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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Niedergeschlagenheit am Morgen, als es sich herumsprach, dass es auch hier kaum etwas gab, um den nagenden Hunger zu stillen.
    Robert und Richard sandten Reiter in alle Richtungen, um aufzutreiben, was sie konnten, aber was man zurückbrachte, war dürftig und völlig unzureichend, um ein Heer von inzwischen dreitausend Mann zu ernähren. Nur die Pferde fanden genug frisches Gras und erholten sich rasch von ihren Anstrengungen.
    Sofort gab es Streit um jeden Bissen. Trotz Verbot schlachteten einige ein paar Maultiere im Wald und schlangen das Fleisch noch blutig hinunter. Als sie erwischt wurden, ließ Onfroi sie auspeitschen. Was sollte aus einer Reiterei werden, wenn wir anfingen, die eigenen Tiere aufzufressen?
    In den nächsten Tagen verfielen aus Verzweiflung die meisten darauf, den noch jungen Weizen zu essen, obwohl es schwierig war, die unreifen Körner aus den Ähren zu pulen. Manche rösteten sie am Feuer, andere zerstampften sie zu einer grauen Masse und kochten diese mit etwas Wasser zu einem Brei. Schmeckte scheußlich, besonders ohne Speck oder Salz, und manch einer bekam Magenkrämpfe oder Durchfall davon. Auch ich würgte mir das Zeug runter, denn es war immer noch besser als Verhungern.
    Die meisten unserer Anführer hatten es nicht besser als ihre Männer. Und warum sollten sie? Waren wir nicht alle gleich vor Dingen wie Unglück, Krankheit oder Tod? Warum sollte der Hunger eine Ausnahme machen? Wenn wir gemeinsam kämpfen und sterben sollten, dann gehörte es sich, alles zu teilen, auch den Hunger.
    Deshalb ärgerte es mich, dass Tristan di Montepeloso meinte, er habe ein Sonderrecht auf besseres Essen. Ich sah ihn auf einem Baumstamm sitzen, neben sich einen Käse und ein ordentliches Stück Speck, von dem er sich ab und zu etwas abschnitt und in den Mund schob. Ich hatte seit Tagen nichts Vernünftiges mehr zu beißen gehabt. Kein Wunder, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief und ich jede seiner Handbewegungen mit vorwurfsvollem Blick verfolgte.
    Er schien es bemerkt zu haben, denn ein spöttisches Grinsen zog sich über sein wettergegerbtes Gesicht.
    »Hast wohl Hunger, Junge«, sagte er und schnitt ein Stück von seinem Speck ab. »Da, nimm!«
    Mit diesen Worten warf er mir den Happen zu, wie wenn man einen Hund füttert. Ich ließ ihn in den Dreck fallen und wandte mich zum Gehen. Was bildete der Kerl sich ein?
    »Ich hab deine Kleine wieder getroffen«, hörte ich ihn sagen, gefolgt von einem gehässigen Lachen. »Kalabrien scheint ihr gutgetan zu haben. Wer hätte das gedacht?«
    »Wahrscheinlich, weil sie da keiner belästigt«, erwiderte ich und ging meines Weges.
    Gleich am Morgen nach Onfrois Ankunft waren unsere Anführer auf frischen Pferden bis in die Nähe des Feindes geritten, um sich ein Bild zu machen. Pierron hatte kein so großes Maul mehr, nachdem er die Menge der feindlichen Zelte gesehen hatte. Die lombardische Reiterei zeigte sich auch diesmal und verfolgte sie eine Weile, bis sie es wieder aufgaben. Wahrscheinlich, weil sie befürchteten, in einen Hinterhalt gelockt zu werden.
    Zurück im Lager, scharten die Barone sich um Onfroi, um zu beraten. Bald wurde es laut unter ihnen, denn sie konnten sich nicht einigen. Einige waren für den Angriff, trotz der Übermacht des Feindes. Darunter auch Pierron, Richard Drengot und sogar Robert. Denn solange die Männer noch nicht allzu sehr vom Hunger geschwächt waren, hielten sie es für besser, eine schnelle Entscheidung zu erzwingen. Andere rieten zur Vorsicht. Hugo Tubœuf war dafür, sich bis auf die Halbinsel Gargano zurückzuziehen, wo man sich besser versorgen könne. Und falls die Päpstlichen uns folgen würden, gelänge es dort eher, ihnen in den Hügeln einen Hinterhalt zu legen. Auch dieser Gedanke hatte Befürworter.
    Onfroi hörte sich ihre Meinungen geduldig an. Als alles gesagt war und sie ihn ansahen, um seine Entscheidung zu hören, blickte er in ihre Gesichter und lächelte.
    »Wir werden nichts von alldem tun«, sagte er schlicht.
    »Was hast du vor?«
    »Ich weiß, ihr wollt es nicht hören, aber Drogo hatte recht mit dem, was er versucht hat, euch einzubleuen. Unsere eigene Dummheit und Habgier haben uns in diese Lage gebracht. Wir haben geraubt und geplündert und sind allen kleinen oder großen Fürsten auf die Zehen getreten. Wir haben Kirchen geschändet in einem Land, wo Kirchen heilig sind. Dies hier ist ein tiefgläubiges Volk. Und der verdammte Papst ist Herr über ihre Seelen. Der hat am Ende mehr

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