Das Schwert der Vorsehung
rumgesprochen hat, dass Ihr nach Bremervoord gekommen seid, hat sie angefangen, mich zu löchern ... Eben ein Weib. Hör zu, sagt sie, Teleri, wir zeigen allen, dass wir uns nicht lumpen lassen wie die andern, dass wir für Kultur und Kunst einstehen. Wenn wir ’ne Feier machen, dann mit Gefühl, nicht bloß zum Saufen und Vollfressen. Sag ich ihr, dem dummen Weib, wir haben doch schon ’nen Barden angestellt, genügt der nicht? Sie drauf: Einer ist zu wenig, aber der Meister Rittersporn, oho, der erst, der ist berühmt, das wird die Nachbarn wurmen. Meister? Erweist uns die Ehre ... Fünfundzwanzig Taler geb ich, als Symbol, versteht sich ... Nur, um die Kunst zu unterstützen ...«
»Höre ich recht?«, fragte Rittersporn gedehnt. »Ich, ich soll der zweite Barde sein? Eine Zugabe zu irgendeinem anderen Musikanten? Ich? So tief bin ich noch nicht gesunken, werter Herr, um für jemanden die Begleitung zu machen!«
Drouhard wurde rot.
»Verzeiht, Meister«, stotterte er. »So hab ich’s nicht gemeint ... Nur die Frau ... Verzeiht ... Erweist uns die Ehre ...«
»Rittersporn«, zischte Geralt leise. »Sei nicht hochnäsig. Wir brauchen die paar Groschen.«
»Lehr du mich nicht!«, plusterte sich der Dichter auf. »Ich bin hochnäsig? Ich? Sieh einer an! Und was soll ich von dir sagen, der jeden zweiten Tag ein einträgliches Angebot ausschlägt? Die Hirikka tötest du nicht, weil die am Aussterben sind, den Streitling nicht, weil er unschädlich ist, die Nächtin nicht, weil sie nett ist, den Drachen nicht, weil’s der Kodex verbietet. Ich, stell dir vor, hab auch meine Selbstachtung! Ich hab auch meinen Kodex!«
»Rittersporn, ich bitte dich, tu’s mir zuliebe. Ein kleines Opfer, Junge, mehr nicht. Ich verspreche, dass auch ich mich bei der nächsten Aufgabe, die ich bekomme, nicht zieren werde. Na, Rittersporn ...«
Der Troubadour schaute zu Boden, kratzte sich das von hellen, weichen Bartstoppeln bedeckte Kinn. Drouhard rückte näher, das Maul aufgesperrt.
»Meister ... Erweist uns diese Ehre. Die Frau vergibt mir nicht, wenn ich Euch nicht überrede ... Also ... Sagen wir dreißig.«
»Fünfunddreißig«, sagte Rittersporn fest. Geralt lächelte und zog hoffnungsvoll den von der Gastwirtschaft herüberziehenden Duft des Essens ein.
»Einverstanden, Meister, einverstanden«, sagte Teleri Drouhard schnell, so schnell, dass offensichtlich war, er hätte notfalls auch vierzig gegeben. »Nun aber ... Mein Haus, wenn es Euch beliebt, Euch frisch zu machen und auszuruhen, steht Euch zur Verfügung. Und Ihr, Herr ... Wie ist Euer Name?«
»Geralt von Riva.«
»Ihr, Herr, versteht sich, seid auch eingeladen. Etwas essen, trinken ...«
»Gewiss doch, mit Vergnügen«, sagte Rittersporn. »Zeigt uns den Weg, lieber Herr Drouhard. Aber unter uns, dieser andere Barde, wer ist das?«
»Das edle Fräulein Essi Daven.«
III
Geralt wischte noch einmal mit dem Ärmel über die silbernen Nieten des Wamses und die Gürtelschnalle, fuhr mit den Fingern durch das von einem sauberen Band zurückgehaltene Haar und putzte die Stiefel, indem er einen am anderen rieb.
»Rittersporn?«
»Hm?« Der Barde glättete die am Hütchen befestigte Reiherfeder, rückte sein Wams zurecht und zog es straff. Beide hatten einen halben Tag darangesetzt, ihre Kleidung zu reinigen und sie halbwegs in Ordnung zu bringen. »Was ist, Geralt?«
»Versuch dich so zu verhalten, dass wir nach dem Abendessen rausgeschmissen werden, und nicht vorher.«
»Du machst wohl Witze«, erwiderte der Dichter von oben herab. »Pass selber auf deine Manieren auf. Gehen wir?«
»Gehen wir. Hörst du? Da singt jemand. Eine Frau.«
»Hast du das erst jetzt gehört? Das ist Essi Daven, genannt Äuglein. Was, hast du noch nie eine Frau als Troubadour getroffen? Ach ja, ich hab vergessen, dass du die Orte meidest, wo die Kunst blüht. Äuglein ist eine begabte Dichterin und Sängerin, freilich nicht ohne Fehler, wovon, wie ich höre, Dreistigkeit nicht der geringste ist. Was sie gerade singt, ist eine Ballade von mir. Dafür kriegt sie gleich ein paar Takte zu hören, derart, dass ihr das Äuglein zu tränen anfängt.«
»Rittersporn, erbarm dich. Sie werden uns rauswerfen.«
»Misch dich nicht ein. Das sind berufliche Angelegenheiten. Lass uns hineingehen.«
»Rittersporn?«
»Hm?«
»Wieso Äuglein?« »Du wirst sehen.«
Die Feier fand in einem großen Lagerhaus statt, aus dem man die Herings- und Tranfässer entfernt hatte. Der Geruch war –
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