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Das Schwert des Liktors

Das Schwert des Liktors

Titel: Das Schwert des Liktors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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du’s?«
    Baldanders brummte: »Ihr habt es selbst gesehen. Aus der Schublade dieses Tisches.«
    Der Cacogentile nickte, während er mit den Händen die Maske verrückte. »Du siehst also, Severian, sein Anspruch darauf ist nicht schlechter als der deine.«
    »Aber das Juwel gehört mir und nicht ihm.«
    »Es obliegt uns nicht, darüber zu befinden; das müßt ihr unter euch ausmachen, wenn wir weg sind. Aber aus reiner Neugier, die sogar so wunderliche Wesen, für die ihr uns haltet, plagt – Baldanders, wirst du’s behalten?«
    Der Riese schüttelte den Kopf. »Ich will kein solches Denkmal des Aberglaubens in meinem Laboratorium.«
    »Dann sollte es nicht schwer sein, einig zu werden«, erklärte Barbatus. »Severian, möchtest du zusehen, wie unser Fahrzeug abhebt? Baldanders kommt immer mit zum Abschiednehmen, und obschon er nicht von der Sorte ist, die über künstliche oder natürliche Ansichten ins Schwärmen geraten, sollte ich meinen, daß sich das Zuschauen lohnt.« Er wandte sich, seine weiße Robe ordnend, um.
    »Hochwohllöbliche Hierodulen«, sagte ich. »Das möchte ich sehr gern, aber ich will Euch etwas fragen, ehe Ihr geht., Bei meinem Eintreffen sagtet Ihr, es sei Euch die allerhöchste Freude, mich begrüßen zu dürfen, und knietet vor mir nieder. Ist das Euer Ernst gewesen? Habt Ihr mich verwechselt?«
    Baldanders und Dr. Talos waren aufgestanden, als der Cacogentile den Aufbruch ankündigte. Nun waren, obgleich Famulimus blieb, um meine Frage zu hören, die übrigen bereits im Gehen begriffen; Barbatus bestieg die Treppe, dicht gefolgt von Ossipago, der noch die Klaue trug.
    Auch ich kehrte meine Schritte zur Treppe, um nicht von ihr getrennt zu sein, und Famulimus ging mit mir. »Obgleich du unsere Prüfung nun nicht bestanden hast, gilt, was ich dir gesagt habe.« Seine Stimme war wie die Weise eines Vogels, die von einem unerreichbaren Wald die Kluft überbrückt. »Wie oft haben wir uns beraten. Wie oft haben wir einander unseren Willen erfüllt. Du kennst die Wasserfrauen, nehme ich an. Sollen Ossipago, der wackere Barbatus, ich so viel weniger weise sein als sie?«
    Ich tat einen tiefen Atemzug. »Ich weiß nicht, was Ihr meint. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, daß Ihr und die Euren, wenn auch gräßlich, doch gut seid. Was die Undinen nicht sind, sind sie auch so lieblich und riesig, daß ich sie kaum ansehen kann.«
    »Ist die ganze Welt ein Widerstreit zwischen Gut und Bös’? Hast du nie überlegt, daß es mehr sein könnte?«
    Das hatte ich nicht, so daß ich nur große Augen machen konnte.
    »Und hast du die Güte, mein Aussehen zu ertragen? Nichts für ungut, aber darf ich die Maske abnehmen? Daß es eine ist, das wissen wir beide, und es ist heiß darunter. Baldanders ist vorne und wird’s nicht sehen.«
    »Wenn Ihr wollt, Hochwürden«, erwiderte ich. »Aber wollt Ihr mir nicht sagen …«
    Mit einer flinken Handbewegung, als wäre er froh darum, entledigte sich Famulimus der Larve. Das enthüllte Gesicht war gar kein Gesicht, sondern bestand nur aus Augen in einer verwesenden Scheibe. Dann bewegte sich die Hand abermals, und auch diese Fäulnis fiel ab. Darunter kam die wunderliche, stille Schönheit zum Vorschein, die ich in den wandelnden Statuen vom Garten des Hauses Absolut gesehen hatte, die sich aber davon unterschied, wie sich das Gesicht einer lebendigen Frau von ihrer Marmorbüste unterscheidet.
    »Hast du dir nie überlegt, Severian«, sagte sie, »daß, wer eine Maske trägt, eine zweite tragen mag? Ich aber, die ich zwei trug, trage keine drei. Nun steht keine Unwahrheit mehr zwischen uns, das schwöre ich. Berühre mit den Fingern mein Gesicht.«
    Ich zauderte ängstlich, aber sie ergriff meine Hand und führte sie an ihre Wange. Sie fühlte sich kühl, aber sehr lebendig an – ganz im Gegensatz zur trockenen Hitze der Haut des Doktors.
    »All die scheußlichen Masken, in denen du uns siehst, sind weiter nichts als deine Mitbewohner der Urth. Ein Insekt, eine Flunder, ein sterbender Aussätziger. Alles deine Geschwister, auch wenn du vielleicht davor zurückschauderst.«
    Wir hatten schon fast die Turmspitze erreicht, zuweilen über verkohlte Stufen steigend – dem Werk der Feuersbrunst, die Baldanders und seinen Leibarzt vertrieben hatte. Als ich meine Hand zurückzog, setzte Famulimus wieder ihre Maske auf. »Weshalb tut ihr das?« fragte ich.
    »Damit dein Volk uns fürchtet und haßt. Wie lange, Severian, würde das gemeine Volk, täten wir das

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