offizier, dem er natürlich keine Rüge erteilen durfte, dabei hätte Valerius in genau diesem Moment nur zu gerne jemanden angeschnauzt. So ließ er Krähe in einem gleich bleibenden Galopp laufen und blickte hinauf zum Gehöft.
Eben war das Eingangstor noch leer gewesen, nun plötzlich stand Gaius Claudius Heffydd - Bürger von Rom durch des Kaisers Gnaden - zwischen den beiden Torpfosten, eine schmale Gestalt, die durch ihren sich im Wind blähenden Umhang ungewöhnlich breit erschien. Er war kein junger Mann mehr; sein Haar war schlohweiß und wurde von einem Stirnband aus geflochtener Birkenrinde zusammengehalten. Im gesamten Osten war er der Einzige, der dieses Band - das Zeichen der Träumer, das inzwischen verboten war - noch öffentlich tragen durfte. Das an sich hob ihn schon von seinesgleichen ab. Sein Umhang war leuchtend gelb wie Ginsterblüten, und der Widerschein dieser intensiven Farbe tropfte wie geschmolzene Butter auf die Reste von Schnee zu seinen Füßen. Er trug einen Speer mit einer Klinge von der Art, wie man sie vielleicht für die Keilerjagd benutzen würde, und von einer Schulter hing ein Kampfschwert herab.
Sabinius war ein ausgezeichneter Standartenträger. Genau im richtigen Moment und ohne dass es eines zusätzlichen Kommandos von Regulus oder Valerius bedurft hätte, hob er seine Standarte in die Luft. Auf sein Signal hin scherten zwei Kavallerietruppen, die wie ein Mann agierten, fächerförmig aus der Kolonne aus und hielten dann vor dem Tor an, in einer exakten Kampflinie ausgerichtet. Die Gallier, dachte Valerius, sind doch noch eine Spur fixer und zackiger als die Thraker. Ein Teil von ihm freute sich über diese Feststellung.
Das Echo des Hufgetrappels verhallte, und plötzlich war es still. Anschließend trat Heffydd vor und bückte
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