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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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ist ein schwieriger Dialekt, ich muss mich konzentrieren!«
    »Ich hab genug!«, schrie Sh’eenaz melodisch. »Ich hab Hunger! Also, Weißhaariger, er soll sich entscheiden, er soll sich auf der Stelle entscheiden. Eins sag ihm: Ich werde mich nicht mehr zum Gespött machen und mich mit ihm abgeben, wenn er wie ein vierarmiger Seestern aussieht. Sag ihm, was die Spielereien betrifft, die er mir auf den Felsen vorschlägt, da hab ich Freundinnen, die das viel besser machen! Aber ich halt das für einen unreifen Spaß, gut für Kinder, ehe sie die Schuppen wechseln. Ich bin eine normale, gesunde Sirene ...«
    »Sh’eenaz ...«
    »Unterbrich mich nicht! Ich bin noch nicht fertig! Ich bin normal, gesund und reif zum Laichen, und wenn er mich wirklich will, dann muss er einen Schwanz haben, eine Flosse und überhaupt alles wie ein normaler Triton. Sonst will ich nichts von ihm wissen!«
    Geralt übersetzte schnell und versuchte, nicht allzu vulgär zu sein. Es gelang ihm nicht recht. Der Fürst lief rot an, fluchte gemein.
    »So ein schamloses Weibsstück!«, brüllte er. »Eine kalte Makrele! Soll sie sich doch einen Dorsch suchen!«
    »Was hat er gesagt?«, erkundigte sich Sh’eenaz und schwamm näher heran.
    »Dass er keinen Schwanz haben will!«
    »Dann sag ihm ... Sag ihm, er soll vertrocknen!«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie hat gesagt«, übersetzte der Hexer, »du sollst dich ersäufen.«

II
    »Ach, schade«, sagte Rittersporn, »dass ich nicht bei euch mitfahren konnte, aber was soll ich machen, auf See kotze ich derart, dass es jeder Beschreibung spottet. Aber weißt du, ich hab mein Lebtag mit keiner Sirene geredet. Schade, verdammich!«
    »Wie ich dich kenne«, bemerkte Geralt, während er die Satteltaschen festband, »schreibst du die Ballade auch so.«
    »Klar doch. Ich hab schon die ersten Wendungen. In meiner Ballade opfert sich die Sirene für den Fürsten auf, tauscht den Fischschwanz gegen ein paar schöne Beine, doch sie bezahlt es mit dem Verlust der Stimme. Der Fürst betrügt sie, verlässt sie, und da stirbt sie vor Trauer, verwandelt sich in Meeresschaum, wenn die ersten Sonnenstrahlen ...«
    »Wer glaubt denn solchen Unsinn?«
    »Spielt keine Rolle«, antwortete Rittersporn von oben herab. »Balladen werden nicht geschrieben, damit man an sie glaubt. Sie werden geschrieben, damit man von ihnen gerührt ist. Aber was red ich mit dir, du hast davon keinen blassen Schimmer. Sag lieber, wie viel hat dir Agloval bezahlt?«
    »Nichts hat er mir bezahlt. Er hat behauptet, ich hätte mich der Aufgabe nicht gewachsen gezeigt. Dass er etwas anderes erwartet habe und für die Wirkung bezahle, nicht für den guten Willen.«
    Rittersporn nickte, nahm das Hütchen ab und schaute den Hexer mit einer betrübten Grimasse an.
    »Heißt das, dass wir immer noch kein Geld haben?«
    »Sieht so aus.«
    Rittersporn machte eine noch bekümmertere Miene.
    »Es ist alles meine Schuld«, seufzte er. »Das ist alles meinetwegen. Geralt, bist du mir böse?«
    Nein, der Hexer war Rittersporn nicht böse. Durchaus nicht.
    An dem, was ihnen zugestoßen war, war Rittersporn schuld, daran bestand kein Zweifel. Kein anderer als Rittersporn hatte darauf gedrängt, sie sollten zu den Festtagen nach Viereiben fahren. Die Veranstaltung von Festtagen, hatte der Dichter ausgeführt, befriedige tiefe und natürliche Bedürfnisse der Menschen. Von Zeit zu Zeit, hatte er behauptet, müsse der Mensch sich mit anderen Menschen an einem Ort treffen, wo man lachen und singen kann, sich mit Schaschlyk und Pasteten vollschlagen, Bier trinken, Musik hören und beim Tanz die verschwitzten Rundungen der Mädchen drücken. Wenn jeder diese Bedürfnisse im Einzelnen befriedigen wollte, hatte Rittersporn dargelegt, spontan und unorganisiert, würde ein unbeschreibliches Durcheinander losbrechen. Deshalb seien Feste und Feiertage erfunden worden. Und da es Feste und Feiertage gebe, müsse man auch hingehen.
    Geralt hatte sich nicht gesperrt, obwohl auf der Liste seiner eigenen tiefen und natürlichen Bedürfnisse die Teilnahme an Festtagen ziemlich weit unten stand. Er hatte sich aber bereit erklärt, Rittersporn Gesellschaft zu leisten, und dabei darauf gerechnet, in einer Ansammlung von Menschen Informationen über eine mögliche Aufgabe oder Anstellung zu bekommen – seit langem hatte ihm niemand einen Auftrag gegeben, und sein Vorrat an Bargeld war bedenklich geschrumpft.
    Der Hexer war Rittersporn nicht böse, dass er sich mit den

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