Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
erwartet hatte, dass sie Kahlan kannte. Schließlich kannte sie auch sonst niemanden.
»Oder vielleicht einen Ort, der das Herz der Leere genannt wird?«
»In dem Gebiet dieses Namens sind mir verschiedene Orte bekannt. Einige davon wurden zerstört, andere dagegen existieren bis heute. Wenn du es wünschst, kann ich dorthin reisen.«
Die überraschende Erklärung ließ Richards Herz schneller schlagen. »Gibt es unter diesen Orten im Herzen der Leere auch einen, der als zentrale Stätte gilt?«
»Ja, einer davon. Caska, im Herzen der Leere, ist eine zentrale Stätte. Möchtest du dorthin reisen?«
Er sah zu Cara und Nicci. »Kennt eine von Euch diesen Ort, dieses Caska?«
Nicci schüttelte den Kopf, Cara jedoch runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich meine mich zu erinnern, irgendetwas darüber gehört zu haben, als ich noch klein war. Tut mir Leid, Lord Rahl, aber ich weiß beim besten Willen nicht mehr genau, was es war – nur, dass mir der Name aus irgendwelchen alten Legenden bekannt vorkommt.«
»Was genau meint Ihr mit alten Legenden?«
Cara zuckte mit den Achseln. »Alte d’Haranische Legenden halt … irgendetwas über Menschen, die Träume übertragen, Geschichten eben, die sich die Leute so erzählen. Es hat etwas mit der d’Haranischen Geschichte zu tun. Mir scheint, Caska ist ein Ortsname aus alter Zeit.«
Alte Zeiten, Menschen, die Träume übertragen. Richard erinnerte sich, beim Überfliegen einiger Passagen des Buches mit dem Titel Gegendrauss , das er in dem mit Schilden gesicherten Raum gefunden hatte, etwas über das Übertragen von Träumen gelesen zu haben, hatte die Stelle aber nicht übersetzt. Nun war er zum Herrscher des d’Haranischen Reiches aufgestiegen, und noch immer wusste er nur sehr wenig über dieses rätselhafte Land.
Auch wenn sich Caras Wissen darin zu erschöpfen schien, plötzlich hatte er das Gefühl, dem Wiedersehen mit Kahlan einen Schritt näher gekommen zu sein.
»Wir möchten jetzt reisen«, wandte er sich an die Sliph. »Und zwar nach Caska, im Herzen der Leere.«
Seine letzte Reise in der Sliph lag schon eine ganze Weile zurück, daher war ihm ein wenig mulmig zumute. Die Aufregung jedoch, dass er endlich die ersten Zusammenhänge ahnte, die ihn vielleicht zu den lange so ungreifbar scheinenden Antworten führen würden, ließ ihn alle Bedenken über Bord werfen.
»Reisen wir also nach Caska.« Die Stimme der Sliph hallte durch den steinernen Raum, in dem Kolo einst, nach Beendigung des Großen Krieges, über sie gewacht hatte. Zumindest hatten alle geglaubt, er wäre damals beendet worden, doch die uralten Konflikte waren nicht so leicht zu klären gewesen, und nun waren sie von neuem entbrannt.
Der Arm hob die drei von der Ummauerung und tauchte sie in den silbrigen Schaum. Er spürte, wie Niccis Klammergriff an seiner Hand sich noch verstärkte, als sie, kurz vor dem Eintauchen, japsend noch einmal tief Luft holte.
60
Pfeilschnell sauste Richard durch die sanfte Lautlosigkeit der Sliph und glitt doch gleichzeitig sachte mit der trägen Eleganz eines Raben dahin, der in einer mondhellen Nacht von den zur Ruhe gekommenen Luftströmungen oberhalb der hohen Bäume getragen wird. Es existierten weder Hitze noch Kälte; süße Klänge füllten in der völligen Stille seinen Geist. In einer einzigen geisterhaften Vision erfassten seine Augen Licht und Dunkel, während seine Lungen sich unter der süßen Anwesenheit der Sliph blähten, sobald er sie mit jedem Atemzug in seine Seele sog.
Es war pure Verzückung.
Dann, ganz unvermittelt, war es zu Ende.
Körniges Dunkel erschien schlagartig vor seinem plötzlich wieder funktionierenden Gesichtssinn. Er durchbrach die Oberfläche und war umringt von kantigen, klobigen Schatten. Nicci umklammerte in panischem Schrecken seine Hand.
Atme , forderte die Sliph ihn auf.
Sogleich stieß Richard den süßen Hauch heraus, leerte seine Lungen von dem, was die Verzückung war, und sog mit einem gierigen Keuchen die fremde, exotische Luft in seine Lungen. Auch Cara atmete keuchend die heiße, staubige Luft ein, während Nicci mit dem Gesicht nach unten sachte schaukelnd auf der silbrigen Flüssigkeit trieb.
Richard warf einen Arm über die Steinmauer am Rand der Sliph und zog sie mit sich nach oben. Dann nahm er seinen Bogen vom Rücken, damit er ihn nicht behinderte, lehnte ihn rasch außen gegen die Ummauerung, sprang mithilfe der Sliph wieder auf die Mauerkrone und hievte Niccis erschlafften Körper mit
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