Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Gesicht. »Ihr solltet Richard heiraten. Ihr zwei würdet das perfekte Paar abgeben. Ihr seid beide völlig verrückt.«
Sie konnte ihn nur verdutzt anstarren, schließlich aber fand sie ihre Stimme wieder. »Ishaq, bitte, wir haben nicht viel Zeit. Wir wollen nicht, dass diese Kerle mit leeren Händen zurückkehren.«
»Sehr wohl, Euer Hoheit«, lästerte er, »erlaubt, dass ich Euch Euer königliches Ross holen gehe.«
»Ich habe Ishaq noch nie sich so aufführen sehen«, sagte sie dann, an Victor gewandt, während sie zusah, wie er etwas steifbeinig unter leisem Fluchen auf das Tor zusteuerte.
»Er hält Euch halt für verrückt. Ich übrigens auch.« Victor stemmte seine Fäuste in die Hüften. »Ist irgendetwas schief gelaufen mit dieser List im Stallgebäude mit dem Spion, oder hattet Ihr es etwa von Anfang an so geplant?«
Nicci, nicht bei Laune, mit ihm darüber zu diskutieren, revanchierte sich mit einem nicht minder stechenden Blick. »Mein Plan«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »ist es, dies so schnell wie möglich hinter mich zu bringen und zu verhindern, dass die Bevölkerung Altur’Rangs abgeschlachtet wird.«
»Aber was hat das damit zu tun, dass Ihr Euch Bruder Kronos als Zeichen der Unterwerfung ausliefern wollt?«
»Wenn wir zulassen, dass sie im Morgengrauen angreifen, haben sie den Vorteil auf ihrer Seite. Wir müssen sie dazu bewegen, noch heute Abend anzugreifen.«
»Heute!« Victors Blick ging nach Westen, zur tief stehenden Sonne. »Aber es wird bald dunkel.«
»Eben.« Sie beugte sich in den hinteren Teil des Wagens, um ein Stück Tau hervorzuholen.
Den Blick starr auf das ferne Stadtzentrum gerichtet, dachte er darüber nach. »Na ja, wenn man alles bedenkt, wäre es wohl klüger, ihnen nicht bei Tag und zu ihren Bedingungen entgegenzutreten. Wenn wir sie also irgendwie dazu bewegen können, noch heute anzugreifen, dürfte ihnen bald das Tageslicht ausgehen, was wiederum für uns von Vorteil wäre.«
»Ich werde sie zu euch bringen«, sagte sie. »Seht ihr nur zu, dass ihr bereit seid.«
Die Falten auf Victors Stirn furchten sich noch tiefer ein. »Ich hab wirklich keine Ahnung, wie Ihr es schaffen wollt, sie dazu zu bringen, noch heute anzugreifen, aber wenn es so weit ist, werden wir bereit sein.«
In diesem Moment kam Ishaq aus dem Lagerhaus wieder zum Vorschein, neben sich einen weißen, mit schwarzen Flecken gesprenkelten Hengst. Mähne, Schwanz und die Beine unterhalb der Fesselgelenke waren schwarz. Das Tier wirkte nicht nur elegant, sondern sein Verhalten ließ eine gewisse Zähigkeit erkennen, so als verfüge es über eine unerschöpfliche Ausdauer. Gleichwohl entsprach es nicht ganz ihren Erwartungen.
»Er scheint mir nicht eben groß zu sein«, sagte sie, an Ishaq gewandt.
Der rieb dem Tier liebevoll über das weiße Gesicht. »Von groß war nicht die Rede. Ihr habt gesagt, Ihr wollt ein Pferd, das sich weder leicht erschüttern lässt noch schnell scheut und das einen furchtlosen Charakter hat.«
Nicci besah sich das Tier erneut. »Ich war wohl einfach davon ausgegangen, ein solches Pferd müsse groß sein.«
»Die Frau ist verrückt«, raunte Ishaq Victor zu.
»Verrückt und schon in Kürze nicht mehr am Leben«, gab der zurück.
Nicci reichte ihm den Strick. »Es wird leichter gehen, wenn ihr auf der Mauer steht, sobald ich aufgestiegen bin.«
Sie streichelte das Pferd unter dem Kinn und anschließend an den seidenweichen Ohren. Das Tier quittierte dies mit einem leisen Wiehern und rieb seine Schnauze an ihr. Nicci hielt seinen Kopf fest und flößte ihm einen feinen Strahl ihres Han ein, gleichsam zur Beruhigung und um sich mit ihm bekannt zu machen. Anschließend strich sie prüfend mit der Hand über seine Schulter und seitlich am Bauch entlang.
Kommentarlos erklomm Victor die Mauer und wartete ab, bis sie sich hochgezogen hatte und im Sattel saß. Nicci ordnete die diversen Schichten ihres Kleides, ehe sie es bis zur Hüfte aufknöpfte, dann zog sie ihre Arme nacheinander aus den Ärmeln, presste die Vorderseite des Kleides gegen ihre Brust und hielt sie dort mit den Ellbogen fest, während sie Victor, die Handgelenke aneinander gelegt, ihre Hände hinhielt.
Victors Gesicht wurde so rot wie das Kleid. »Was in aller Welt tut Ihr da?«
»Diese Männer sind erfahrene Soldaten der Imperialen Ordnung. Ich habe lange in ihrem Feldlager gelebt und war dort weit und breit bekannt – manchen als Sklavenkönigin, anderen unter dem
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