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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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du?«
    Der Hexer blickte ruhig auf das kleine graugrüne Wesen, das neben den goldenen Klauen des hinabgebeugten Drachen mit den Flügelchen wedelte.
    »Und was meinst du zu alledem, Rittersporn? Was denkst du darüber?«
    »Was hat es denn zu bedeuten, was ich darüber denke? Ich bin ein Dichter, Geralt. Hat meine Meinung irgendeine Bedeutung?«
    »Hat sie.«
    »Gut, dann sag ich dir’s. Also, Geralt, wenn ich ein Reptil seh, eine Schlange, sagen wir, oder sonst eine Echse, dann schüttelt’s mich, so ekle und fürchte ich mich vor dem Ungeziefer. Aber dieser Drache ...«
    »Ja?«
    »Er ... er ist schön, Geralt.«
    »Dank dir, Rittersporn.«
    »Wofür?«
    Geralt wandte den Kopf ab, griff langsam nach der Schnalle des Riemens und machte ihn zwei Löcher enger. Er hob die rechte Hand, um zu prüfen, ob sich der Schwertgriff an der richtigen Stelle befand. Rittersporn schaute mit aufgerissenen Augen zu.
    »Geralt! Du willst ...«
    »Ja«, sagte der Hexer ruhig. »Es gibt eine Grenze des Möglichen. Ich hab das alles satt. Gehst du mit Niedamir oder bleibst du hier, Rittersporn?«
    Der Troubadour bückte sich, schob die Laute behutsam unter einen Felsvorsprung, richtete sich auf.
    »Ich bleibe. Wie hast du gesagt? Die Grenze des Möglichen? Den Titel lege ich mir für die Ballade zurück.«
    »Das wird vielleicht deine letzte Ballade, Rittersporn.«
    »Geralt?«
    »Hm?«
    »Ohne zu töten ... Geht das?«
    »Ein Schwert ist ein Schwert, Rittersporn. Wenn man erst einmal danach greift ...«
    »Versuch es.«
    »Ich versuch’s.«
    Dorregaray räusperte sich, wandte sich zu Yennefer und den Haudegen um, zeigte auf das sich entfernende Gefolge des Königs.
    »Dort«, sagte er, »zieht der König Niedamir ab. Er erteilt keine königlichen Befehle mehr durch den Mund Gyllenstierns. Er geht und beweist damit Vernunft. Gut, dass du da bist, Rittersporn. Ich schlage vor, du fängst an, die Ballade zu dichten.«
    »Worüber?«
    »Darüber« – der Zauberer zog seinen Stab aus dem Wams –, »wie Meister Dorregaray, der Schwarzkünstler, eine Bande von Schurken nach Hause gejagt hat, die auf Schurkenart den letzten goldenen Drachen umbringen wollten, den es noch auf der Welt gibt. Keine Bewegung, Boholt! Yarpen, Hände weg von der Axt! Wag dich ja nicht zu zucken, Yennefer! Los, Schurken, hübsch brav dem König nach. Auf die Pferde, auf die Wagen. Ich warne euch, wer eine falsche Bewegung macht, von dem bleibt ein nasser Fleck im Sand. Ich scherze nicht.«
    »Dorregaray!«, zischte Yennefer.
    »Herr Zauberer«, sagte Boholt versöhnlich. »Gehört sich das denn ...«
    »Schweig, Boholt. Ich habe gesagt, ihr werdet diesen Drachen nicht anrühren. Man tötet keine Legende. Kehrt marsch und ab mit euch.«
    Yennefers Hand schoss plötzlich vor, und der Boden rings um Dorregaray explodierte in blauem Feuer, begann mit einem Gemengsel von ausgerissenen Gräsern und Erde zu brodeln. Der Zauberer strauchelte inmitten der Flammen. Neuntöter sprang herbei und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Dorregaray fiel, aus seinem Stab schoss ein roter Blitz und erlosch zwischen den Felsbrocken, ohne Schaden anzurichten. Der Häcksler, der von der anderen Seite herbeigesprungen war, trat nach dem liegenden Zauberer, holte aus, um es abermals zu tun. Geralt warf sich dazwischen, stieß den Häcksler zurück, zog das Schwert, hieb mit der flachen Klinge zu, zielte auf die Stelle zwischen Brust- und Rückenpanzer. Ihn hinderte Boholt, der den Hieb mit der breiten Klinge des Zweihänders parierte. Rittersporn stellte Neuntöter ein Bein, doch vergebens – Neuntöter krallte sich im bunten Wams des Barden fest und setzte ihm die Faust zwischen die Augen. Yarpen Zigrin, der von hinten herangelaufen kam, hieb Rittersporn die Beine weg, indem er ihm mit dem Schaft der Axt in die Kniekehlen schlug.
    Geralt wirbelte in einer Pirouette herum, um Boholts Schwert auszuweichen, schlug kurz nach dem herbeispringenden Häcksler und riss ihm den eisernen Handschuh ab. Der Häcksler sprang beiseite, stolperte, fiel. Boholt stöhnte, ließ das Schwert wie eine Sense sausen, Geralt sprang über die singende Schneide hinweg, rammte Boholt den Schwertknauf gegen den Brustpanzer, stieß ihn weg, schlug zu und zielte dabei auf die Wange. Boholt sah, dass er mit dem schweren Schwert nicht parieren konnte, warf sich zurück und fiel zu Boden. Der Hexer sprang auf ihn zu und fühlte in diesem Augenblick, wie die Erde unter seinen starr werdenden Beinen wegrutschte.

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