Das Schwert der Keltin
Pfählen, so dass Breacas Körperhaltung - als sie sich kniend vorbeugte, um die beiden Pfähle zu umklammern, und ihre Arme dabei auf die Fellrollen stützte - der einer fohlenden Stute ähnelte. Schon seit der Zeit der Ahnen hatten die Frauen der Eceni ihre Nachkommen nach Art der Stuten zur Welt gebracht. Diese wirkte sich günstig auf das Kind aus und sorgte bei einem starken Muttertier überdies für eine schnelle, glatte Entbindung.
Eine weitere Wehe kam und ging, dann noch eine, diesmal so stark, dass Breaca währenddessen kaum mehr atmen konnte. Airmid, die hinter ihr kniete, sprach ermunternd auf sie ein.
»Das ist gut. Ich kann die Fruchtblase fühlen.«
Behutsame Finger untersuchten sie. In ihrem Inneren zerplatzte etwas, und Wasser strömte in einem warmen, kräftigen Schwall zwischen ihren Schenkeln hervor. Der salzig süße Geruch von Fruchtwasser erfüllte die Luft. »Bei ihr fühlt es sich irgendwie anders an als damals bei Cunomar«, sagte Breaca.
»Sie ist ja auch ein anderer Mensch. Warte auf die nächste Wehe, und dann leg deine ganze Kraft hinein.«
Breaca tat, wie ihr geheißen, tat es wiederholt und unter starken Schmerzen, doch ohne jeden Erfolg. Im Laufe des Abends verschwanden die Insekten wieder, und das Feuer brannte nach und nach bis auf ein Häufchen glühender Asche herunter. Hail schlief schließlich ein und träumte mit zuckenden Vorderläufen. Der Himmel ähnelte nun einem blau-rot verfärbten Bluterguss, der sich immer weiter ausbreitete, bis die Sonne schließlich endgültig am Horizont versank und die Aufgabe, die Welt zu beleuchten, an Nemain übergab, die nun - fast voll - über den obersten Rändern des Steinkreises aufging. In dessen Mitte, unter dem silbrigen Licht der Göttin, mühte sich Airmid unterdessen verzweifelt damit ab, ihre Nachfolgerin ans Licht der Welt zu holen.
»Breaca, sie kommt mit dem Steiß voran. Es wird härter und schwieriger sein als bei Cunomar, und es kann länger dauern. Wenn du es schaffst, den Atem anzuhalten und nicht zu pressen, werde ich sehen, ob ich sie herumdrehen kann. Schaffst du das?«
»Ich werd’s versuchen.«
Auf einem Schlachtfeld war doch alles so viel einfacher; dort fühlte sie sich bei weitem nicht so hilflos, dort konnte sie zumindest mehr tun, als einfach bloß zu atmen und den Befehlen ihres Körpers zu gehorchen. Sie hielt gehorsam den Atem an, während Airmid eine blutbeschmierte Hand an dem Kind entlangschob, und als Breaca schließlich notgedrungen wieder atmen musste, tat sie es in kurzen, keuchenden Zügen, um nicht gleich die nächste Welle von krampfartigen Wehen auszulösen. Ihr gepeinigtes Keuchen hatte zur Folge, dass Hail aufwachte und zu ihr kam. Er legte den Kopf dicht neben ihre Arme auf die Bank aus Pferdeleder und fiepte leise, seine alten Augen von einem Ausdruck der Unruhe und Besorgnis erfüllt. Doch Breaca hatte keinen Atem mehr übrig, um den Hund zu beruhigen; der ungeheure Druck des Ausharrens nahm all ihre Kraft in Anspruch. Am Ende konnte sie es einfach nicht mehr aushalten, und diesmal waren die Schmerzen derart stark, dass sie sich schluchzend zusammenkrümmte.
»Trink das hier. Trink es, Breaca. Du musst! Wir müssen sie entweder herumdrehen oder rückwärts herausholen. Trink das, bitte. Es wird dir helfen.«
Airmid, die bisher die ganze Zeit hinter ihr gekniet hatte, war jetzt neben ihrem Kopf. Die Welt drehte sich so schnell um Breaca, dass ihr übel wurde. Sie fühlte, wie ihr ein Becher an die Lippen gedrückt wurde, und trank gehorsam. Die Flüssigkeit war bitter, und sie erkannte den Geschmack nicht. Die Hand, die sie beim Trinken stützte, war regelrecht glitschig vor Blut und Schleim: ihrem eigenen.
Nur selten hatte sie Stuten gesehen, bei denen das Fohlen partout nicht kommen wollte. Bei einer solch schweren und für Mutter und Kind gleichermaßen lebensbedrohlichen Komplikation waren Macha, die in dem Eceni-Dorf ihrer Kindheit bei den trächtigen Stuten als Hebamme fungiert hatte, nur zwei Möglichkeiten geblieben. In jenen Fällen, wo die Stute alles war, hatte sie ein Messer mit der hohlen Hand umschlossen, es in die Gebärmutter hineingeschoben und das lebende Fohlen in Stücke zerschnitten, damit sie es problemlos herausziehen und die Stute auf diese Weise retten konnte. In denjenigen Fällen wiederum, in denen das Fohlen das Endergebnis vieler sorgfältig geplanter Paarungen war, von dem eine ganze Dynastie abhing, oder in denen das Muttertier eindeutig im Sterben lag,
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