Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
unreife, zerstampfte Weizenkörner, auf die man gern verzichtete. Die Männer erleichterten sich zwischen den Büschen und rüsteten sich dann schweigend für den Kampf.
Ich führte Alba am nahe gelegenen Bach noch einmal zur Tränke und füllte dabei auch meinen Wasserschlauch. Als die Stute genug hatte, streichelte ich ihr Hals und Nüstern und blickte ihr in die klugen Pferdeaugen. Im Kampfgetümmel würde unser Leben vielleicht mehr von ihrem guten Pferdeverstand abhängen als von meinen Fähigkeiten als Krieger. Und natürlich vom Zauber meines Runenschwerts. Daran wollte ich fest glauben. Die Liebesnacht in Alberadas Kammer hatte ihn gewiss noch verstärkt. In Gedanken an Gerlaine zog ich die Klinge aus der Scheide und küsste die mit meinem Blut geweihten Zeichen, die mich beschützen sollten. Das weiße Seidentuch, das sie mir geschenkt hatte, trug ich wie stets um den Hals und musste es immer wieder berühren.
Nur wenige im Lager hatten überhaupt geschlafen, die meisten waren noch halb betrunken. Wer ein Kettenhemd besaß, zog es über den gefütterte Gambeson, andere schlüpften in ihren Panzer aus gekochtem Rindsleder. Kettenhaube, Helm, Schwertgurt und Kampfhandschuhe wurden mit Handgriffen angelegt, die man jeden Tag und unzählige Male ausgeführt hatte. Doch heute hatten sie eine besondere Bedeutung angenommen. Eine Schwachstelle im Panzer oder ein loser Helmriemen konnten den Tod bedeuten. Ohne viele Worte begutachteten und halfen wir uns gegenseitig.
Dann wurden Sattelgurte enger gezurrt, Zaumzeug und Steigbügelriemen noch einmal überprüft, Schild und Speer bereitgelegt. Zelte und Decken würden uns im Kampf nur behindern, also ließen wir sie zusammengerollt unter der Obhut der Maultiertreiber zurück.
Als ich Fulko sah, zog ich ihn zur Seite.
»Robert will, dass wir Pandulf gefangen nehmen.« Er machte große Augen, unterbrach mich aber nicht. »Wir sollen es während der Schlacht versuchen. Uns hat er auserwählt, weil wir dabei waren, du weißt schon, als sie Drogo ermordet haben. Also stell einen Trupp von zehn guten Männern zusammen. Was mich angeht, so möchte ich Ivain und Thore an meiner Seite haben. Und Bjarni. Die anderen suchst du aus.«
Er nickte und stellte keine weiteren Fragen. Auch nicht, warum ich ihm plötzlich Befehle gab. Außerdem hatte ich ihm nur die halbe Wahrheit gesagt. Den wahren Auftrag musste er nicht wissen.
Kurz darauf kamen Thore und Ivain zu mir.
»Was steht an, Bruder?«
Ich erklärte es ihnen.
»Na, da machen wir doch gerne mit, was Ivain?«, grinste Thore. Der nickte, hüllte sich jedoch wie immer in Schweigen.
Als er ging, um sich um sein Pferd zu kümmern, meinte Thore: »Was ich dich schon lange fragen wollte, Gilbert. Wann kommst du uns mal wieder besuchen?«
Ich war einen Augenblick lang sprachlos.
»Ich weiß nicht«, erwiderte ich verlegen. »Im Moment haben wir doch wohl ganz andere Sorgen.«
»Es ist nur, dass Hermelinda ständig nach dir fragt. Ich glaube, sie kriegt dich nicht aus ihrem Kopf.«
»Es geht nicht, Thore. Und du weißt auch, warum.«
Er blickte zu Boden. »Natürlich. Schade aber. Und ich hoffe für dich, die beiden begegnen sich nicht mal auf dem Marktplatz. Könnte für Unruhe sorgen.«
Ich musste ihn ziemlich entsetzt angestarrt haben. »Tut mir leid, Mann«, beeilte er sich deshalb hinzuzufügen. »Aber du weißt ja, wie die Weiber sind. Ich wollte es dir nur gesagt haben.«
Hornrufe schallten und riefen alle Mannschaften, ihren verabredeten Platz in der Aufstellung einzunehmen.
»Du musst mit ihr reden«, sagte ich hitzig.
»Mach ich, Alter. Sie wird schon darüber wegkommen.«
Seltsam, dachte ich, als wir uns einreihten, wir reden, als wäre es ganz selbstverständlich, dass wir die Schlacht überleben.
Richard Drengot sollte mit seinen Kriegern die rechte Flanke sichern, während Robert das Gleiche auf der linken zugeteilt war. Onfroi selbst führte das Hauptheer an, das aus den Schwadronen der übrigen Barone bestand. Seine eigenen Truppen, etwa dreihundert Berittene, sollten als Verstärkung dienen, wo immer sie gebraucht würden.
Als wir uns in dieser Formation der Ebene vor Civitate näherten, sahen wir, dass der Feind schon ausgerückt war und uns quer über die Felder entgegenmarschierte. In Zahlen waren sie uns weit überlegen, denn auf jeden Normannen kamen mindestens zwei feindliche Krieger. Kein Wunder, dass sie es kaum abwarten konnten, uns zu zermalmen.
Ganz rechts und gegenüber von Drengots
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