Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
er sich setzen konnte.
»Seit wann spielst du Kindermädchen, Girard«, spottete Asclettin.
»Jeder Einzelne von Roberts Leuten steht unter meinem Schutz. Merkt euch das.« Er blickte herausfordernd in die Runde und ließ dabei auch Drogo nicht aus. Der sagte nichts, musterte ihn nur nachdenklich.
Pierron meldete sich zu Wort. »Wenn wir schon von Robert sprechen, wie geht es ihm in deiner Obhut, Drogo?«
»Geht dich nichts an. Das ist allein meine Angelegenheit. Und spar dir deine Häme.«
»Dann reden wir von etwas Angenehmerem.« Pierron grinste zu Girard hinüber, und sein einziges Auge funkelte verwegen im Feuerschein. »Warum hast du deine schöne Tante nicht mitgebracht, Girard?«
Bei den Worten ging ein angeregtes Raunen durch den Saal. Nicht wenige stießen sich belustigt an. Die schöne Alberada war offensichtlich ein beliebter Gesprächsgegenstand.
»Ich bring sie nicht mit, Pierron, weil dir bei ihrem Anblick die Zunge jedes Mal so tief aus dem Hals hängt, dass einem schlecht wird. Das kann man der Armen doch nicht antun.«
Alles lachte und grölte. Pierron stieg vor Unmut die Röte ins Gesicht. »Das mag sein«, sagte er, nachdem der Saal sich wieder beruhigt hatte. »Aber nenn mir den Mann, der keine Augen für ein schönes Weib hat?«
Um seine Worte besonders zu unterstreichen, erhob er sich und verbeugte sich in Gaitelgrimas Richtung, die ihm die Höflichkeit mit einem süßsauren Lächeln vergalt.
»Aber du musst zugeben«, fuhr er an Girard gewandt fort, »es ist an der Zeit, sie mit einem rechten Kerl zu verheiraten, bevor sie dir mit dem Nächstbesten davonläuft.«
»Mach dir keine Hoffnungen, Pierron«, erwiderte Girard trocken, »denn sie ist schon versprochen.«
»Versprochen? Wem?«
»Meinem Vetter, Robert Guiscard.«
Zuerst herrschte überraschte Stille über diese unerwartete Ankündigung. Dann brach ein gewaltiger Sturm der Belustigung los. Alles grölte und lachte durcheinander, als hätte er den Scherz des Jahrhunderts gemacht. Nur Pierron funkelte Girard wütend an. Und dass er nur ein Auge hatte, machte es nicht weniger bedrohlich. Auch Gaitelgrima bedachte Girard mit einem eiskalten Blick.
»Hast du den Verstand verloren?«, rief Pierron, als es wieder ruhiger wurde. »Ein Habenichts, der wegen der Entweihung eines Heiligtums auch noch im Kerker sitzt? Und das zu Recht, wenn du mich fragst. An den willst du Alberada verschwenden?«
»Setz dich wieder hin, Pierron«, donnerte Drogo. »Ich habe bei der Sache schließlich auch noch ein Wörtchen mitzureden.«
Aber das Gerede und Gemunkel wollte nicht aufhören. Viele starrten Girard kopfschüttelnd an. Ein schönes Weib in der Familie war schließlich dazu da, sich eine vorteilhafte Verbindung zu verschaffen. Nicht, um sie an irgendeinen mittellosen Schwärmer zu vergeuden, selbst wenn der Drogos Halbbruder war. Überhaupt, war das nicht eine offene Schmähung von Drogos Autorität, der den Burschen eingekerkert hatte?
Nun sprang Asclettin auf, die Stimmung nutzend.
»Wenn ihm so wenig an Alberada liegt, Pierron«, schrie er, »dann holen wir uns doch die Braut. Bevor er sie an den nächstbesten Mauren verscherbeln kann. Oder sie zu diesem Nichtsnutz in den Turm schickt.«
Das fand begeisterte Zustimmung, auch wenn der Vorschlag nicht wirklich ernst zu nehmen war. Doch Girard war nicht zum Lachen zumute. Er erhob sich, maß Pierron und Asclettin mit einem wilden Blick und wandte sich zum Gehen.
»Wo willst du hin, Girard?«, brüllte Drogo. »Ich habe mit dir zu reden.«
»Du hast sie gehört. Ich muss meinen Besitz verteidigen. Vor diesen tollwütigen Wölfen.«
Dabei spuckte er vor Asclettin auf den Boden und verließ die Halle. Der zog sein Schwert. Und nur mit Gewalt konnte man ihn daran hindern, Girard mit blanker Waffe nachzueilen. Ich nutzte den Aufruhr, mich unbemerkt davonzumachen.
»Ich glaube, das war nicht klug«, sagte ich zu Girard, als ich ihn eingeholt hatte. »Jetzt hast du dich unbeliebt gemacht. Und Drogo wird nicht mehr zustimmen, dass Alberada ihn besucht.«
»Da magst du recht haben. Aber den Kerlen wollte ich es schon lange mal zeigen.«
»Ich wusste nicht, dass es so viel Streit unter den Baronen gibt.«
»Ach, weißt du, das sind alles Glücksritter. Da ist jeder nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Hier setzt sich nur durch, wer eine starke Faust hat.«
»Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde«, sagte ich. »Aber ich glaube, die Contessa Gaitelgrima hat ein Auge auf Robert
Weitere Kostenlose Bücher