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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Zikade, der sich um sich drehte, einen Fuß im Morast, den anderen hoch in der Luft, spuckte einen Schwall Blut und klatschte flach in eine Pfütze. Der Hexer, der hinter sich das Schurren einer Klinge in der Scheide hörte, blieb stehen und drehte sich mit fließender Bewegung um, die Hand am Schwertgriff.
    »Na«, sagte er mit vor Zorn bebender Stimme. »Na, bitte.«
    Derjenige, der die Waffe gezogen hatte, schaute ihm in die Augen. Einen Moment lang. Dann wandte er den Blick ab. Die anderen begannen zurückzuweichen. Langsam, dann immer schneller. Als er das hörte, zog sich auch der Mann mit dem Schwert zurück, wobei er lautlos die Lippen bewegte. Der am weitesten weg war, drehte sich um und begann zu rennen, dass der Morast spritzte. Die anderen erstarrten am Fleck, versuchten nicht, sich zu nähern.
    Zikade drehte sich im Morast um, kam hoch, auf die Ellenbogen gestützt, begann zu faseln, hustete, spuckte etwas Weißes zusammen mit viel Rot aus. Geralt trat ihm im Vorbeigehen aus Widerwillen in die Wange, dass das Jochbein splitterte und Zikade wieder in die Pfütze fiel.
    Er ging weiter, ohne zurückzublicken.
    Istredd war schon am Brunnen, er stand da, auf den Rand gestützt, auf das hölzerne, vom Moos grüne Gestell der Haspel. Am Gürtel hatte er ein Schwert. Ein schönes, leichtes terganisches Schwert mit halbgeschlossener Parierstange, mit dem angerundeten Ende der Scheide auf dem glänzenden Absatz eines Reiterstiefels gestützt. Auf der Schulter des Zauberers saß ein wachsamer schwarzer Vogel.
    Ein Turmfalke.
    »Da bist du, Hexer.« Istredd hielt dem Turmfalken die behandschuhte Hand hin, setzte den Vogel behutsam und vorsichtig auf das kleine Dach über dem Brunnen.
    »Da bin ich, Istredd.«
    »Ich habe nicht damit gerechnet, dass du kommst. Ich dachte, du seist abgereist.«
    »Ich bin nicht abgereist.«
    Der Zauberer lachte frei und laut, den Kopf zurückgeworfen.
    »Sie wollte ... wollte uns beide retten«, sagte er. »Beide. Daraus wird nichts, Geralt. Kreuzen wir die Klingen. Es darf nur einer übrigbleiben.«
    »Du hast vor, mit dem Schwert zu kämpfen?«
    »Das wundert dich? Du hast doch auch vor, mit dem Schwert zu kämpfen. Los, stell dich.«
    »Warum, Istredd? Warum mit dem Schwert und nicht mit Magie?«
    Der Zauberer erbleichte, sein Mund zuckte nervös.
    »Stell dich, sag ich!«, schrie er. »Jetzt ist nicht die Zeit für Fragen, die Zeit für Fragen ist vorbei! Jetzt ist die Zeit für Taten!«
    »Ich will es wissen«, sagte Geralt langsam. »Ich will wissen, warum das Schwert. Ich will wissen, woher und warum dieser schwarze Turmfalke zu dir kommt. Ich habe ein Recht, das zu wissen. Ich habe ein Recht auf die Wahrheit, Istredd.«
    »Auf die Wahrheit?«, wiederholte der Zauberer bitter. »Ja doch, vielleicht hast du das. Ja, vielleicht hast du es. Der Turmfalke, fragst du? Er kam im Morgengrauen geflogen, nass vom Regen. Er hat einen Brief gebracht. Einen ganz kurzen, ich weiß ihn auswendig. ›Leb wohl, Val. Es gibt Gaben, die man nicht annehmen darf, und in mir ist nichts, womit ich sie dir vergelten könnte. Und das ist die Wahrheit, Val. Die Wahrheit ist ein Eissplitter.‹ Nun, Geralt? Habe ich dich zufriedengestellt? Hast du von deinem Recht Gebrauch gemacht?«
    Der Hexer nickte langsam.
    »Gut«, sagte Istredd. »Jetzt werde ich von meinem Recht Gebrauch machen. Denn ich nehme diesen Brief nicht zur Kenntnis. Ich kann ohne sie nicht ... Dann schon lieber ... Stell dich, zum Teufel!«
    Er krümmte sich und zog das Schwert mit einer raschen, gewandten Bewegung, die lange Übung erkennen ließ. Der Turmfalke schrie.
    Der Hexer stand reglos da, die Hände an den Seiten gesenkt.
    »Worauf wartest du?«, zischte der Zauberer.
    Geralt hob langsam den Kopf, musterte ihn einen Augenblick lang, dann machte er auf dem Absatz kehrt.
    »Nein, Istredd«, sagte er leise. »Leb wohl.«
    »Was hat das zu bedeuten, verdammt?«
    Geralt blieb stehen.
    »Istredd«, sagte er über die Schulter hinweg. »Zieh da nicht andere hinein. Wenn es sein muss, erhäng dich im Stall an den Zügeln.«
    »Geralt!«, schrie der Zauberer, und seine Stimme kippte plötzlich über, schnitt mit einem falschen, bösen Ton ins Ohr. »Ich verzichte nicht! Sie wird mir nicht entgehen! Ich reite ihr nach Vengerberg nach, ich reite ihr ans Ende der Welt nach, ich werde sie finden! Ich werde niemals auf sie verzichten! Dass du es weißt!«
    »Leb wohl, Istredd.«
    Er ging in die Gasse, ohne sich noch einmal umzuwenden. Er

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