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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Sattel, ließ aber die Lanze nicht los. In dem Augenblick, als sich das Pferd fast mit den Nüstern in den Boden grub, warf der Drache mit einer heftigen Bewegung der Pfote Eyck aus dem Sattel. Alle sahen die emporfliegenden, wirbelnden Teile der Rüstung, alle hörten das Krachen und Scheppern, mit dem der Ritter zu Boden fiel.
    Der Drache setzte sich auf, drückte das Pferd mit der Pfote zu Boden, senkte das von Zähnen starrende Maul. Das Pferd schrie durchdringend auf, zuckte und lag still.
    In der eintretenden Stille hörten alle die tiefe Stimme des Drachen Villentretenmerth.
    »Der tapfere Ritter Eyck von Denesle kann vom Schlachtfeld geholt werden. Er ist nicht mehr kampffähig. Der Nächste bitte.«
    »Oh Scheiße«, sagte Yarpen Zigrin in die Stille hinein.

VIII
    »Beide Beine«, sagte Yennefer, während sie sich die Hände an einem Leinentuch abwischte. »Und anscheinend was mit der Wirbelsäule. Die Rüstung ist am Rücken eingedrückt, als hätte er eins mit der Ramme gekriegt. Aber das mit den Beinen war seine eigene Lanze. Er wird so bald kein Pferd mehr besteigen. Wenn überhaupt jemals wieder.«
    »Berufsrisiko«, murmelte Geralt.
    Die Zauberin runzelte die Stirn. »Weiter hast du nichts zu sagen?«
    »Was möchtest du denn noch gern hören, Yennefer?«
    »Dieser Drache ist unglaublich schnell, Geralt. Zu schnell, als dass ein Mensch mit ihm kämpfen könnte.«
    »Verstehe. Nein, Yen. Nicht ich.«
    »Prinzipien?« Die Zauberin lächelte bissig. »Oder einfach nur ganz gewöhnliche Angst? Die einzige menschliche Empfindung, die sie dir nicht ausgetrieben haben?«
    »Sowohl als auch«, stimmte der Hexer gleichmütig zu. »Wo ist da der Unterschied?«
    »Genau.« Yennefer kam näher. »Kein Unterschied. Prinzipien kann man brechen, die Angst überwinden. Töte diesen Drachen, Geralt. Für mich.«
    »Für dich?«
    »Für mich. Ich will diesen Drachen, Geralt. Im Ganzen. Ich will ihn für mich allein haben.«
    »Benutze Zauberkräfte und töte ihn.«
    »Nein. Töte du ihn. Und ich halte mit Zauberkräften die Haudegen und die anderen zurück, damit sie dich nicht dran hindern.«
    »Dann gibt es Tote, Yennefer.«
    »Seit wann kümmert dich das? Befass du dich mit dem Drachen, ich nehme die Menschen auf mich.«
    »Yennefer«, sagte der Hexer kalt. »Ich kann’s nicht verstehen. Was soll dir dieser Drache? Hat dich die goldene Farbe seiner Schuppen derart geblendet? Du leidest schließlich keine Not, du hast zahllose Einnahmequellen, bist berühmt. Worum also geht es? Sag nur nichts von Berufung, bitte.«
    Yennefer schwieg; schließlich kniff sie die Lippen zusammen und trat mit Schwung gegen einen im Gras liegenden Stein.
    »Es gibt jemanden, der mir helfen kann, Geralt. Anscheinend ... Du weißt, worum es mir geht ... Anscheinend ist das doch nicht unumkehrbar. Es gibt eine Chance. Ich kann noch welche kriegen ... Du verstehst?«
    »Ich verstehe.«
    »Das ist eine komplizierte Operation, teuer. Aber im Tausch gegen einen goldenen Drachen ... Geralt?«
    Der Hexer schwieg.
    »Als wir an der Brücke hingen«, sagte die Zauberin, »hast du mich um etwas gebeten. Ich werde deine Bitte erfüllen. Trotz alledem.«
    Der Hexer lächelte traurig, berührte mit dem Zeigefinger den Obsidianstern an Yennefers Hals.
    »Zu spät, Yen. Wir hängen nicht mehr da. Es kommt mir nicht mehr darauf an. Trotz alledem.«
    Er rechnete mit dem Schlimmsten, mit Feuerkaskaden, Blitzen, einem Hieb ins Gesicht, Beschimpfungen, Flüchen. Er wunderte sich, als er nur ein beherrschtes Zucken der Lippen sah. Yennefer wandte sich langsam ab. Geralt bereute seine Worte. Er bereute das Gefühl, dem sie entsprungen waren. Die Grenze des Möglichen, die er überschritten hatte, riss wie eine Lautensaite. Er schaute Rittersporn an, sah, wie der Troubadour rasch den Kopf abwandte, seinem Blick auswich.
    »Gut, also das mit der Ritterehre haben wir nun hinter uns, meine Herrschaften«, rief Boholt. Er stand schon gewappnet vor Niedamir, der mit einem unveränderten Ausdruck von Langeweile noch immer auf dem Stein saß. »Die Ritterehre liegt da und stöhnt leise. Das war ein elender Plan, Herr Gyllenstiern, Eyck als Euren Ritter und Vasallen vorzuschicken. Ich will auf niemanden mit dem Finger zeigen, aber ich weiß, wem Eyck die gebrochenen Stelzen verdankt. So sind wir auf einem Schlag zweierlei los. Einen Irren, der in seinem Wahn die Legenden zum Leben erwecken wollte, wie ein kühner Ritter im Zweikampf den Drachen besiegt. Und einen

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