Das Schwert des Liktors
Schlachten kamen wir hervor, du und ich und der ganze Wolfssenat und sogar der Schlachter und Er-der-lacht und der Schwarze Mörder, und wir streiften durch die Toten und Sterbenden und schmausten nach Wahl.«
»Stimmt«, entgegnete der Wolf. »Prinz Frühlingswind hat viel für uns getan. Aber dieses Junge von Meschia ist nicht er.«
Die Wölfin lächelte nur und erwiderte: »Ich rieche den Rauch des Schlachtfelds im Pelz seines Hauptes und auf seiner Haut.« (Es war der Rauch der Roten Blume.) »Du und ich werden zu Staub geworden sein, wenn die erste Kolonne vom Tor seiner Mauern abmarschiert; aber aus dieser ersten werden tausend weitere hervorgehen als Speise für unsere Kinder und ihre Kinder und die Kinder ihrer Kinder.«
Hierauf nickte der Wolf, wußte er doch, daß die Wölfin klüger war als er, und obgleich er Dinge von jenseits der Gestade der Urth wittern konnte, vermochte sie die Tage des nächsten Jahres bis über die Regenzeit hinaus zu sehen.
»Ich werde ihn Frosch nennen«, sagte die Wölfin. »Denn der Schlachter fischte fürwahr nach Fröschen, wie du sagtest, o mein Gemahl.« Sie dachte, das hätte sie als Kompliment für den Wolf gesagt, der sich ihr so rasch gefügt hatte, aber die Wahrheit war, daß das Blut der Bewohner des Berges jenseits der Urth in den Adern von Frosch floß, und die Namen derer, die von solchem Geblüt sind, lassen sich nicht lange verbergen.
Draußen erschallte ausgelassenes Gelächter. Es war die Stimme von Ihm-der-lacht. »Es ist hier, Herr! Hier, hier, hier! Hier, hier, hier ist die Fährte! Es ging in die Tür hinein!« »Du siehst«, sagte der Wolf, »was man davon hat, wenn man das Böse in den Mund nimmt. Wenn man es nennt, kommt es gerennt, das ist die Regel!« Und er holte sein Schwert herunter und befühlte die Schneide.
Wieder verdunkelte sich die Tür. Es war eine schmale Tür, denn nur Toren und Tempel haben breite Türen, und Wölfe sind keine Toren; Frosch hatte sie fast ausgefüllt. Nun füllte sie der Schlachter ganz aus, indem er die Schultern seitwärts drehte, um hineinzukommen, und sein großes Haupt beugte. Aufgrund der dicken Mauer war die Tür wie ein Gang.
»Was suchst du?« fragte der Wolf und leckte über die flache Klinge.
»Was mein eigen ist, und nur das«, versetzte der Schlachter. Ein Smilodon kämpft mit einem gebogenen Messer in jeder Hand, und er war viel größer als der Wolf, hatte aber keine Lust, an dieser engen Stelle mit ihm handgemein zu werden.
»Es war nie dein«, widersprach ihm die Wölfin. Nachdem sie Frosch auf den Boden gesetzt hatte, trat sie dem Schlachter so nahe, daß er nach ihr hätte schlagen können, hätte er’s nur gewagt. Sie funkelte ihn aus feurigen Augen an. »Es war eine unbillige Jagd auf unbillige Beute. Nun hat er von mir getrunken und ist für immer ein Wolf, heilig dem Mond.«
»Ich habe tote Wölfe gesehen«, sagte der Schlachter.
»Ja, und ihr Fleisch verzehrt, das selbst den Fliegen zuwider war, möcht’ ich wetten. Mag sein, daß du das meine frißt, wenn mich ein umstürzender Baum erschlägt.«
»Du sagst, er sei ein Wolf. Er muß vor den Senat gebracht werden.« Der Schlachter leckte sich die Lippen, aber mit trockener Zunge. Er hätte dem Wolf im Freien vielleicht die Stirn geboten; aber er hatte nicht den Mut, dem Paar gemeinsam die Stirn zu bieten, und wußte, könnte er die Tür einnehmen, würden sie Frosch an sich reißen und sich in die unterirdischen Gänge zwischen den verfallenen Quadermauern zurückziehen, wo er die Wölfin bald im Rücken hätte.
»Und was hast du mit dem Senat der Wölfe gemein?« fragte die Wölfin.
»Vielleicht soviel wie er«, entgegnete der Schlachter und machte sich davon, um eine leichtere Beute zu finden.
DRITTER TEIL
Das Gold des Schwarzen Mörders
Der Senat der Wölfe versammelt sich bei jedem Vollmond. Alle kommen, die können, denn man argwöhnt, wer nicht kommt, plane Verrat, indem er sich zum Beispiel erböte, für ein paar Brocken das Vieh der Söhne von Meschia zu beschützen. Der Wolf, der bei zwei Senatssitzungen fehlt, muß Rechenschaft ablegen, wenn er wiederkommt, und wird von den Wölfinnen zerrissen, erkennt der Senat ihn für schuldig.
Auch Welpen müssen vor den Senat, auf daß jeder Wolf, der dies begehre, sich der Vergewißheit verschaffen könne, daß der Vater ein echter Wolf sei. (Zuweilen erdreistet sich eine boshafte Wölfin, bei einem Hund zu liegen, aber obgleich die Söhne von Hunden oft Wolfsjungen ähneln,
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