Das Schwert der Keltin
tappte neben Breaca her, wenn sie zwischen den Steinen hin und her ging. Ihr Schwert und ihr Schild hingen an einem der westlichen Steine - allerdings eher, um dem Kind Kraft zu verleihen, denn um der Mutter als Schutz zu dienen. Brauchbarer waren da schon die beiden Pfähle, die in den grasbewachsenen Boden in der Mitte des Kreises gebohrt worden waren und für sie bereit standen, damit sie sich während der letzten Phase der Entbindung dagegenstemmen konnte. Bis sie so weit war, dass sie die Pfähle brauchte, würde allerdings noch eine Weile vergehen. Die nächste Woge von Schmerz schlug über ihr zusammen und ließ sie erbeben. Sie presste ihre Stirn an den Stein und zählte: Die Abstände zwischen den einzelnen Wehen betrugen jetzt nur noch zwölf Atemzüge.
Airmid stellte sich hinter sie. Eine kühle Hand legte sich auf ihren schweren Leib, um zu erspüren, wie sich die Muskeln unter ihrer Bauchdecke anspannten. Breaca fühlte das Stirnrunzeln ihrer Freundin förmlich, konnte es aber nicht sehen. Mit sanfter, klarer Stimme fragte die Träumerin: »Tut es an dieser Stelle weh?«
»Ein bisschen. Wenn der Druck am stärksten ist.« Breaca drehte sich herum und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stein. Die Kälte an ihren Schultern half ihr, sich zu konzentrieren und nachzudenken. »Ist Venutios inzwischen abgereist, um seinen Kriegerverband aufzustellen?«
»Noch nicht, aber bald. Er will bis zum Einbruch der Nacht warten, um dann die Fähre zu nehmen. Vellocatus ist schon vorausgefahren, um die Selgovaer um ihre Unterstützung zu bitten. Er ist nicht so bekannt wie Venutios und kann daher gefahrloser reisen. Wenn es sich irgend machen lässt, werden sie uns die dreitausend zusätzlichen Krieger bringen. Aber du solltest dich jetzt nicht mit solchen Angelegenheiten befassen.« Hail stand neben Breaca und lehnte sich mit seinem Gewicht stützend gegen ihren Oberschenkel. Auf ihrer anderen Seite ergriff Airmid ihren Arm. »Komm mit. Wir gehen noch ein paarmal im Kreis herum, und dann werde ich ein Feuer anzünden, um die Mücken abzuwehren. Wir können es später, wenn das Kind kommt, wieder löschen. Dieses Kind sollte nur bei Mondschein zur Welt kommen. Nemain wird schon genügend eigenes Licht spenden.«
Die Sonne stand mittlerweile ganz tief am Horizont, umrahmt von einem Kranz aus blutroten Strahlen, die einen starken Kontrast gegen das immer dunkler werdende Blau des Himmels bildeten. Stechende Insekten schwärmten zu Tausenden durch die Abenddämmerung. Airmid zündete ein Feuer an und legte Kiefernnadeln in die Flammen, um Rauch zu erzeugen, der die Plagegeister abwehren sollte. Später, als das allein nicht mehr ausreichte, holte sie aus ihrem Gürtelsäckchen eine Taschenflasche hervor und rieb Breaca, Hail und sich selbst mit der darin enthaltenen Flüssigkeit ein. Der Aufguss roch nach gedünsteten Pilzlamellen - ein ebenso vertrauter, typischer Sommergeruch wie der von frisch gemähtem Heu und von Stutenmilch. Vor langer Zeit, während ihrer gemeinsamen Kindheit, hatte Breaca einmal vorgehabt, ein solches mückenabwehrendes Mittel als Geschenk für Airmid zuzubereiten, doch Airmid war ihr zuvorgekommen. Breaca wollte gerade davon erzählen, wurde jedoch in genau dem Moment von einem starken Krampf befallen, der diesmal volle sechzig Herzschläge lang anhielt, und am Ende, als der Schmerz wieder nachließ, rang sie keuchend nach Atem.
»Geh weiter! Du musst in Bewegung bleiben.«
»Ich kann nicht. Sie kommt bald, ich kann sie schon spüren.«
»Dann komm her und knie dich zwischen die Pfähle und lass mich mal nachschauen, wie weit die Sache gediehen ist.«
Die Pfähle waren aus Eschenholz, glatt geschmirgelt und mit dem spitzen Ende tief in den Erdboden gerammt, so dass sie ungefähr eine Speerlänge hoch über der Erde aufragten. Caradoc hatte die Pfähle bereits im Frühling angefertigt, bevor die Kämpfe wieder ausgebrochen waren, und er hatte zwei ganze Tage damit verbracht, sie sorgfältig zu bemalen, damit er - wenn es ihm schon nicht möglich war, Breaca bei der Entbindung beizustehen - wenigstens im Geiste bei ihr sein konnte. Der Adler und der Schlangenspeer - sein Zeichen und das ihre - liefen in Reihen über die gesamte Länge der beiden Pfähle, und die Enden waren jeweils mit der Streitaxt der Ordovizer und dem galoppierenden Pferd der Eceni geschmückt.
Große Stücke von Pferdeleder, mit der Fellseite nach außen zusammengerollt, bildeten eine Art Bank zwischen den beiden
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