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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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blitzschnellen Witz; denn was den Inhalt der Phiole betrifft, hast du es nicht getroffen.«
    »Aber manchmal benutzt du solches Blut, nicht wahr? Mit manchen Beschwörungen, habe ich gehört, sollte man ohne das Blut einer Jungfrau lieber gar nicht erst anfangen, am besten von einer, die bei Vollmond von einem Blitz aus heiterm Himmel erschlagen wurde. Was, frage ich mich, ist an diesem Blut besser als am Blut einer alten Nutte, die im Suff von der Palisade gefallen ist?«
    »Nichts«, stimmte der Zauberer mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen zu. »Doch wenn sich erwiese, dass denselben Zweck im Grunde auch Schweineblut erfüllt, das viel leichter zu bekommen ist, dann würde das Gesindel anfangen, mit Zauberei zu experimentieren. Aber wenn das Gesindel das Jungfernblut beschaffen und benutzen muss, das dich so fasziniert, Drachentränen, das Gift weißer Taranteln, einen Sud aus abgehackten Säuglingshänden oder aus einem um Mitternacht ausgegrabenen Leichnam, überlegt es sich so mancher anders.«
    Sie schwiegen beide. Istredd, der den Eindruck machte, als sei er tief in Gedanken versunken, klopfte mit den Fingernägeln auf einen vor ihm liegenden geborstenen, braun gewordenen Schädel, dem der Unterkiefer fehlte, fuhr mit dem Zeigefinger über den gezackten Rand der Öffnung, die im Schläfenbein klaffte. Geralt betrachtete ihn unaufdringlich. Er fragte sich, wie alt der Zauberer sein mochte. Er wusste, dass die fähigsten den Alterungsprozess auf Dauer und in jedem beliebigen Alter aufhalten konnten. Männer bevorzugten dem Ruf und dem Prestige zuliebe das Alter fortgeschrittener Reife, das Wissen und Erfahrung suggerierte. Frauen – wie Yennefer – kümmerten sich weniger ums Prestige und mehr um Attraktivität. Istredd sah nicht älter aus als wohlverdiente, kräftige vierzig. Er hatte leicht angegrautes, glattes, schulterlanges Haar und zahlreiche kleine Fältchen auf der Stirn, in den Augen- und Mundwinkeln, die ihn gewichtiger erscheinen ließen. Geralt wusste nicht, ob Tiefe und Weisheit der milden grauen Augen natürlich oder mit Zauberei erzeugt waren. Nach einer Weile kam er zu dem Schluss, dass es egal sei.
    »Istredd«, brach er ungeschickt das Schweigen. »Ich bin gekommen, weil ich Yennefer treffen wollte. Obwohl ich sie nicht angetroffen habe, hast du mich hereingebeten. Zu einem Gespräch. Worüber? Über das Gesindel, das euer Monopol auf Magie zu brechen versucht? Ich weiß, dass du zu diesem Gesindel auch mich zählst. Das ist mir nicht neu. Vor einem Augenblick hatte ich noch den Eindruck, du würdest dich von deinen Konfratres unterscheiden, die oft ernste Gespräche mit mir anfangen, nur um mir zu sagen, dass sie mich nicht leiden können.«
    »Ich denke nicht daran, mich für meine, wie du sagst, Konfratres zu entschuldigen«, entgegnete der Zauberer ruhig. »Ich verstehe sie, denn so wie sie musste ich, um zu solch einer Beherrschung der Schwarzen Kunst zu gelangen, hart arbeiten. Als ganz grüner Junge, als meine Altersgefährten mit Pfeil und Bogen über die Wiesen liefen, Fische fingen oder gerade oder ungerade spielten, hockte ich über Manuskripten. Von dem Steinboden im Turm zog es mir in den Knochen und riss in den Gelenken, natürlich im Sommer, denn im Winter klapperten mir die Zähne. Der Staub von den alten Folianten und Büchern brachte mich zum Husten, bis mir die Augen aus dem Kopf fielen, und mein Meister, der alte Roedskilde, ließ nie eine Gelegenheit aus, um mir mit der Peitsche eins über den Rücken zu ziehen, denn er war anscheinend der Ansicht, dass ich sonst keine befriedigenden Fortschritte in der Wissenschaft machen würde. Ich hatte weder Raufereien noch Mädchen noch Bier in meinen besten Jahren, wo alle diese Vergnügungen am meisten Spaß machen.«
    »Du Ärmster.« Geralt verzog das Gesicht. »Wirklich, mir kommen die Tränen.«
    »Was soll die Ironie? Ich versuche dir die Gründe zu erklären, warum die Zauberer nicht gut auf Dorfquacksalber zu sprechen sind, auf Beschwörer, Heiler, Kräuterweiber und Hexer. Nenn es, wie du willst, sogar gewöhnlichen Neid, aber eben da liegt der Grund für die Antipathie. Es ärgert uns, wenn wir die Magie, die als eine elitäre Kunst zu betrachten man uns gelehrt hat, als Privileg der Besten und als heiliges Mysterium, in den Händen von Laien und Autodidakten sehen. Sogar, wenn das eine altväterliche, öde und lachhafte Magie ist. Darum können meine Konfratres dich nicht leiden, Geralt. Und übrigens, ich

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