Das Schwert der Keltin
Ostorius ist seitdem quer durch das Land geritten, und Breaca hat unterdessen genügend Zeit gehabt, das Gleiche zu tun. Wenn ich deine Schwester wäre, würde ich auch hier im Osten zum Widerstand aufrufen. Wenn sie und Caradoc uns an zwei Fronten angreifen, können sie uns schlagen.«
Valerius fühlte, wie seine Welten miteinander kollidierten, so wie sie es seit vor der Invasion nicht mehr getan hatten. Verzweifelt schloss er die Augen und suchte seinen Gott, der aber nicht kam. Das Brandzeichen lag kalt auf seiner Brust. Eine Großmutter verfluchte ihn höhnisch lachend.
Ich hatte damals keine andere Wahl. Und ich habe auch jetzt keine.
Idiot.
Mit gepresst klingender Stimme sagte er: »Ich werde das tun, was auch du tust, und aus den gleichen Gründen. Ich bin den Legionen verpflichtet, ich habe den Eid vor dem Kaiser geleistet und einen anderen vor dem Gott. Ganz gleich, auf wen wir stoßen, ganz gleich, wie diese Begegnung auch verlaufen mag, ich werde die Befehle meiner Vorgesetzten befolgen, und ich werde kämpfen.«
»Und wenn du nun den Befehl erhältst, ihre Kinder zu kreuzigen?«
Der Schecke warf jäh den Kopf hoch, wodurch Corvus der Zügel aus der Hand gerissen wurde. Julius Valerius biss sich fest auf die Unterlippe und salutierte vor seinem Präfekten. »Dann werde ich deinem Beispiel folgen, in diesem einen Punkt wie auch in allen anderen.«
Es war eine Trennung der schlimmsten Art gewesen, und nichts von dem, was seither passiert war, hatte die Sache besser machen können. Sie hatten tatsächlich eine Nacht unter Prasutagos’ Obhut verbracht, und der Vasallenkönig hatte keinen von ihnen wiedererkannt. Allerdings war das Risiko, dass er Valerius oder Corvus erkennen würde, in Wahrheit auch ziemlich gering gewesen; ihre Unterhaltung hatte sich um andere, schwerer wiegende Dinge gedreht. Und mehr noch - sie hatte die Beendigung von etwas gekennzeichnet, von dem keiner geglaubt hatte, dass es jemals enden würde.
Jetzt stand Valerius in dem Lazarettkorridor draußen vor einem Zimmer, in dem es nach Zitronenmelisse duftete, und wusste, dass er einfach nicht den Mut hatte, die Tür zu öffnen.
»Sieh einer an, der Held der Schlacht! Beim letzten Mal habt Ihr mir gar nichts davon gesagt. Ich hatte mich schon gefragt, wie lange es wohl dauern würde, bis Ihr wieder herkommt.«
Valerius wirbelte herum. Theophilus, der magere, langnasige Arzt, lehnte hinter ihm an einer Wand. Früher einmal war er einem Kaiser zu Diensten gewesen, aber dann war ein anderer Kaiser an die Macht gekommen, und daraufhin war es für die Mitglieder des alten Hofes nicht mehr ratsam gewesen, noch länger in Rom zu bleiben. Theophilus war nach Germanien geflohen und hatte bei den Legionen am Rhein eine Bleibe gefunden, um dann einige Zeit später als Angehöriger der Invasionsarmee mit ihnen zur neuen römischen Provinz Britannien zu reisen. Seitdem war er der einzige Medikus für eine ganze Festung und kümmerte sich abwechselnd um Soldaten, die an einem Fieber erkrankt waren, und um jene, die im Kampf verwundet wurden. Es war schwer zu sagen, wann Theophilus glücklicher war - wenn die Männer verletzt von einer Schlacht zurückkehrten oder wenn sie noch heil waren.
Jetzt sah er Valerius unter dichten, buschigen weißen Brauen hervor an. Genau wie die Träumer der Stämme, kannte auch Theophilus die tiefsten Geheimnisse des menschlichen Herzens.
»Ich wollte gerade wieder gehen«, erklärte Valerius. »Ich möchte ihn nicht stören.«
»Nein, aber vielleicht möchte er Euch stören.« Theophilus sprach niemals ohne triftigen Grund, und immer verbarg sich hinter seinen Worten noch eine andere, tiefere Bedeutung. An seiner Brust glitzerte ein neuer Äskulapstab in Gold, ein Geschenk des Statthalters. Darunter hing sein alter, aus Apfelbaumholz geschnitzter Stab an einer Lederschnur. Jetzt berührte er diesen mit seinem Daumen, ganz so, wie Valerius sein Brandmal zu berühren pflegte. »Der Tribun ist gerade bei ihm. Wusstet Ihr das?«
»Ich habe es vermutet. Und selbst wenn er nicht da wäre, steht es mir doch nicht zu, den Präfekten zu besuchen. Ich werde jetzt also lieber wieder gehen und...«
»Nein. Geht nicht.« Die Tür schwang auf. Der Duft von Zitrusölen strömte auf den Korridor hinaus, vermischt mit dem unterschwelligen Geruch nach altem, verkrustetem Blut. Marcus Ostorius Scapula, eine strahlende Erscheinung in Weiß und Scharlachrot, stand auf der Schwelle. Wenn sie ihn zum Kaiser gemacht und in
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