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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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sie an Besucher gewöhnt.
    Vor der Tür blieben Kathi und ich kurz stehen, weil Kathi eine Erklärung loswerden wollte. »Ich möchte gleich klarstellen, dass wir nicht vorhaben, an eurer religiösen
Abschlusszeremonie teilzunehmen.« Zugleich warf sie mir über die Schulter einen Blick zu, in dem ich Anspannung und Argwohn erkannte. Leider stand Carnahan unmittelbar hinter mir, sodass ein schneller Rückzug ausgeschlossen war. Uns blieb keine andere Wahl, als mit unseren Begleitern ins Bethaus zu gehen. Doch bei mir läuteten sämtliche Alarmglocken.

SECHZEHN
    D as wunderliche Gebetshaus war gerade so groß, dass sich hier zwanzig Menschen gleichzeitig aufhalten konnten. Ein riesiges Steinmosaik, das einen weißen Pferdekopf im Profil zeigte, nahm die vordere Wand ein. Davor stand ein niedriger Altar. In der Mitte des Raums hing ein offenbar viel benutzter rußgeschwärzter Kessel über einer Feuerstelle, umgeben von im Halbkreis aufgestellten Bänken.
    Die Frau zog sich zurück und schloss die Tür hinter sich, sodass wir vorübergehend allein mit Carnahan waren. Bald darauf tauchte eine andere Frau aus einem Seiteneingang auf, in den Händen ein Bündel frisch geschnittenes Getreide, das ich für Roggen hielt. Nachdem sie es auf den Altar gelegt hatte, wandte sie sich uns zu. Sie hatte langes welliges Haar mit einigen grauen Strähnen und trug mehrere Ketten mit Anhängern, die offenbar Symbole darstellten. »Herzlich willkommen«, begrüßte sie uns. Ein leichter Akzent deutete darauf hin, dass sie aus Ginstrien stammte, das weit im Westen lag.
    »Epona Grau?«, fragte Kathi, die sofort zur Sache kommen wollte.
    Die Frau musterte Kathi gründlich, genauso wie es die
andere oben auf dem Hügel getan hatte. »Und falls ich’s bin, was dann?«
    »Dann händige ich dir eine Sendung aus, du quittierst mir den Empfang, und wir alle ziehen wieder fröhlich unserer Wege.«
    »Was für eine Sendung soll das sein?«
    Kathi stöhnte ungeduldig auf. »Verehrteste, ich bin müde und entnervt und möchte dieses Ding wirklich nur noch loswerden, ja?« Sie zog das Kästchen aus ihrer Tasche. »Das hier soll ich zustellen. Ich hab keine Ahnung, was es enthält, und weiß nicht mal, wer der Absender ist. Man hat mich lediglich dafür bezahlt, es dir auszuhändigen.«
    Die Frau langte nach dem Kästchen, doch kaum hatten ihre Fingerspitzen es berührt, zog Kathi es zurück. »Falls du Epona Grau bist«, setzte sie nach.
    Die Frau lächelte entschuldigend. »Also gut, ich bin nicht Epona Grau, sondern ihre Mitarbeiterin. Ich heiße Nicole Ritter.«
    »Mitarbeiterin?«, wiederholte Kathi verächtlich. Sie deutete auf den Gebetsraum. »Ist diese Epona Grau hier Priesterin oder Ähnliches?«
    »So was Ähnliches, ja. Aber sie ist schwer krank.« Das sagte die Frau so, als hätten diese Worte noch eine andere, tiefere Bedeutung.
    »Ein Grund mehr, ihr das Kästchen möglichst schnell auszuhändigen«, erwiderte Kathi barsch und steckte das Kästchen wieder in die Tasche.
    »Ich könnte den Empfang ja anstelle von Epona quittieren«, schlug Nicole vor. »Sie wäre bestimmt einverstanden damit.«
    Kathi schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Ich muss ihr das Kästchen persönlich geben. Dafür hat man mich bezahlt.«
    »Wir könnten es dir ja auch einfach wegnehmen«, warf Carnahan ein. Es schwang keine Böswilligkeit oder Drohung dabei mit, es war nur eine nüchterne Feststellung, doch dadurch wirkten die Worte nur noch beängstigender.
    Ich wandte mich ihm zu. »Das könnte sich als schwieriger erweisen, als du annimmst«, erwiderte ich in ebenso gleichmütigem Ton.
    »So etwas machen wir hier nicht, Carnahan«, erklärte Nicole mit fester Stimme. »Allerdings wäre es mir wirklich lieber, dich nicht gerade jetzt zu Epona zu bringen, meine Liebe«, sagte sie zu Kathi. »Denn damit würde ich weder ihr noch dir einen Gefallen tun. Aber …«, sie biss sich auf die Lippen, während sie nachdachte. Schließlich trat sie näher an Kathi heran und sah ihr forschend in die Augen. Kathis Körper spannte sich an, doch sie wich nicht zurück. Es war fast so, als hätte Nicole sie mit einem Bann belegt, der sie an Ort und Stelle festnagelte.
    »Kennst du die Göttin, die in dir wohnt?«, fragte Nicole kaum hörbar. »Bist du eine Frau, die an das Übersinnliche glaubt?«
    »Ich weiß nicht …«, erwiderte Kathi wie ein zerknirschtes kleines Mädchen. Dann blinzelte sie, als wollte sie sich von dem Bann befreien. »Jedenfalls bin ich

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