Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Macht über sie als ihre zerstrittenen Fürsten. Dagegen kommen wir auf die Dauer nicht an. Geht das endlich in eure Dickschädel rein?«
Erstaunt sahen sie ihn an.
»Nehmen wir an, du hättest recht. Was verlangst du von uns?«, fragte Asclettin.
»Ich will es dir sagen, mein Freund«, erwiderte Onfroi. »Wir werden tun, was niemand erwartet. Wir werden uns dem Papst unterwerfen.«
Die Entscheidung
N ie im Leben hätte ich gedacht, jemals einen Papst zu Gesicht zu bekommen. Hieß es nicht, er sei der lebende Vertreter des gekreuzigten Gottes und Herr über die gesamte Christenheit, fast so etwas wie ein Gott selbst?
Ich stand zwar in der zweiten Reihe hinter Roberts breitem Rücken, dennoch war der oberste Kirchenfürst nur wenige Schritte vor mir entfernt und zum Greifen nahe.
Wie ein am Kreuz Gequälter sah er aber nicht aus, auch eine Dornenkrone trug er nicht. Stattdessen einen seltsam hohen Hut und einen langen versilberten Hirtenstab, der so etwas wie das Zeichen seiner Amtswürde zu sein schien, denn er ließ ihn nicht aus der Hand. Besonders sanft und demütig kam er mir nicht vor in der Ritterrüstung unter seinem weißen Umhang, mit Schwert und Dolch am Gürtel. Darin unterschied er sich wenig von den anderen Fürsten und Hauptleuten, die ihn umgaben. Erst wenn man ihn länger beobachtete, merkte man, dass diese Werkzeuge des Todes ihm eher ungewohnt und beim Gehen und Sitzen hinderlich waren.
Papst Leo war ein Mann von etwa fünfzig Jahren und stammte wie die Schwaben ebenfalls aus dem Land nördlich der Alpen. An diesem Nachmittag saß er auf einem erhöhten Stuhl, den man ihm für die Gelegenheit in größter Eile gezimmert hatte, so roh und unfertig sah er aus. Ein seidener Baldachin schützte sein Haupt vor der grellen Sonne, ein Messdiener wedelte ihm Luft zu, ein anderer versuchte, die lästigen Fliegen fernzuhalten. Er war eher schmächtig gebaut und im Gegensatz zu den meisten Männern glatt rasiert. Aus tiefliegenden Augen blickte er auf die Versammelten herab, um den Mund einen etwas hochmütigen und fast gelangweilten Zug.
Rechts und links von seinem Sitz standen Leibwachen und daneben die prächtig ausgestatteten Kriegsherren des päpstlichen Heeres. Allen voran ein gewisser Rudolf, Hauptmann der alemannischen Schwertkämpfer, ein großer, stämmiger Kerl in schimmernder Rüstung. Neben ihm der Prinz von Benevento, der trotz seiner Vertreibung wohl wieder in päpstlicher Gunst war, und noch andere Fürsten wie der Herzog von Gaeta, die Grafen von Aquino und Teano und der Erzbischof von Amalfi. Auch dieser Kirchenmann in einer Rüstung, die von edler Schmiedekunst zeugte.
Unter diesen erlauchten Herren befanden sich noch weitere Heerführer aus Nordapulien, aus Rom und Latium, Molise und den Abruzzen. Der ganze Mezzogiorno schien hier versammelt zu sein. Und natürlich auch der dreimal verfluchte Pandulf, Fürst von Capua, dessen Banner ich vor Tagen erkannt hatte. Ganz bescheiden gab er sich in dieser Runde, doch seinen listigen Augen entging wenig.
Sie alle blickten teils neugierig, teils mit Hass auf die drei normannischen Anführer, die vor ihnen standen, Onfroi, der gewählte Graf von Apulien, Robert und Pierron di Trani als Vertreter der weniger friedfertigen Barone. Im Vergleich zu den prächtigen Lombarden nahmen wir Normannen uns mit unseren verbeulten Helmen, angerosteten Kettenhemden und abgenutzten Stiefeln eher bescheiden aus, wenn nicht gar schäbig. Wir waren eben für den Krieg gerüstet und nicht für einen höfischen Empfang.
Ich weiß nicht, wie Onfroi es fertiggebracht hatte, die Barone zu überzeugen, diese Unterredung zu führen, besonders Pierron und Asclettin, aber auch sie hatten sich bereit erklärt, seinem Rat zu folgen. Das Treffen stand unter dem Zeichen der weißen Flagge, aber aus Sicherheitsgründen hatten die Päpstlichen für die Dauer Geiseln gestellt.
Onfroi ging nicht so weit, den Ring des Papstes zu küssen, aber er fiel vor ihm auf ein Knie und beugte das Haupt. Robert zögerte erst, folgte dann aber seinem Beispiel. Nur Pierron blieb trotzig stehen, was ihm Murren und böse Blicke von den Lombarden einbrachte.
»Was wollt Ihr?«, fragte der Papst ohne Umschweife, ja in fast unhöflichem Ton.
Er vermied es, Onfroi bei seinem Titel anzusprechen, wahrscheinlich um uns deutlich zu machen, dass wir nichts als gesetzloses Pack waren, ohne Ansprüche auf Land und Titel. Und dies, obwohl der Kaiser selbst noch vor wenigen Jahren Drogos Rang und
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