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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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hellwach. Wir standen auf und legten unsere Waffen (mit Ausnahme der verborgenen) vor uns auf den Boden, damit wir sie jederzeit ziehen konnten. Mit verschränkten Armen baute Kathi sich vor mir auf: »Überlass das Reden mir. Du musst nur die Augen offenhalten und richtig gemein wirken.« Das war mir durchaus recht, denn wenn ich darauf verzichtete, meinen Charme spielen zu lassen, konnte ich die Leute besser im Auge behalten.
    Die Frau, vermutlich Ende dreißig, trug ein tief ausgeschnittenes violettes Kleid und hatte das dicke glatte Haar festlich mit Blumen geschmückt. Ihr Gesicht verriet große Willenskraft. »Hallo«, rief sie ohne erkennbare Gefühlsregung, während sie näher kam.
    »Ich grüße euch. Wir müssen ein Päckchen bei einer Frau namens Epona Grau abliefern«, sagte Kathi, als das Paar uns erreicht hatte.
    »Da habt ihr Glück, denn eine Epona Grau lebt tatsächlich in dieser Gegend.« Die ernste Miene der Frau wich einem freundlichen Lächeln. Sie strahlte nichts Böswilliges aus, nur große Autorität und Selbstsicherheit, wirkte aber trotzdem bodenständig und herzensgut.
    Von dem hochgewachsenen Mann – er war mindestens sechseinhalb Fuß groß – hatte ich einen völlig anderen Eindruck. Er trug die Haare militärisch kurz und hatte die Gabe, alles unauffällig zu beobachten. Die bloßen Arme wiesen, genau wie meine, viele feine Narben von Schwerthieben auf. Sofort erkannte ich in ihm den Soldaten. Und er in mir. Er stieß mit dem Fuß gegen mein Schwert. »Ein Zuberbühler Kriegsschwert mit ausgewuchtetem Heft«,
bemerkte er. »Ein großes Messer für einen kleinen Lieferjungen.«
    Da mir keine schlagfertige Antwort einfallen wollte, ließ ich es ihm durchgehen.
    »Hab ihn nur wegen seiner Muskeln angeheuert, ist ein harter Bursche«, warf Kathi ein. »Aber ihr zwei müsst hier nicht beweisen, wer den Größeren hat.«
    »Da hast du recht. So was ist sowieso Unsinn«, sagte die Frau. »Aber leider sind Herrn Carnahan die alten Gewohnheiten schwer auszutreiben.«
    »Nur deshalb können sie zu alten Gewohnheiten werden«, gab Carnahan zurück, schob seinen Stiefel unter mein Schwert und schleuderte es in die Luft. Instinktiv fing ich es auf, ohne den Blick von ihm zu wenden – eine Meisterleistung, die ich später nie wieder hinbekommen habe. Doch zumindest bei diesem einen Mal in meinem Leben, bei dem es mir gelang, zeigte es tatsächlich Wirkung. Vor Verblüffung weiteten sich Carnahans Augen, allerdings nur so leicht, dass es außer mir niemand bemerkte. Ich steckte das Schwert wieder in die Scheide. »Vielen Dank auch«, sagte ich.
    »Kommt schon, ihr zwei«, sagte die Frau nachsichtig.
    »Ja, und vergiss nicht, wer dich bezahlt«, setzte Kathi nach, doch ich las in ihrem Blick, dass sie genau wie ich der Meinung war, man müsse diesen Carnahan im Auge behalten.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Das war wohl nicht sehr nett.« Er bot mir die Hand. Sein Griff war so fest, dass er damit einem Krokodil den Hals hätte umdrehen können, auch wenn er aus Höflichkeit nicht mit ganzer Kraft zudrückte.
    Als Kathi sich räusperte, wandte er sich ihr zu. »Kathi
Dumont«, stellte sie sich vor, während sie sich die Hände schüttelten. »Vom Persönlichen Kurierdienst Dumont.«
    »Ihr habt euch einen guten Tag für euren Besuch ausgesucht«, bemerkte die Frau. »Für uns ist heute ein Festtag, und zum Abschluss werden wir gemeinsam vom heiligen Wein des Jahres trinken. Ich schlage vor, dass wir jetzt alle ins Dorf gehen und uns vorher ein bisschen ausruhen.«
    »Feiert Epona Grau mit?«, fragte Kathi.
    Die Frau musterte sie eingehend. »Sicher feiert sie mit«, erwiderte sie vieldeutig.
    Im Dorf wuselten lauter aufgeregte, fröhliche Menschen herum, die uns beobachteten, aber keine große Sache aus unserer Ankunft machten. Ein kleiner Junge gesellte sich zu mir und bemühte sich, Gleichschritt mit mir zu halten, wobei er meine Gangart nachahmte, wie ich merkte.
    »Verschwinde, Randy«, forderte Carnahan ihn in energischem, aber nicht unfreundlichem Ton auf. Sofort rannte der Junge davon.
    Die Frau führte uns zu einem der größeren Gemeinschaftsgebäude, das vorne mit einer kleinen Veranda ausgestattet war. Auf der geschlossenen Tür entdeckte ich das Symbol eines weißen Pferdekopfes, der genauso aussah wie der erste Wegweiser. Nachdem die Frau die kurze Treppe hochgestiegen war und die Tür geöffnet hatte, machte sie uns höflich Platz und überließ uns den Vortritt. Offensichtlich war

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