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Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Titel: Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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glatte Felswand nach hinten zu schwenken. Zedd forderte sie auf, rasch einen Schritt zurückzutreten, dann sahen die beiden zu, wie ein Teil der Felswand geräuschlos zur Seite schwebte, ganz ähnlich einer riesigen Tür, was sie genau genommen ja auch war. Trotz ihres ungeheuren Gewichts war sie so perfekt ausbalanciert, dass nach dem Lösen der beiden Fingerriegel bereits ein kräftiger Stoß genügte, um sie in Drehung zu versetzen.
    »Bei den Gütigen Seelen«, hauchte Rikka kaum hörbar, als sie ihren Oberkörper an die Öffnung heranschob und in den dunklen Schlund hineinspähte. »Wie habt Ihr es bloß geschafft, diesen Ort zu finden?«
    »Gefunden habe ich ihn schon als Kind, das heißt, genau genommen hatte ich das andere Ende gefunden. Nachdem ich dann hier herausgekommen war, kannte ich natürlich auch diese Stelle und habe sie mir sorgfältig gemerkt, um sie jederzeit wieder finden zu können. Aber die ersten Male ist es mir nicht gelungen, deshalb musste ich noch ein zweites Mal von der anderen Seite hindurch.«
    »Und was ist es nun?«
    »Damals, als ich noch ein kleiner Junge war, war es meine Rettung. Auf diesem Weg konnte ich mich in die Burg zurückstehlen, ohne über die Brücke gehen und wie alle anderen den Vordereingang nehmen zu müssen.«
    Argwöhnisch zog sie eine Braue hoch. »Ihr müsst ein ziemlich anstrengendes Kind gewesen sein.«
    Ein Lächeln huschte über Zedds Lippen. »Ich muss zugeben, es mag damals den einen oder anderen gegeben haben, der dieser Einschätzung zugestimmt hätte. Immerhin hat mir dieser Gang gute Dienste geleistet. Durch ihn konnte ich mich hineinschleichen, als die Schwestern der Finsternis die Burg übernommen hatten. Sie waren sich sicher, nur den Vordereingang bewachen zu müssen, aber wie alle anderen lebenden Personen wussten sie nichts von der Existenz dieses Ganges.«
    »Das ist es also, was Ihr mir zeigen wolltet, einen geheimen Zugang zur Burg?«
    »Oh, nein, das ist das bei weitem Unwichtigste und am wenigsten Bemerkenswerte an diesem Ort. Kommt mit, dann zeige ich es Euch.«
    Sofort flackerte ihr Argwohn wieder auf. »Also, was hat es denn nun mit dieser Stelle auf sich?«
    Zedd hielt die Glaskugel in die Höhe, beugte sich verschwörerisch zu ihr und sagte leise: »Jenseits dieser Stelle herrscht ewige Finsternis, es ist der Durchgang in das Totenreich.«

35
     
    Das ferne Geheul eines einzelnen Wolfs riss Richard aus seinem todesähnlichen Schlaf. Der einsame Schrei hallte durch das Gebirge, blieb aber unbeantwortet. Richard lag auf der Seite, im unwirklichen Licht der falschen Dämmerung, lauschte träge und wartete auf einen Antwortruf, doch der blieb aus.
    Sosehr er sich auch bemühte, er konnte seine Augen offenbar nicht länger als für die Spanne eines einzelnen trägen Herzschlags offen lassen, geschweige denn die Energie aufbringen, um den Kopf zu heben. Schemenhafte Baumstämme schienen sich durch das trübe Dunkel zu bewegen.
    Plötzlich wurde er mit einem Keuchen vollends aus dem Schlaf gerissen und war hellwach – und zugleich verärgert.
    Er lag auf dem Rücken, das Schwert quer über der Brust. Eine Hand hielt die Scheide gefasst, die andere hatte das Heft so fest umklammert, dass die Buchstaben des Wortes WAHRHEIT auf der einen Seite schmerzhaft in seine Handfläche, auf der anderen in seine Finger schnitten. Die Waffe war halb gezogen, so als hätte sich auch ihr Zorn bereits ein kleines Stück seiner Fesseln entledigt.
    Soeben machten sich die ersten, noch trügerischen Vorboten der Dämmerung auf dem bewaldeten Hang bemerkbar. Der dichte Wald lag still und ruhig.
    Richard schob die Klinge in die Scheide zurück, richtete sich auf und legte das Schwert neben sich auf das Bettzeug. Dann zog er die Beine an, stützte seine Ellbogen auf die Knie und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Sein Puls raste noch immer vom Zorn des Schwertes, der sich heimlich seiner bemächtigt hatte, ohne erkennbare Absicht oder dass er etwas davon mitbekommen hätte, gleichwohl war er weder überrascht noch beunruhigt. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er, eingedenk jenes schicksalhaften Morgens und noch damit beschäftigt, die Fesseln des Schlafes abzustreifen, das Schwert zu ziehen begonnen hatte. Nicht selten wachte er auf und musste feststellen, dass er die Klinge bereits vollständig gezogen in der Hand hielt.
    Aber warum nur verfolgte ihn jedes Mal beim Aufwachen noch immer diese Erinnerung?
    Eigentlich kannte er den Grund nur zu gut.

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