Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
Nacht offenbart worden ist.»
In der Halle wurde es mucksmäuschenstill. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Es dauerte einen Moment, bis die Propheten diese unglaubliche Neuigkeit verdaut hatten.
«Bei Shaíria», murmelte einer.
«Es ist also wahr», flüsterte ein anderer.
«Was bedeuten sie, Eure Hoheit?»
Arlo zögerte mit der Antwort. Einen Moment lang stand er einfach nur da und schwieg. Sein Schweigen schien nichts Gutes zu verheißen.
«Eure Hoheit? Die Worte?»
Arlos Blick war verschleiert, als betrachtete er ein verborgenes Bild. Er klammerte sich an die Tischkante, als würde er von einer unendlich großen Last zu Boden gedrückt.
Eine Prophetin mit wunderschönem langem blonden Haar löste sich aus der Gruppe. Ihr Name war Eldora. «Eure Hoheit, schon unsere Ururgroßväter warteten sehnsüchtig auf den Tag, an dem einem von uns die Ehre zuteilwürde, diese Worte deuten zu können. Dass die Schrift sich Euch geöffnet hat, oh König, kann nur eines bedeuten: Ihr seid es, der die nötige Weisheit und Kraft besitzt, um mit dem Euch anvertrauten Geheimnis richtig umzugehen. Teilt mit uns, was Ihr für wichtig erachtet. Sei es gut, oder sei es böse.»
Der König nickte stirnrunzelnd. Dann atmete er tief ein und nahm eine stramme Haltung an. «Die Worte greifen in eine ferne, aber nicht allzu ferne Zukunft», berichtete er. «Diese Generation wird nicht vergehen, bevor nicht alles geschieht, was hier geschrieben steht. Es ist eine Prophetie, die uns alle betrifft, uns, unsere Kinder, vielleicht sogar die Kinder unserer Kinder. Was ich gesehen habe …» Er machte eine Pause, als wäre er sich noch unschlüssig darüber, wie viel er von der Vision preisgeben sollte. Er wählte seine Worte vorsichtig. «Was ich gesehen habe, ist nicht aufzuhalten. Es wird über uns kommen, wenn wir es am wenigsten erwarten.»
«Was, Eure Hoheit? Was wird über uns kommen?»
Der König beantwortete die Frage nicht. Stattdessen sprach er weiterhin in Rätseln. «Was geschehen wird», so sagte er, «das wird geschehen. Es liegt nicht in unserer Macht, es zu verhindern. Aber es liegt in unserer Macht, uns darauf vorzubereiten. Und aus diesem Grund, meine geschätzten Brüder und Schwestern, habe ich euch hergebeten.»
Er trat hinter dem Tisch hervor und entrollte auf dem bunten Mosaikfußboden eine Landkarte Shaírias. Im Westen der Insel, eingebettet in das zerklüftete Ysah-Gebirge, war die weite Malan-Hochebene ersichtlich. Sie war zu einem großen Teil mit einer schwarzen Linie eingekreist. Arlo nahm eine Rute und fuhr damit die Linie entlang.
«Ich vertraue euch hiermit dieses Bauprojekt an.»
«Was ist das?»
«Eine Mauer», antwortete Arlo.
«Eine Mauer?», wunderten sich die Propheten. «Wir sollen eine Mauer bauen?»
«Ich wünschte, es gäbe einen anderen Weg», sagte Arlo mit einem Hauch von Wehmut. Er tippte mit der Rute auf die schwarze Linie und nahm die Positur eines Feldherrn ein, der seinen Soldaten eine neue Kriegsstrategie erklärt. «Sie soll höher sein als jede Mauer, die je von Menschen gebaut wurde. Sie muss unüberwindbar sein. Niemand soll sie jemals erklimmen, durchbrechen oder untergraben können. Sie soll das gesamte unbewohnte Gebiet der Malan-Hochebene umschließen. Und es soll nur ein einziges Tor im Osten geben, durch das man die Mauer betreten kann.»
Die Propheten waren ziemlich durcheinander. «Aber wozu, Eure Hoheit? Wozu brauchen wir eine Mauer?»
Noch immer ließ Arlo sie im Dunkeln tappen. «Wenn die Zeit reif ist, werdet ihr verstehen.»
Verständnislose Blicke wurden gewechselt. Der König sah die Propheten eindringlich an, während er fortfuhr:
«Gelobt mir beim Wort, niemandem von diesem Bau zu erzählen, nicht einmal euren engsten Vertrauten. Gelobt es mir!»
Der König schaute von einem zum andern. Eine lähmende Stille hatte sich breitgemacht. Tausend Fragen schwebten in der Luft, aber keiner wagte es, sie auszusprechen. Schließlich trat ein alter Prophet mit weißem Bart vor, verneigte sich vor dem König und sagte:
«Eure Hoheit, die Wege des Wortes sind unergründlich. Es verschließt sich vor den einen und offenbart sich vor den andern. Wir wären Narren, würden wir anzweifeln, was Euch das Wort prophezeit hat. Vielleicht seid Ihr gerade deshalb König geworden, um unser Volk vor dieser Bedrohung zu retten, die uns bevorsteht. Was auch immer Ihr zu tun gedenkt, wir geloben, Euch dabei treu zur Seite zu stehen.»
Er trat zurück, und
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